Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Oden. sehen muß. Solte man diese Vorarbeitvorbey streichen lassen/ und nur so fort den Auffsatz beschleunigen/ so würde man den Trieb hemmen/ und mitten in dem Wercke bestecken bleiben. Gilt also im Carmine nicht allezeit das Sprichwort der Griechen deuterai phrontides sophotera[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]. sondern man verdirbt/ an der Erfin- dung insonderheit/ leicht etwas wann man zu viel drüber nachsinnet/ und durch all zu grosse Kunst/ die natürlichkeit ei- ner Sachen verdunckelt/ wie jener Mah- ler/ qui manum tollere de tabula nesciebat Claude Binet hat in dem Leben des Ron- sards, von seinen Poematibus solches an- gemerckt: Aucuns, spricht er/ ont trouve la correction, qu' il a faite en ses oeuvres en quelques endroits moins agreable, que ce qu' il avoit premierement conceu: comme il peut avenir principalement en la Poesie, que la premiere fureur est plus naive, & que la lime trop des fois mise, en lieu d' eclaircir & polir, ne fait qu' user & corrompre la trempe. Les doctes qui ver- z z 4
Oden. ſehen muß. Solte man dieſe Vorarbeitvorbey ſtreichen laſſen/ und nur ſo fort den Auffſatz beſchleunigen/ ſo wuͤrde man den Trieb hemmen/ und mitten in dem Wercke beſtecken bleiben. Gilt alſo im Carmine nicht allezeit das Sprichwort der Griechen δευτέραι φροντίδες σοφωτερα[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]. ſondern man verdirbt/ an der Erfin- dung inſonderheit/ leicht etwas wann man zu viel druͤber nachſinnet/ und durch all zu groſſe Kunſt/ die natuͤrlichkeit ei- ner Sachen verdunckelt/ wie jener Mah- ler/ qui manum tollere de tabula neſciebat Claude Binet hat in dem Leben des Ron- ſards, von ſeinen Poematibus ſolches an- gemerckt: Aucuns, ſpricht er/ ont trouvé la correction, qu’ il a faite en ſes œuvres en quelques endroits moins agreable, que ce qu’ il avoit premierement conceu: comme il peut avenir principalement en la Poeſie, que la premiere fureur eſt plus naive, & que la lime trop des fois miſe, en lieu d’ éclaircir & polir, ne fait qu’ uſer & corrompre la trempe. Les doctes qui ver- z z 4
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Oden.
ſehen muß. Solte man dieſe Vorarbeit
vorbey ſtreichen laſſen/ und nur ſo fort
den Auffſatz beſchleunigen/ ſo wuͤrde man
den Trieb hemmen/ und mitten in dem
Wercke beſtecken bleiben. Gilt alſo im
Carmine nicht allezeit das Sprichwort
der Griechen δευτέραι φροντίδες σοφωτερα_ .
ſondern man verdirbt/ an der Erfin-
dung inſonderheit/ leicht etwas wann
man zu viel druͤber nachſinnet/ und durch
all zu groſſe Kunſt/ die natuͤrlichkeit ei-
ner Sachen verdunckelt/ wie jener Mah-
ler/ qui manum tollere de tabula neſciebat
Claude Binet hat in dem Leben des Ron-
ſards, von ſeinen Poematibus ſolches an-
gemerckt: Aucuns, ſpricht er/ ont trouvé
la correction, qu’ il a faite en ſes œuvres
en quelques endroits moins agreable, que
ce qu’ il avoit premierement conceu:
comme il peut avenir principalement en
la Poeſie, que la premiere fureur eſt plus
naive, & que la lime trop des fois miſe,
en lieu d’ éclaircir & polir, ne fait qu’ uſer
& corrompre la trempe. Les doctes qui
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