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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.

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Hieraus folgt, daß wir auch getäuscht werden können: wenn wir auf unsre Jdeen nicht ganz Acht haben, oder wenn wir uns gar in einem Zustande befinden, darinn das Bewußtseyn unsrer Jdeenfolge nicht vollkommen ist, wie z.B. im Traum und in widernatürlichen Zuständen; so können wir glauben, daß eine Vorstellung nicht nach der Association entstanden sey, ohnerachtet sie sich in der That aus den Vorhergegangenen entwickelthat; wir würden ihr also eine äußere Wirklichkeit zuschreiben, welche sie nicht hat; das ist, wir würden getäuscht werden.*)

Ob wir aber gleich selbst im Wachen und bey vollkommener Gesundheit nicht immer auf unsren Jdeengang genau Acht haben, so sind wir dennoch in diesem Zustande nicht leicht einer Täuschung ausgesetzt, weil wir darinn Merkmale haben, daran wir sie erkennen können, und zwar 1) an dem Mangel an Lebhaftigkeit, welchen die Vorstellung hat: Die Einbildungskraft vermag z.B. in dem vorausgesetzten Zustande, dem Bilde der Sonne nicht die Lebhaftigkeit zu verleihen, welche es in der Natur hat; es versteht sich aber, daß in Zuständen, darinn die Einbildungskraft außerordentlich wirksam ist, als in vielen widernatürlichen und im Traume

*) Jch habe schon grade das Gegentheil davon gezeigt; daß wir nehmlich eben durch die Unterbrechung der Associationsreihe die Täuschung und den Traum als solche erkennen. S. M.

Hieraus folgt, daß wir auch getaͤuscht werden koͤnnen: wenn wir auf unsre Jdeen nicht ganz Acht haben, oder wenn wir uns gar in einem Zustande befinden, darinn das Bewußtseyn unsrer Jdeenfolge nicht vollkommen ist, wie z.B. im Traum und in widernatuͤrlichen Zustaͤnden; so koͤnnen wir glauben, daß eine Vorstellung nicht nach der Association entstanden sey, ohnerachtet sie sich in der That aus den Vorhergegangenen entwickelthat; wir wuͤrden ihr also eine aͤußere Wirklichkeit zuschreiben, welche sie nicht hat; das ist, wir wuͤrden getaͤuscht werden.*)

Ob wir aber gleich selbst im Wachen und bey vollkommener Gesundheit nicht immer auf unsren Jdeengang genau Acht haben, so sind wir dennoch in diesem Zustande nicht leicht einer Taͤuschung ausgesetzt, weil wir darinn Merkmale haben, daran wir sie erkennen koͤnnen, und zwar 1) an dem Mangel an Lebhaftigkeit, welchen die Vorstellung hat: Die Einbildungskraft vermag z.B. in dem vorausgesetzten Zustande, dem Bilde der Sonne nicht die Lebhaftigkeit zu verleihen, welche es in der Natur hat; es versteht sich aber, daß in Zustaͤnden, darinn die Einbildungskraft außerordentlich wirksam ist, als in vielen widernatuͤrlichen und im Traume

*) Jch habe schon grade das Gegentheil davon gezeigt; daß wir nehmlich eben durch die Unterbrechung der Associationsreihe die Taͤuschung und den Traum als solche erkennen. S. M.
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[106/0108] Hieraus folgt, daß wir auch getaͤuscht werden koͤnnen: wenn wir auf unsre Jdeen nicht ganz Acht haben, oder wenn wir uns gar in einem Zustande befinden, darinn das Bewußtseyn unsrer Jdeenfolge nicht vollkommen ist, wie z.B. im Traum und in widernatuͤrlichen Zustaͤnden; so koͤnnen wir glauben, daß eine Vorstellung nicht nach der Association entstanden sey, ohnerachtet sie sich in der That aus den Vorhergegangenen entwickelthat; wir wuͤrden ihr also eine aͤußere Wirklichkeit zuschreiben, welche sie nicht hat; das ist, wir wuͤrden getaͤuscht werden.*) Ob wir aber gleich selbst im Wachen und bey vollkommener Gesundheit nicht immer auf unsren Jdeengang genau Acht haben, so sind wir dennoch in diesem Zustande nicht leicht einer Taͤuschung ausgesetzt, weil wir darinn Merkmale haben, daran wir sie erkennen koͤnnen, und zwar 1) an dem Mangel an Lebhaftigkeit, welchen die Vorstellung hat: Die Einbildungskraft vermag z.B. in dem vorausgesetzten Zustande, dem Bilde der Sonne nicht die Lebhaftigkeit zu verleihen, welche es in der Natur hat; es versteht sich aber, daß in Zustaͤnden, darinn die Einbildungskraft außerordentlich wirksam ist, als in vielen widernatuͤrlichen und im Traume *) Jch habe schon grade das Gegentheil davon gezeigt; daß wir nehmlich eben durch die Unterbrechung der Associationsreihe die Taͤuschung und den Traum als solche erkennen. S. M.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/108>, abgerufen am 25.11.2024.