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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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schläge zu Reformen vernähmen; aber wenn sie nach Hause ge-
kommen seien, denke keiner weiter an das, was er auf dem Markte
gehört habe. Wie auch jene demokratischen Agitatoren die Flam-
men schürten, es half eben nichts, da der Brennstoff fehlte. Die
Regierung wusste dies und liess in den wichtigen Principienfra-
gen sich keinerlei Zugeständniss entreissen; höchstens dass sie
sich dazu verstand um 682 einem Theil der mit Lepidus land-
flüchtig gewordenen Leute die Amnestie zuzugestehen. Was von
Concessionen erfolgte, ging nicht so sehr aus dem Drängen der
Demokratie hervor, als aus den Vermittlungsversuchen der ge-
mässigten Aristokratie. Allein von den beiden Gesetzen, die der
einzige noch übrige Führer dieser Fraction Gaius Cotta in sei-
nem Consulat 679 durchsetzte, wurde das die Gerichte betref-
fende schon im nächsten Jahre wieder beseitigt, und auch das
zweite, welches die sullanische Bestimmung aufhob, dass die Be-
kleidung des Tribunats zur Uebernahme anderer Magistraturen
unfähig mache, die übrigen Beschränkungen aber bestehen liess,
erregte wie jede halbe Massregel nur den Unwillen beider Par-
teien. Die Partei der reformistisch gesinnten Conservativen, die
durch Cottas bald nachher (um 681) erfolgten frühen Tod ihr
namhaftestes Haupt verlor, sank mehr und mehr in sich selbst
zusammen, erdrückt zwischen den immer schroffer hervortreten-
den Extremen. Von diesen aber blieb die Partei der Regierung,
schlecht und schlaff wie sie war, der gleich schlechten und gleich
schlaffen Opposition gegenüber nothwendig im Vortheil.

Aber dies der Regierung so günstige Verhältniss änderte
sich, als die Differenzen zwischen ihr und denjenigen ihrer Par-
teigänger sich schärfer entwickelten, deren Hoffnungen über den
Ehrensitz in der Curie und das aristokratische Landhaus hinaus
zu höheren Zielen sich erhoben. In erster Linie stand hier Gnaeus
Pompeius. Wohl war er Sullaner; aber es ist früher gezeigt wor-
den (S. 11), wie wenig er unter seiner eigenen Partei sich zu-
rechtfand, wie von der Nobilität, als deren Schild und Schwert
er officiell angesehen ward, ihn doch seine Herkunft, seine Ver-
gangenheit, seine Hoffnungen immer wieder schieden. Der schon
klaffende Riss hatte während der spanischen Feldzüge (677--
683) des Feldherrn sich unheilbar erweitert. Unwillig und halb
gezwungen hatte die Regierung ihn ihrem rechten Vertreter
Quintus Metellus als Collegen beigesellt; und wieder er beschul-
digte, wohl nicht ohne Grund, den Senat durch die sei es lieder-
liche, sei es böswillige Vernachlässigung der spanischen Armeen
deren Niederlagen verschuldet und das Schicksal der Expedition

FÜNFTES BUCH. KAPITEL III.
schläge zu Reformen vernähmen; aber wenn sie nach Hause ge-
kommen seien, denke keiner weiter an das, was er auf dem Markte
gehört habe. Wie auch jene demokratischen Agitatoren die Flam-
men schürten, es half eben nichts, da der Brennstoff fehlte. Die
Regierung wuſste dies und lieſs in den wichtigen Principienfra-
gen sich keinerlei Zugeständniſs entreiſsen; höchstens daſs sie
sich dazu verstand um 682 einem Theil der mit Lepidus land-
flüchtig gewordenen Leute die Amnestie zuzugestehen. Was von
Concessionen erfolgte, ging nicht so sehr aus dem Drängen der
Demokratie hervor, als aus den Vermittlungsversuchen der ge-
mäſsigten Aristokratie. Allein von den beiden Gesetzen, die der
einzige noch übrige Führer dieser Fraction Gaius Cotta in sei-
nem Consulat 679 durchsetzte, wurde das die Gerichte betref-
fende schon im nächsten Jahre wieder beseitigt, und auch das
zweite, welches die sullanische Bestimmung aufhob, daſs die Be-
kleidung des Tribunats zur Uebernahme anderer Magistraturen
unfähig mache, die übrigen Beschränkungen aber bestehen lieſs,
erregte wie jede halbe Maſsregel nur den Unwillen beider Par-
teien. Die Partei der reformistisch gesinnten Conservativen, die
durch Cottas bald nachher (um 681) erfolgten frühen Tod ihr
namhaftestes Haupt verlor, sank mehr und mehr in sich selbst
zusammen, erdrückt zwischen den immer schroffer hervortreten-
den Extremen. Von diesen aber blieb die Partei der Regierung,
schlecht und schlaff wie sie war, der gleich schlechten und gleich
schlaffen Opposition gegenüber nothwendig im Vortheil.

Aber dies der Regierung so günstige Verhältniſs änderte
sich, als die Differenzen zwischen ihr und denjenigen ihrer Par-
teigänger sich schärfer entwickelten, deren Hoffnungen über den
Ehrensitz in der Curie und das aristokratische Landhaus hinaus
zu höheren Zielen sich erhoben. In erster Linie stand hier Gnaeus
Pompeius. Wohl war er Sullaner; aber es ist früher gezeigt wor-
den (S. 11), wie wenig er unter seiner eigenen Partei sich zu-
rechtfand, wie von der Nobilität, als deren Schild und Schwert
er officiell angesehen ward, ihn doch seine Herkunft, seine Ver-
gangenheit, seine Hoffnungen immer wieder schieden. Der schon
klaffende Riſs hatte während der spanischen Feldzüge (677—
683) des Feldherrn sich unheilbar erweitert. Unwillig und halb
gezwungen hatte die Regierung ihn ihrem rechten Vertreter
Quintus Metellus als Collegen beigesellt; und wieder er beschul-
digte, wohl nicht ohne Grund, den Senat durch die sei es lieder-
liche, sei es böswillige Vernachlässigung der spanischen Armeen
deren Niederlagen verschuldet und das Schicksal der Expedition

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[88/0098] FÜNFTES BUCH. KAPITEL III. schläge zu Reformen vernähmen; aber wenn sie nach Hause ge- kommen seien, denke keiner weiter an das, was er auf dem Markte gehört habe. Wie auch jene demokratischen Agitatoren die Flam- men schürten, es half eben nichts, da der Brennstoff fehlte. Die Regierung wuſste dies und lieſs in den wichtigen Principienfra- gen sich keinerlei Zugeständniſs entreiſsen; höchstens daſs sie sich dazu verstand um 682 einem Theil der mit Lepidus land- flüchtig gewordenen Leute die Amnestie zuzugestehen. Was von Concessionen erfolgte, ging nicht so sehr aus dem Drängen der Demokratie hervor, als aus den Vermittlungsversuchen der ge- mäſsigten Aristokratie. Allein von den beiden Gesetzen, die der einzige noch übrige Führer dieser Fraction Gaius Cotta in sei- nem Consulat 679 durchsetzte, wurde das die Gerichte betref- fende schon im nächsten Jahre wieder beseitigt, und auch das zweite, welches die sullanische Bestimmung aufhob, daſs die Be- kleidung des Tribunats zur Uebernahme anderer Magistraturen unfähig mache, die übrigen Beschränkungen aber bestehen lieſs, erregte wie jede halbe Maſsregel nur den Unwillen beider Par- teien. Die Partei der reformistisch gesinnten Conservativen, die durch Cottas bald nachher (um 681) erfolgten frühen Tod ihr namhaftestes Haupt verlor, sank mehr und mehr in sich selbst zusammen, erdrückt zwischen den immer schroffer hervortreten- den Extremen. Von diesen aber blieb die Partei der Regierung, schlecht und schlaff wie sie war, der gleich schlechten und gleich schlaffen Opposition gegenüber nothwendig im Vortheil. Aber dies der Regierung so günstige Verhältniſs änderte sich, als die Differenzen zwischen ihr und denjenigen ihrer Par- teigänger sich schärfer entwickelten, deren Hoffnungen über den Ehrensitz in der Curie und das aristokratische Landhaus hinaus zu höheren Zielen sich erhoben. In erster Linie stand hier Gnaeus Pompeius. Wohl war er Sullaner; aber es ist früher gezeigt wor- den (S. 11), wie wenig er unter seiner eigenen Partei sich zu- rechtfand, wie von der Nobilität, als deren Schild und Schwert er officiell angesehen ward, ihn doch seine Herkunft, seine Ver- gangenheit, seine Hoffnungen immer wieder schieden. Der schon klaffende Riſs hatte während der spanischen Feldzüge (677— 683) des Feldherrn sich unheilbar erweitert. Unwillig und halb gezwungen hatte die Regierung ihn ihrem rechten Vertreter Quintus Metellus als Collegen beigesellt; und wieder er beschul- digte, wohl nicht ohne Grund, den Senat durch die sei es lieder- liche, sei es böswillige Vernachlässigung der spanischen Armeen deren Niederlagen verschuldet und das Schicksal der Expedition

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/98>, abgerufen am 24.11.2024.