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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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DIE SULLANISCHE RESTAURATIONSHERRSCHAFT.
barn und mit den Reichsstädten seine Herrschaft Schritt vor
Schritt erweiterte und befestigte. Die grösseren Städte Syriens,
Gaza, Stratons Thurm, Ptolemais, Beroea versuchten sich bald
als freie Gemeinden, bald unter sogenannten Tyrannen auf eigene
Hand zu behaupten; vor allen die Hauptstadt Antiochia war so
gut wie selbstständig. Damaskos und die Libanosthäler hatten
sich dem nabataeischen Fürsten Aretas von Petra unterworfen.
In Kilikien endlich herrschten die Seeräuber oder die Römer.
Und um diese in tausend Splitter zerschellende Krone fuhren die
Seleukidenprinzen, als gälte es das Königthum allen zum Spott
und zum Aergerniss zu machen, beharrlich fort unter einander
zu hadern, ja, während alles von diesem gleich dem Hause des
Laios zu ewigem Zwiste verfluchten Geschlechte abtrünnig ward,
sogar Ansprüche auf den durch den erblosen Abgang König
Alexanders II. erledigten Thron von Aegypten zu erheben. So
fand König Tigranes hier leichtes Spiel. Das östliche Kilikien ward
ohne Schwierigkeit von ihm unterworfen und die Bürgerschaf-
ten von Soloi und anderen Städten eben wie die kappadokischen
nach Armenien abgeführt. Ebenso wurde die obere syrische
Landschaft mit Ausnahme der tapfer vertheidigten Stadt Seleu-
keia an der Mündung des Orontes und der grösste Theil von
Phoenike mit den Waffen bezwungen; um 680 ward Ptolemais
von den Armeniern eingenommen und schon war der Judenstaat
ernstlich bedroht. Die alte Hauptstadt der Seleukiden Antiochia
ward eine der Residenzen des Grosskönigs; schon von dem
Jahre 671, dem nächsten nach dem Frieden zwischen Sulla und
Mithradates, an wird Tigranes in den syrischen Jahrbüchern als
der Landesherr bezeichnet und erscheint Kilikien und Syrien
als eine armenische Satrapie unter dem Statthalter des Gross-
königs Magadates. Die Zeit der Könige von Ninive, der Salma-
nassar und Sanherib, schien sich zu erneuern: wieder lastete der
orientalische Despotismus schwer auf der handeltreibenden Be-
völkerung der syrischen Küste wie einst auf Tyros und Sidon;
wieder warfen binnenländische Grossstaaten sich auf die Land-
schaften am Mittelmeer; wieder standen asiatische Heere von an-
geblich einer halben Million Streiter an den kilikischen und syri-
schen Küsten. Wie einst Salmanassar und Nebukadnezar die
Juden nach Babylon geführt hatten, so mussten jetzt aus allen
Grenzlandschaften des neuen Reiches, aus Korduene, Adiabene,
Assyrien, Kilikien, Kappadokien die Einwohner, namentlich die
griechischen oder halbgriechischen Stadtbürger, mit ihrer ge-
sammten Habe bei Strafe der Confiscation alles dessen, was sie

DIE SULLANISCHE RESTAURATIONSHERRSCHAFT.
barn und mit den Reichsstädten seine Herrschaft Schritt vor
Schritt erweiterte und befestigte. Die gröſseren Städte Syriens,
Gaza, Stratons Thurm, Ptolemais, Beroea versuchten sich bald
als freie Gemeinden, bald unter sogenannten Tyrannen auf eigene
Hand zu behaupten; vor allen die Hauptstadt Antiochia war so
gut wie selbstständig. Damaskos und die Libanosthäler hatten
sich dem nabataeischen Fürsten Aretas von Petra unterworfen.
In Kilikien endlich herrschten die Seeräuber oder die Römer.
Und um diese in tausend Splitter zerschellende Krone fuhren die
Seleukidenprinzen, als gälte es das Königthum allen zum Spott
und zum Aergerniſs zu machen, beharrlich fort unter einander
zu hadern, ja, während alles von diesem gleich dem Hause des
Laios zu ewigem Zwiste verfluchten Geschlechte abtrünnig ward,
sogar Ansprüche auf den durch den erblosen Abgang König
Alexanders II. erledigten Thron von Aegypten zu erheben. So
fand König Tigranes hier leichtes Spiel. Das östliche Kilikien ward
ohne Schwierigkeit von ihm unterworfen und die Bürgerschaf-
ten von Soloi und anderen Städten eben wie die kappadokischen
nach Armenien abgeführt. Ebenso wurde die obere syrische
Landschaft mit Ausnahme der tapfer vertheidigten Stadt Seleu-
keia an der Mündung des Orontes und der gröſste Theil von
Phoenike mit den Waffen bezwungen; um 680 ward Ptolemais
von den Armeniern eingenommen und schon war der Judenstaat
ernstlich bedroht. Die alte Hauptstadt der Seleukiden Antiochia
ward eine der Residenzen des Groſskönigs; schon von dem
Jahre 671, dem nächsten nach dem Frieden zwischen Sulla und
Mithradates, an wird Tigranes in den syrischen Jahrbüchern als
der Landesherr bezeichnet und erscheint Kilikien und Syrien
als eine armenische Satrapie unter dem Statthalter des Groſs-
königs Magadates. Die Zeit der Könige von Ninive, der Salma-
nassar und Sanherib, schien sich zu erneuern: wieder lastete der
orientalische Despotismus schwer auf der handeltreibenden Be-
völkerung der syrischen Küste wie einst auf Tyros und Sidon;
wieder warfen binnenländische Groſsstaaten sich auf die Land-
schaften am Mittelmeer; wieder standen asiatische Heere von an-
geblich einer halben Million Streiter an den kilikischen und syri-
schen Küsten. Wie einst Salmanassar und Nebukadnezar die
Juden nach Babylon geführt hatten, so muſsten jetzt aus allen
Grenzlandschaften des neuen Reiches, aus Korduene, Adiabene,
Assyrien, Kilikien, Kappadokien die Einwohner, namentlich die
griechischen oder halbgriechischen Stadtbürger, mit ihrer ge-
sammten Habe bei Strafe der Confiscation alles dessen, was sie

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[43/0053] DIE SULLANISCHE RESTAURATIONSHERRSCHAFT. barn und mit den Reichsstädten seine Herrschaft Schritt vor Schritt erweiterte und befestigte. Die gröſseren Städte Syriens, Gaza, Stratons Thurm, Ptolemais, Beroea versuchten sich bald als freie Gemeinden, bald unter sogenannten Tyrannen auf eigene Hand zu behaupten; vor allen die Hauptstadt Antiochia war so gut wie selbstständig. Damaskos und die Libanosthäler hatten sich dem nabataeischen Fürsten Aretas von Petra unterworfen. In Kilikien endlich herrschten die Seeräuber oder die Römer. Und um diese in tausend Splitter zerschellende Krone fuhren die Seleukidenprinzen, als gälte es das Königthum allen zum Spott und zum Aergerniſs zu machen, beharrlich fort unter einander zu hadern, ja, während alles von diesem gleich dem Hause des Laios zu ewigem Zwiste verfluchten Geschlechte abtrünnig ward, sogar Ansprüche auf den durch den erblosen Abgang König Alexanders II. erledigten Thron von Aegypten zu erheben. So fand König Tigranes hier leichtes Spiel. Das östliche Kilikien ward ohne Schwierigkeit von ihm unterworfen und die Bürgerschaf- ten von Soloi und anderen Städten eben wie die kappadokischen nach Armenien abgeführt. Ebenso wurde die obere syrische Landschaft mit Ausnahme der tapfer vertheidigten Stadt Seleu- keia an der Mündung des Orontes und der gröſste Theil von Phoenike mit den Waffen bezwungen; um 680 ward Ptolemais von den Armeniern eingenommen und schon war der Judenstaat ernstlich bedroht. Die alte Hauptstadt der Seleukiden Antiochia ward eine der Residenzen des Groſskönigs; schon von dem Jahre 671, dem nächsten nach dem Frieden zwischen Sulla und Mithradates, an wird Tigranes in den syrischen Jahrbüchern als der Landesherr bezeichnet und erscheint Kilikien und Syrien als eine armenische Satrapie unter dem Statthalter des Groſs- königs Magadates. Die Zeit der Könige von Ninive, der Salma- nassar und Sanherib, schien sich zu erneuern: wieder lastete der orientalische Despotismus schwer auf der handeltreibenden Be- völkerung der syrischen Küste wie einst auf Tyros und Sidon; wieder warfen binnenländische Groſsstaaten sich auf die Land- schaften am Mittelmeer; wieder standen asiatische Heere von an- geblich einer halben Million Streiter an den kilikischen und syri- schen Küsten. Wie einst Salmanassar und Nebukadnezar die Juden nach Babylon geführt hatten, so muſsten jetzt aus allen Grenzlandschaften des neuen Reiches, aus Korduene, Adiabene, Assyrien, Kilikien, Kappadokien die Einwohner, namentlich die griechischen oder halbgriechischen Stadtbürger, mit ihrer ge- sammten Habe bei Strafe der Confiscation alles dessen, was sie

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/53>, abgerufen am 25.11.2024.