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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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DIE SULLANISCHE RESTAURATIONSHERRSCHAFT.
4000 Talenten (6,900000 Thlr.) zu zahlen hätten, wofern sie
den Krieg zu vermeiden wünschten. Als die Gesandten sich zur
Eingehung solcher Bedingungen nicht bevollmächtigt erklärten,
wurde einer der Consuln des nächsten Jahres bestimmt nach
Ablauf seines Amtsjahres nach Kreta abzugehen um dort entwe-
der das Geforderte in Empfang zu nehmen oder den Krieg zu
beginnen. Demgemäss erschien im J. 686 der Proconsul Quin-
tus Metellus in den kretischen Gewässern. Die Gemeinden der
Insel, voran die grösseren Städte Gortyna, Knossos, Kydonia, wa-
ren entschlossen lieber mit den Waffen sich zu vertheidigen als
jenen übermässigen Forderungen sich zu fügen. Die Kretenser
waren ein ruchloses und entartetes Volk (II, 60), mit deren öffent-
licher und privater Existenz der Seeraub so innig verwachsen war
wie der Landraub mit dem Gemeinwesen der Aetoler; allein sie
glichen den Aetolern wie überhaupt in vielen Stücken so auch in
der Tapferkeit, und es sind denn auch diese beiden griechischen
Gemeinden die einzigen, die den Kampf um die Unabhängigkeit
muthig und ehrenhaft geführt haben. Bei Kydonia, wo Metellus
seine drei Legionen ans Land setzte, stand eine kretische Armee
von 24000 Mann unter Lasthenes und Panares bereit ihn zu
empfangen; es kam zu einer Schlacht im offenen Felde, in der
der Sieg nach hartem Kampf den Römern blieb. Allein die Städte
trotzten dem römischen Feldhern nichts desto weniger hinter
ihren Mauern; Metellus musste sich entschliessen eine nach der
andern zu belagern. Zuerst ward Kydonia, wohin die Trümmer
der geschlagenen Armee sich geworfen hatten, nach langer Bela-
gerung von Panares gegen das Versprechen freien Abzuges für sich
selber übergeben. Allein Lasthenes, der aus der Stadt entwichen
war, musste zum zweiten Mal in Knossos belagert werden, und
da auch diese Festung im Begriff war zu fallen, vernichtete er
seine Schätze und entschlüpfte abermals dorthin, wo, wie in Ly-
ktos, Eleutherna und anderswo, die Vertheidigung noch fortgesetzt
ward. Zwei Jahre (686. 687) vergingen, bevor Metellus der gan-
zen Insel Herr und damit der letzte Fleck freier griechischer Erde
in die Gewalt der übermächtigen Römer gekommen war; die
kretischen Gemeinden, wie sie zuerst von allen griechischen die
freie Stadtverfassung und die Seeherrschaft bei sich entwickelt
hatten, sollten auch die letzten von allen jenen einst das Mittelmeer
erfüllenden griechischen Seestaaten sein, die der römischen Con-
tinentalmacht erlagen. Alle Rechtsbedingungen waren erfüllt um
wiederum einen der üblichen nichtigen Triumphe zu feiern; das
Geschlecht der Meteller konnte seinen makedonischen, numi-

DIE SULLANISCHE RESTAURATIONSHERRSCHAFT.
4000 Talenten (6,900000 Thlr.) zu zahlen hätten, wofern sie
den Krieg zu vermeiden wünschten. Als die Gesandten sich zur
Eingehung solcher Bedingungen nicht bevollmächtigt erklärten,
wurde einer der Consuln des nächsten Jahres bestimmt nach
Ablauf seines Amtsjahres nach Kreta abzugehen um dort entwe-
der das Geforderte in Empfang zu nehmen oder den Krieg zu
beginnen. Demgemäſs erschien im J. 686 der Proconsul Quin-
tus Metellus in den kretischen Gewässern. Die Gemeinden der
Insel, voran die gröſseren Städte Gortyna, Knossos, Kydonia, wa-
ren entschlossen lieber mit den Waffen sich zu vertheidigen als
jenen übermäſsigen Forderungen sich zu fügen. Die Kretenser
waren ein ruchloses und entartetes Volk (II, 60), mit deren öffent-
licher und privater Existenz der Seeraub so innig verwachsen war
wie der Landraub mit dem Gemeinwesen der Aetoler; allein sie
glichen den Aetolern wie überhaupt in vielen Stücken so auch in
der Tapferkeit, und es sind denn auch diese beiden griechischen
Gemeinden die einzigen, die den Kampf um die Unabhängigkeit
muthig und ehrenhaft geführt haben. Bei Kydonia, wo Metellus
seine drei Legionen ans Land setzte, stand eine kretische Armee
von 24000 Mann unter Lasthenes und Panares bereit ihn zu
empfangen; es kam zu einer Schlacht im offenen Felde, in der
der Sieg nach hartem Kampf den Römern blieb. Allein die Städte
trotzten dem römischen Feldhern nichts desto weniger hinter
ihren Mauern; Metellus muſste sich entschlieſsen eine nach der
andern zu belagern. Zuerst ward Kydonia, wohin die Trümmer
der geschlagenen Armee sich geworfen hatten, nach langer Bela-
gerung von Panares gegen das Versprechen freien Abzuges für sich
selber übergeben. Allein Lasthenes, der aus der Stadt entwichen
war, muſste zum zweiten Mal in Knossos belagert werden, und
da auch diese Festung im Begriff war zu fallen, vernichtete er
seine Schätze und entschlüpfte abermals dorthin, wo, wie in Ly-
ktos, Eleutherna und anderswo, die Vertheidigung noch fortgesetzt
ward. Zwei Jahre (686. 687) vergingen, bevor Metellus der gan-
zen Insel Herr und damit der letzte Fleck freier griechischer Erde
in die Gewalt der übermächtigen Römer gekommen war; die
kretischen Gemeinden, wie sie zuerst von allen griechischen die
freie Stadtverfassung und die Seeherrschaft bei sich entwickelt
hatten, sollten auch die letzten von allen jenen einst das Mittelmeer
erfüllenden griechischen Seestaaten sein, die der römischen Con-
tinentalmacht erlagen. Alle Rechtsbedingungen waren erfüllt um
wiederum einen der üblichen nichtigen Triumphe zu feiern; das
Geschlecht der Meteller konnte seinen makedonischen, numi-

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[71/0081] DIE SULLANISCHE RESTAURATIONSHERRSCHAFT. 4000 Talenten (6,900000 Thlr.) zu zahlen hätten, wofern sie den Krieg zu vermeiden wünschten. Als die Gesandten sich zur Eingehung solcher Bedingungen nicht bevollmächtigt erklärten, wurde einer der Consuln des nächsten Jahres bestimmt nach Ablauf seines Amtsjahres nach Kreta abzugehen um dort entwe- der das Geforderte in Empfang zu nehmen oder den Krieg zu beginnen. Demgemäſs erschien im J. 686 der Proconsul Quin- tus Metellus in den kretischen Gewässern. Die Gemeinden der Insel, voran die gröſseren Städte Gortyna, Knossos, Kydonia, wa- ren entschlossen lieber mit den Waffen sich zu vertheidigen als jenen übermäſsigen Forderungen sich zu fügen. Die Kretenser waren ein ruchloses und entartetes Volk (II, 60), mit deren öffent- licher und privater Existenz der Seeraub so innig verwachsen war wie der Landraub mit dem Gemeinwesen der Aetoler; allein sie glichen den Aetolern wie überhaupt in vielen Stücken so auch in der Tapferkeit, und es sind denn auch diese beiden griechischen Gemeinden die einzigen, die den Kampf um die Unabhängigkeit muthig und ehrenhaft geführt haben. Bei Kydonia, wo Metellus seine drei Legionen ans Land setzte, stand eine kretische Armee von 24000 Mann unter Lasthenes und Panares bereit ihn zu empfangen; es kam zu einer Schlacht im offenen Felde, in der der Sieg nach hartem Kampf den Römern blieb. Allein die Städte trotzten dem römischen Feldhern nichts desto weniger hinter ihren Mauern; Metellus muſste sich entschlieſsen eine nach der andern zu belagern. Zuerst ward Kydonia, wohin die Trümmer der geschlagenen Armee sich geworfen hatten, nach langer Bela- gerung von Panares gegen das Versprechen freien Abzuges für sich selber übergeben. Allein Lasthenes, der aus der Stadt entwichen war, muſste zum zweiten Mal in Knossos belagert werden, und da auch diese Festung im Begriff war zu fallen, vernichtete er seine Schätze und entschlüpfte abermals dorthin, wo, wie in Ly- ktos, Eleutherna und anderswo, die Vertheidigung noch fortgesetzt ward. Zwei Jahre (686. 687) vergingen, bevor Metellus der gan- zen Insel Herr und damit der letzte Fleck freier griechischer Erde in die Gewalt der übermächtigen Römer gekommen war; die kretischen Gemeinden, wie sie zuerst von allen griechischen die freie Stadtverfassung und die Seeherrschaft bei sich entwickelt hatten, sollten auch die letzten von allen jenen einst das Mittelmeer erfüllenden griechischen Seestaaten sein, die der römischen Con- tinentalmacht erlagen. Alle Rechtsbedingungen waren erfüllt um wiederum einen der üblichen nichtigen Triumphe zu feiern; das Geschlecht der Meteller konnte seinen makedonischen, numi-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/81>, abgerufen am 25.11.2024.