Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Das III. Cap. Von der Prosodia sein. Welches zwar an sich selbst rich-tig gnug ist/ aber es ist etwas zu genau gesuchet. Dann wan alle die Exempeln die er selbst anführet/ solten verworffen werden/ so würde der helffte theil von den besten Getichten der vornehmsten Poeten Gefahr lauffen. Es werden in allen Sprachen einige Freyheiten von den vornehmsten Poeten gebrauchet/ die man nicht eben nach der Gramma- tischen Richtschnur abmessen muß. Dann es erfodert bißweilen der Numerus, die Nothwendigkeit und der Wollaut et- was/ das man sonst nicht billigen wür- de. Wie wir dann aus diesen Uhr sa- chen beym Homero und Virgilio grosse Freyheiten sehen: Worinn ein gemei- ner Verstand/ der über die Grammatic und die Prosodia nicht schreitet/ sich nicht zu finden weiß. Und ist über dem zu be- trachten/ was der Herr Menage ur- theilet/ daß man kleine Fehler von grossen Poeten übersehen muß. Im übrigen ist von den Einsylbigen Wörtern zu mer- cken
Das III. Cap. Von der Proſodia ſein. Welches zwar an ſich ſelbſt rich-tig gnug iſt/ aber es iſt etwas zu genau geſuchet. Dañ wan alle die Exempeln die er ſelbſt anfuͤhret/ ſolten verworffen werden/ ſo wuͤrde der helffte theil von den beſten Getichten der vornehmſten Poeten Gefahr lauffen. Es werden in allen Sprachen einige Freyheiten von den vornehmſten Poeten gebrauchet/ die man nicht eben nach der Gramma- tiſchen Richtſchnur abmeſſen muß. Dañ es erfodert bißweilen der Numerus, die Nothwendigkeit und der Wollaut et- was/ das man ſonſt nicht billigen wuͤr- de. Wie wir dann aus dieſen Uhr ſa- chen beym Homero und Virgilio groſſe Freyheiten ſehen: Worinn ein gemei- ner Verſtand/ der uͤber die Grammatic und die Proſodia nicht ſchreitet/ ſich nicht zu finden weiß. Und iſt uͤber dem zu be- trachten/ was der Herr Menage ur- theilet/ daß man kleine Fehler von groſſen Poeten uͤberſehen muß. Im uͤbrigen iſt von den Einſylbigen Woͤrtern zu mer- cken
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0558" n="546"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">III.</hi> Cap. Von der <hi rendition="#aq">Proſodia</hi></hi></fw><lb/> ſein. Welches zwar an ſich ſelbſt rich-<lb/> tig gnug iſt/ aber es iſt etwas zu genau<lb/> geſuchet. Dañ wan alle die Exempeln<lb/> die er ſelbſt anfuͤhret/ ſolten verworffen<lb/> werden/ ſo wuͤrde der helffte theil von<lb/> den beſten Getichten der vornehmſten<lb/> Poeten Gefahr lauffen. Es werden in<lb/> allen Sprachen einige Freyheiten von<lb/> den vornehmſten Poeten gebrauchet/<lb/> die man nicht eben nach der Gramma-<lb/> tiſchen Richtſchnur abmeſſen muß. Dañ<lb/> es erfodert bißweilen der <hi rendition="#aq">Numerus,</hi> die<lb/> Nothwendigkeit und der Wollaut et-<lb/> was/ das man ſonſt nicht billigen wuͤr-<lb/> de. Wie wir dann aus dieſen Uhr ſa-<lb/> chen beym <hi rendition="#aq">Homero</hi> und <hi rendition="#aq">Virgilio</hi> groſſe<lb/> Freyheiten ſehen: Worinn ein gemei-<lb/> ner Verſtand/ der uͤber die <hi rendition="#aq">Grammatic</hi><lb/> und die <hi rendition="#aq">Proſodia</hi> nicht ſchreitet/ ſich nicht<lb/> zu finden weiß. Und iſt uͤber dem zu be-<lb/> trachten/ was der Herr <hi rendition="#aq">Menage</hi> ur-<lb/> theilet/ daß man kleine Fehler von groſſen<lb/> Poeten uͤberſehen muß. Im uͤbrigen iſt<lb/> von den Einſylbigen Woͤrtern zu mer-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">cken</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [546/0558]
Das III. Cap. Von der Proſodia
ſein. Welches zwar an ſich ſelbſt rich-
tig gnug iſt/ aber es iſt etwas zu genau
geſuchet. Dañ wan alle die Exempeln
die er ſelbſt anfuͤhret/ ſolten verworffen
werden/ ſo wuͤrde der helffte theil von
den beſten Getichten der vornehmſten
Poeten Gefahr lauffen. Es werden in
allen Sprachen einige Freyheiten von
den vornehmſten Poeten gebrauchet/
die man nicht eben nach der Gramma-
tiſchen Richtſchnur abmeſſen muß. Dañ
es erfodert bißweilen der Numerus, die
Nothwendigkeit und der Wollaut et-
was/ das man ſonſt nicht billigen wuͤr-
de. Wie wir dann aus dieſen Uhr ſa-
chen beym Homero und Virgilio groſſe
Freyheiten ſehen: Worinn ein gemei-
ner Verſtand/ der uͤber die Grammatic
und die Proſodia nicht ſchreitet/ ſich nicht
zu finden weiß. Und iſt uͤber dem zu be-
trachten/ was der Herr Menage ur-
theilet/ daß man kleine Fehler von groſſen
Poeten uͤberſehen muß. Im uͤbrigen iſt
von den Einſylbigen Woͤrtern zu mer-
cken
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |