Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Poeterey ersten Zeit. longissime superant. Nun möchte ich wolldessen den geringsten Beweiß sehen/ worum die Versetzung ein Kenn- zeichen des Alters sein solte. Die Grie- chische und Lateinische Sprache kan hier nicht zum Exempel gebrauchet werden: denn die gantze Zusammensetzung der Sprache ist anders/ wie die Teutsche und Schwedische/ die der Natur folgen. In Griechischer und Lateinischer Spra- che hat die Kunst eine andere Masse ge- setzet/ und einen numerum gegeben/ wor- nach sie sich richten müssen. Diese auß- messung der Griechischen und Lateini- schen Verse/ und die Versetzung der Wör- ter halte ich vor eine neuere Erfindung/ als die Trochaische und Jambische metra, derer sich die Teutschen und andere Völ- cker gebrauchen/ denn diese sind in jener Sprache auch eher gewesen als die an- dere metra, und werden sie mit derglei- chen kurtzsylbigen Sprachen gebohren. Aber hievon in folgenden ein mehres. Es läst sich dieses eben so leicht ver- werf-
Poeterey erſten Zeit. longiſſime ſuperant. Nun moͤchte ich wolldeſſen den geringſten Beweiß ſehen/ worum die Verſetzung ein Kenn- zeichen des Alters ſein ſolte. Die Grie- chiſche und Lateiniſche Sprache kan hier nicht zum Exempel gebrauchet werden: denn die gantze Zuſammenſetzung der Sprache iſt anders/ wie die Teutſche und Schwediſche/ die der Natur folgen. In Griechiſcher und Lateiniſcher Spra- che hat die Kunſt eine andere Maſſe ge- ſetzet/ und einen numerum gegeben/ wor- nach ſie ſich richten muͤſſen. Dieſe auß- meſſung der Griechiſchen und Lateini- ſchen Verſe/ und die Verſetzung der Woͤr- ter halte ich vor eine neuere Erfindung/ als die Trochaiſche und Jambiſche metra, derer ſich die Teutſchen und andere Voͤl- cker gebrauchen/ denn dieſe ſind in jener Sprache auch eher geweſen als die an- dere metra, und werden ſie mit derglei- chen kurtzſylbigen Sprachen gebohren. Aber hievon in folgenden ein mehres. Es laͤſt ſich dieſes eben ſo leicht ver- werf-
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Poeterey erſten Zeit.
longiſſime ſuperant. Nun moͤchte ich woll
deſſen den geringſten Beweiß ſehen/
worum die Verſetzung ein Kenn-
zeichen des Alters ſein ſolte. Die Grie-
chiſche und Lateiniſche Sprache kan hier
nicht zum Exempel gebrauchet werden:
denn die gantze Zuſammenſetzung der
Sprache iſt anders/ wie die Teutſche und
Schwediſche/ die der Natur folgen.
In Griechiſcher und Lateiniſcher Spra-
che hat die Kunſt eine andere Maſſe ge-
ſetzet/ und einen numerum gegeben/ wor-
nach ſie ſich richten muͤſſen. Dieſe auß-
meſſung der Griechiſchen und Lateini-
ſchen Verſe/ und die Verſetzung der Woͤr-
ter halte ich vor eine neuere Erfindung/
als die Trochaiſche und Jambiſche metra,
derer ſich die Teutſchen und andere Voͤl-
cker gebrauchen/ denn dieſe ſind in jener
Sprache auch eher geweſen als die an-
dere metra, und werden ſie mit derglei-
chen kurtzſylbigen Sprachen gebohren.
Aber hievon in folgenden ein mehres.
Es laͤſt ſich dieſes eben ſo leicht ver-
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Zitationshilfe: | Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/305>, abgerufen am 16.02.2025. |