Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Nothwendigkeit.
len Wörter ja gantze Reden setzen muß/
die man viel eigentlicher und besser ohne
diesen Zwang hätte geben können. In
der Niederländischen Sprache ist Abra-
hamus Mylius
ein Feind der Reimen/
welcher in seinem Buch de Lingua Belgi-
ca c.
29. eine gantze Ode de officio & side-
litate verae Amicitiae,
in Hollanndischer
Sprache gleichsam zur Probe gegeben/
dessen Anfang also lautet:

Coomt hier mien Luidt geluydeloos
Noch stomm vvilt so niet hangen
Coomt, doet my nu den besten dienst,
Die immer ghy soudt moegen:
Coomt, helpt nu myne sinnen:
Wilt nu te vverke legghen
Al d' angenaem heid die ghy hebt
Al uvve lieflickheid. &c.

In Teutscher Sprach hat noch niemand
es zu versuchen begehret/ ist auch eine un-
nötige Arbeit. Meines erachtens/ wann einer
die ungereimte Verse höher als die an-
dern halten wolte/ were es eben/ als wann
einer einer Stroh fidel vor einer wollge-
stimten Geige den Vorzug gebe.

Das
n n 5

Nothwendigkeit.
len Woͤrter ja gantze Reden ſetzen muß/
die man viel eigentlicher und beſſer ohne
dieſen Zwang haͤtte geben koͤnnen. In
der Niederlaͤndiſchen Sprache iſt Abra-
hamus Mylius
ein Feind der Reimen/
welcher in ſeinem Buch de Lingua Belgi-
ca c.
29. eine gantze Ode de officio & ſide-
litate veræ Amicitiæ,
in Hollāndiſcher
Sprache gleichſam zur Probe gegeben/
deſſen Anfang alſo lautet:

Coomt hier mien Luidt geluydeloos
Noch ſtomm vvilt ſo niet hangen
Coomt, doet my nu den beſten dienſt,
Die immer ghy ſoudt moegen:
Coomt, helpt nu myne ſinnen:
Wilt nu te vverke legghen
Al d’ angenaem heid die ghy hebt
Al uvve lieflickheid. &c.

In Teutſcher Sprach hat noch niemand
es zu verſuchen begehret/ iſt auch eine un-
noͤtige Aꝛbeit. Meines erachtens/ wañ eineꝛ
die ungereimte Verſe hoͤher als die an-
dern halten wolte/ were es eben/ als wañ
einer einer Stroh fidel vor einer wollge-
ſtimten Geige den Vorzug gebe.

Das
n n 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0581" n="569"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Nothwendigkeit.</hi></fw><lb/>
len Wo&#x0364;rter ja gantze Reden &#x017F;etzen muß/<lb/>
die man viel eigentlicher und be&#x017F;&#x017F;er ohne<lb/>
die&#x017F;en Zwang ha&#x0364;tte geben ko&#x0364;nnen. In<lb/>
der Niederla&#x0364;ndi&#x017F;chen Sprache i&#x017F;t <hi rendition="#aq">Abra-<lb/>
hamus Mylius</hi> ein Feind der Reimen/<lb/>
welcher in &#x017F;einem Buch <hi rendition="#aq">de Lingua Belgi-<lb/>
ca c.</hi> 29. eine gantze Ode <hi rendition="#aq">de officio &amp; &#x017F;ide-<lb/>
litate veræ Amicitiæ,</hi> in Holla&#x0304;ndi&#x017F;cher<lb/>
Sprache gleich&#x017F;am zur Probe gegeben/<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Anfang al&#x017F;o lautet:</p><lb/>
            <quote>
              <lg type="poem">
                <l> <hi rendition="#aq">Coomt hier mien Luidt geluydeloos</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Noch &#x017F;tomm vvilt &#x017F;o niet hangen</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Coomt, doet my nu den be&#x017F;ten dien&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Die immer ghy &#x017F;oudt moegen:</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Coomt, helpt nu myne &#x017F;innen:</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Wilt nu te vverke legghen</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Al d&#x2019; angenaem heid die ghy hebt</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#aq">Al uvve lieflickheid. &amp;c.</hi> </l>
              </lg>
            </quote><lb/>
            <p>In Teut&#x017F;cher Sprach hat noch niemand<lb/>
es zu ver&#x017F;uchen begehret/ i&#x017F;t auch eine un-<lb/>
no&#x0364;tige A&#xA75B;beit. Meines erachtens/ wan&#x0303; eine&#xA75B;<lb/>
die ungereimte Ver&#x017F;e ho&#x0364;her als die an-<lb/>
dern halten wolte/ were es eben/ als wan&#x0303;<lb/>
einer einer Stroh fidel vor einer wollge-<lb/>
&#x017F;timten Geige den Vorzug gebe.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">n n 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[569/0581] Nothwendigkeit. len Woͤrter ja gantze Reden ſetzen muß/ die man viel eigentlicher und beſſer ohne dieſen Zwang haͤtte geben koͤnnen. In der Niederlaͤndiſchen Sprache iſt Abra- hamus Mylius ein Feind der Reimen/ welcher in ſeinem Buch de Lingua Belgi- ca c. 29. eine gantze Ode de officio & ſide- litate veræ Amicitiæ, in Hollāndiſcher Sprache gleichſam zur Probe gegeben/ deſſen Anfang alſo lautet: Coomt hier mien Luidt geluydeloos Noch ſtomm vvilt ſo niet hangen Coomt, doet my nu den beſten dienſt, Die immer ghy ſoudt moegen: Coomt, helpt nu myne ſinnen: Wilt nu te vverke legghen Al d’ angenaem heid die ghy hebt Al uvve lieflickheid. &c. In Teutſcher Sprach hat noch niemand es zu verſuchen begehret/ iſt auch eine un- noͤtige Aꝛbeit. Meines erachtens/ wañ eineꝛ die ungereimte Verſe hoͤher als die an- dern halten wolte/ were es eben/ als wañ einer einer Stroh fidel vor einer wollge- ſtimten Geige den Vorzug gebe. Das n n 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/581
Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/581>, abgerufen am 22.11.2024.