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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.

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dieses Merkmal der Täuschung auch wegfallen muß. 2) erkennen wir die Täuschung an der Nichtübereinstimmung mit dem Gesetze und der Ordnung der Natur;*) gesetzt auch, es fiele mir plötzlich, ohne daß ich eine Jdeenassociation mit meinen vorigen Jdeen wahrnähme, der Marienthurm ein, und meine Einbildungskraft mahlte sein Bild in mir so lebhaft als es der wirkliche Thurm in mir gewirkt hat; so würde ich selbst in diesem angenommenen Falle -- denn in der That findet er im Wachen und bei völliger Gesundheit nicht statt -- wohl wissen, daß in mir eine Täuschung vorgehe, weil der Thurm in der Straße darinn ich wohne, gar nicht gesehn werden kann. Jn eben der Art erkennen wir bey dem Erwachen, daß alles, was uns im Traume vorgekommen ist, eine Täuschung war, weil die Erscheinungen, welche wir darinn gehabt haben, mit der Ordnung der Natur nicht bestehen.


*) Aber was ist diese Nichtübereinstimmung mit den Gesetzen der Natur anders als die Unterbrechung der in der besondern Erfahrung gegründeten Associationsreihe? Daß der Marienthurm, der dem V. einfällt, nicht in der Straße ist, wo er wohnt, ist wahrhaftig kein eigentlich so genanntes Naturgesetz. Der V. widerspricht sich hier selbst, und sieht sich gezwungen meiner Anmerkung beizupflichten, daß nehmlich Unterbrechung der in der Erfahrung gegründeten Jdeenreihe weit entfernt ein Merkmal des Wachens abzugeben, vielmehr ein Merkmal des Träumens ist. S. M.


dieses Merkmal der Taͤuschung auch wegfallen muß. 2) erkennen wir die Taͤuschung an der Nichtuͤbereinstimmung mit dem Gesetze und der Ordnung der Natur;*) gesetzt auch, es fiele mir ploͤtzlich, ohne daß ich eine Jdeenassociation mit meinen vorigen Jdeen wahrnaͤhme, der Marienthurm ein, und meine Einbildungskraft mahlte sein Bild in mir so lebhaft als es der wirkliche Thurm in mir gewirkt hat; so wuͤrde ich selbst in diesem angenommenen Falle — denn in der That findet er im Wachen und bei voͤlliger Gesundheit nicht statt — wohl wissen, daß in mir eine Taͤuschung vorgehe, weil der Thurm in der Straße darinn ich wohne, gar nicht gesehn werden kann. Jn eben der Art erkennen wir bey dem Erwachen, daß alles, was uns im Traume vorgekommen ist, eine Taͤuschung war, weil die Erscheinungen, welche wir darinn gehabt haben, mit der Ordnung der Natur nicht bestehen.


*) Aber was ist diese Nichtuͤbereinstimmung mit den Gesetzen der Natur anders als die Unterbrechung der in der besondern Erfahrung gegruͤndeten Associationsreihe? Daß der Marienthurm, der dem V. einfaͤllt, nicht in der Straße ist, wo er wohnt, ist wahrhaftig kein eigentlich so genanntes Naturgesetz. Der V. widerspricht sich hier selbst, und sieht sich gezwungen meiner Anmerkung beizupflichten, daß nehmlich Unterbrechung der in der Erfahrung gegruͤndeten Jdeenreihe weit entfernt ein Merkmal des Wachens abzugeben, vielmehr ein Merkmal des Traͤumens ist. S. M.
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[107/0109] dieses Merkmal der Taͤuschung auch wegfallen muß. 2) erkennen wir die Taͤuschung an der Nichtuͤbereinstimmung mit dem Gesetze und der Ordnung der Natur;*) gesetzt auch, es fiele mir ploͤtzlich, ohne daß ich eine Jdeenassociation mit meinen vorigen Jdeen wahrnaͤhme, der Marienthurm ein, und meine Einbildungskraft mahlte sein Bild in mir so lebhaft als es der wirkliche Thurm in mir gewirkt hat; so wuͤrde ich selbst in diesem angenommenen Falle — denn in der That findet er im Wachen und bei voͤlliger Gesundheit nicht statt — wohl wissen, daß in mir eine Taͤuschung vorgehe, weil der Thurm in der Straße darinn ich wohne, gar nicht gesehn werden kann. Jn eben der Art erkennen wir bey dem Erwachen, daß alles, was uns im Traume vorgekommen ist, eine Taͤuschung war, weil die Erscheinungen, welche wir darinn gehabt haben, mit der Ordnung der Natur nicht bestehen. *) Aber was ist diese Nichtuͤbereinstimmung mit den Gesetzen der Natur anders als die Unterbrechung der in der besondern Erfahrung gegruͤndeten Associationsreihe? Daß der Marienthurm, der dem V. einfaͤllt, nicht in der Straße ist, wo er wohnt, ist wahrhaftig kein eigentlich so genanntes Naturgesetz. Der V. widerspricht sich hier selbst, und sieht sich gezwungen meiner Anmerkung beizupflichten, daß nehmlich Unterbrechung der in der Erfahrung gegruͤndeten Jdeenreihe weit entfernt ein Merkmal des Wachens abzugeben, vielmehr ein Merkmal des Traͤumens ist. S. M.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/109>, abgerufen am 25.11.2024.