Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Poeterey andren Zeit. sonst iemand ayders/ aus welchem wirdie Worte anher setzen wollen. Sie be- obachten allein die Anzahl der Sylben" und der Reimen; daß aber eine Sylbe" lang/ die ander kurtzlautend sey/ daß" gilt ihnen gleichviel. Ob nun ihre Ge-" dichte schlecht sind/ und das Gesang der" Choral oder der Ebreer Musick nicht" ungleich zu hören/ so haben sie doch fei-" ne Regul/ und ihre Wissenschafft in sol-" cher Verfassung/ daß sie ungezweiffelt" sagen können/ was gut oder böß ist." Sie halten für einen Fehler/ wann" zween oder mehr Reime/ sie sein gleich" siumpff (einsylbig) oder klingend (zwey-" sylbig in einem Gesetze erfunden werden/" die mit einerley Buchstaben geschrieben" sind/ als leben und erleben/ in han-" den und verhanden u. d. g. und wer-" den von ihnen rührende Reimen ge-" nannt. Oder wenn abgeleitete Worter" nicht ferne von den Stammwörtern" gesetzet werden/ als Herr und herr-" lich/ Ehr und ehrlich: Oder wenn" zwey y 2
Poeterey andren Zeit. ſonſt iemand ayders/ aus welchem wirdie Worte anher ſetzen wollen. Sie be- obachten allein die Anzahl der Sylben„ und der Reimen; daß aber eine Sylbe„ lang/ die ander kurtzlautend ſey/ daß„ gilt ihnen gleichviel. Ob nun ihre Ge-„ dichte ſchlecht ſind/ und das Geſang der„ Choral oder der Ebreer Muſick nicht„ ungleich zu hoͤren/ ſo haben ſie doch fei-„ ne Regul/ und ihre Wiſſenſchafft in ſol-„ cher Verfaſſung/ daß ſie ungezweiffelt„ ſagen koͤnnen/ was gut oder boͤß iſt.„ Sie halten fuͤr einen Fehler/ wann„ zween oder mehr Reime/ ſie ſein gleich„ ſiumpff (einſylbig) oder klingend (zwey-„ ſylbig in einem Geſetze erfunden werden/„ die mit einerley Buchſtaben geſchrieben„ ſind/ als leben und erleben/ in han-„ den und verhanden u. d. g. und wer-„ den von ihnen ruͤhrende Reimen ge-„ nannt. Oder wenn abgeleitete Worter„ nicht ferne von den Stammwoͤrtern„ geſetzet werden/ als Herr und herr-„ lich/ Ehr und ehrlich: Oder wenn„ zwey y 2
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Poeterey andren Zeit.
ſonſt iemand ayders/ aus welchem wir
die Worte anher ſetzen wollen. Sie be-
obachten allein die Anzahl der Sylben„
und der Reimen; daß aber eine Sylbe„
lang/ die ander kurtzlautend ſey/ daß„
gilt ihnen gleichviel. Ob nun ihre Ge-„
dichte ſchlecht ſind/ und das Geſang der„
Choral oder der Ebreer Muſick nicht„
ungleich zu hoͤren/ ſo haben ſie doch fei-„
ne Regul/ und ihre Wiſſenſchafft in ſol-„
cher Verfaſſung/ daß ſie ungezweiffelt„
ſagen koͤnnen/ was gut oder boͤß iſt.„
Sie halten fuͤr einen Fehler/ wann„
zween oder mehr Reime/ ſie ſein gleich„
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