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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
lische Landschaft zu werden. Dorthin hauptsächlich, nach dem
alten Zielpunct der überseeischen Ansiedlungen der römischen
Demokratie, ward der Strom der italischen Emigration gelenkt.
Es wurde daselbst theils die alte Colonie Narbo durch neue An-
siedler verstärkt, theils in Baeterrae (Beziers) unweit Narbo, in
Arelate (Arles) und Arausio (Orange) an der Rhone und in der
neuen Hafenstadt Forum Julii (Frejus) vier neue Bürgercolonien
angelegt, deren Namen zugleich das Andenken der tapferen Le-
gionen bewahrten, die das nördliche Gallien zum Reiche gebracht
hatten.* Die nicht mit Colonisten belegten Ortschaften scheinen
zugleich, wenigstens grösstentheils, in derselben Art, wie einst
das transpadanische Keltenland (II, 230), der Romanisirung ent-
gegengeführt worden zu sein durch Verleihung latinischen Stadt-
rechts; namentlich wurde Nemausus (Nimes) als der Hauptort des
den Massalioten in Folge ihrer Auflehnung gegen Caesar aber-
kannten Gebiets (S. 369) aus einem massaliotischen Dorf in eine
latinische Stadtgemeinde umgewandelt und mit ansehnlichem Ge-
biet und selbst mit Münzrecht ausgestattet.** Indem also das cis-
alpinische Gallien von der vorbereitenden Stufe zur vollen Gleich-
stellung mit Italien fortschritt, rückte gleichzeitig die narbonen-
sische Provinz in jenes vorbereitende Stadium nach; ganz wie
bisher im cisalpinischen Gallien hatten die ansehnlichsten Ge-
meinden daselbst das volle Bürger-, die übrigen latinisches Recht.
-- In den übrigen nicht griechischen und nicht latinischen Land-

* Narbo heisst Colonie der Decimaner, Baeterrae der Septimaner, Fo-
rum Julii der Octavaner, Arelate (und überdies die latinische Colonie
Ruscino) der Sextaner, Arausio der Secundaner. Die neunte Legion fehlt,
weil sie ihre Nummer durch die Meuterei von Placentia (S. 382) entehrt
hatte. Dass übrigens die Colonisten dieser Colonien den eponymen Legio-
nen angehörten, wird nicht gesagt und ist nicht glaublich; die Veteranen
selbst wurden wenigstens der grossen Mehrzahl nach in Italien angesiedelt
(S. 465).
** Ausdrücklich überliefert ist es nicht, von wem das latinische Recht
der nicht colonisirten Ortschaften dieser Gegend und namentlich von Ne-
mausus herrührt. Aber da Caesar selbst (b. c. 1, 35) so gut wie geradezu
sagt, dass Nemausus bis 705 ein massaliotisches Dorf war; da nach dem
livianischen Bericht (Dio 41, 25; Flor. 2, 13; Oros. 6, 15) eben dieser
Theil des Gebietes den Massalioten von Caesar entzogen ward; da endlich
schon auf voraugusteischen Münzen und sodann bei Strabon die Stadt als
Gemeinde latinischen Rechts vorkommt, so kann nur Caesar der Urheber
dieser Latinitätsverleihung sein. Von Ruscino (Roussillon bei Perpignan)
und anderen im narbonensischen Gallien früh zu latinischer Stadtverfassung
gelangten Gemeinden lässt sich nur vermuthen, dass sie dieselbe gleichzeitig
mit Nemausus empfingen.

FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
lische Landschaft zu werden. Dorthin hauptsächlich, nach dem
alten Zielpunct der überseeischen Ansiedlungen der römischen
Demokratie, ward der Strom der italischen Emigration gelenkt.
Es wurde daselbst theils die alte Colonie Narbo durch neue An-
siedler verstärkt, theils in Baeterrae (Beziers) unweit Narbo, in
Arelate (Arles) und Arausio (Orange) an der Rhone und in der
neuen Hafenstadt Forum Julii (Fréjus) vier neue Bürgercolonien
angelegt, deren Namen zugleich das Andenken der tapferen Le-
gionen bewahrten, die das nördliche Gallien zum Reiche gebracht
hatten.* Die nicht mit Colonisten belegten Ortschaften scheinen
zugleich, wenigstens gröſstentheils, in derselben Art, wie einst
das transpadanische Keltenland (II, 230), der Romanisirung ent-
gegengeführt worden zu sein durch Verleihung latinischen Stadt-
rechts; namentlich wurde Nemausus (Nimes) als der Hauptort des
den Massalioten in Folge ihrer Auflehnung gegen Caesar aber-
kannten Gebiets (S. 369) aus einem massaliotischen Dorf in eine
latinische Stadtgemeinde umgewandelt und mit ansehnlichem Ge-
biet und selbst mit Münzrecht ausgestattet.** Indem also das cis-
alpinische Gallien von der vorbereitenden Stufe zur vollen Gleich-
stellung mit Italien fortschritt, rückte gleichzeitig die narbonen-
sische Provinz in jenes vorbereitende Stadium nach; ganz wie
bisher im cisalpinischen Gallien hatten die ansehnlichsten Ge-
meinden daselbst das volle Bürger-, die übrigen latinisches Recht.
— In den übrigen nicht griechischen und nicht latinischen Land-

* Narbo heiſst Colonie der Decimaner, Baeterrae der Septimaner, Fo-
rum Julii der Octavaner, Arelate (und überdies die latinische Colonie
Ruscino) der Sextaner, Arausio der Secundaner. Die neunte Legion fehlt,
weil sie ihre Nummer durch die Meuterei von Placentia (S. 382) entehrt
hatte. Daſs übrigens die Colonisten dieser Colonien den eponymen Legio-
nen angehörten, wird nicht gesagt und ist nicht glaublich; die Veteranen
selbst wurden wenigstens der groſsen Mehrzahl nach in Italien angesiedelt
(S. 465).
** Ausdrücklich überliefert ist es nicht, von wem das latinische Recht
der nicht colonisirten Ortschaften dieser Gegend und namentlich von Ne-
mausus herrührt. Aber da Caesar selbst (b. c. 1, 35) so gut wie geradezu
sagt, daſs Nemausus bis 705 ein massaliotisches Dorf war; da nach dem
livianischen Bericht (Dio 41, 25; Flor. 2, 13; Oros. 6, 15) eben dieser
Theil des Gebietes den Massalioten von Caesar entzogen ward; da endlich
schon auf voraugusteischen Münzen und sodann bei Strabon die Stadt als
Gemeinde latinischen Rechts vorkommt, so kann nur Caesar der Urheber
dieser Latinitätsverleihung sein. Von Ruscino (Roussillon bei Perpignan)
und anderen im narbonensischen Gallien früh zu latinischer Stadtverfassung
gelangten Gemeinden läſst sich nur vermuthen, daſs sie dieselbe gleichzeitig
mit Nemausus empfingen.
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[510/0520] FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. lische Landschaft zu werden. Dorthin hauptsächlich, nach dem alten Zielpunct der überseeischen Ansiedlungen der römischen Demokratie, ward der Strom der italischen Emigration gelenkt. Es wurde daselbst theils die alte Colonie Narbo durch neue An- siedler verstärkt, theils in Baeterrae (Beziers) unweit Narbo, in Arelate (Arles) und Arausio (Orange) an der Rhone und in der neuen Hafenstadt Forum Julii (Fréjus) vier neue Bürgercolonien angelegt, deren Namen zugleich das Andenken der tapferen Le- gionen bewahrten, die das nördliche Gallien zum Reiche gebracht hatten. * Die nicht mit Colonisten belegten Ortschaften scheinen zugleich, wenigstens gröſstentheils, in derselben Art, wie einst das transpadanische Keltenland (II, 230), der Romanisirung ent- gegengeführt worden zu sein durch Verleihung latinischen Stadt- rechts; namentlich wurde Nemausus (Nimes) als der Hauptort des den Massalioten in Folge ihrer Auflehnung gegen Caesar aber- kannten Gebiets (S. 369) aus einem massaliotischen Dorf in eine latinische Stadtgemeinde umgewandelt und mit ansehnlichem Ge- biet und selbst mit Münzrecht ausgestattet. ** Indem also das cis- alpinische Gallien von der vorbereitenden Stufe zur vollen Gleich- stellung mit Italien fortschritt, rückte gleichzeitig die narbonen- sische Provinz in jenes vorbereitende Stadium nach; ganz wie bisher im cisalpinischen Gallien hatten die ansehnlichsten Ge- meinden daselbst das volle Bürger-, die übrigen latinisches Recht. — In den übrigen nicht griechischen und nicht latinischen Land- * Narbo heiſst Colonie der Decimaner, Baeterrae der Septimaner, Fo- rum Julii der Octavaner, Arelate (und überdies die latinische Colonie Ruscino) der Sextaner, Arausio der Secundaner. Die neunte Legion fehlt, weil sie ihre Nummer durch die Meuterei von Placentia (S. 382) entehrt hatte. Daſs übrigens die Colonisten dieser Colonien den eponymen Legio- nen angehörten, wird nicht gesagt und ist nicht glaublich; die Veteranen selbst wurden wenigstens der groſsen Mehrzahl nach in Italien angesiedelt (S. 465). ** Ausdrücklich überliefert ist es nicht, von wem das latinische Recht der nicht colonisirten Ortschaften dieser Gegend und namentlich von Ne- mausus herrührt. Aber da Caesar selbst (b. c. 1, 35) so gut wie geradezu sagt, daſs Nemausus bis 705 ein massaliotisches Dorf war; da nach dem livianischen Bericht (Dio 41, 25; Flor. 2, 13; Oros. 6, 15) eben dieser Theil des Gebietes den Massalioten von Caesar entzogen ward; da endlich schon auf voraugusteischen Münzen und sodann bei Strabon die Stadt als Gemeinde latinischen Rechts vorkommt, so kann nur Caesar der Urheber dieser Latinitätsverleihung sein. Von Ruscino (Roussillon bei Perpignan) und anderen im narbonensischen Gallien früh zu latinischer Stadtverfassung gelangten Gemeinden läſst sich nur vermuthen, daſs sie dieselbe gleichzeitig mit Nemausus empfingen.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/520>, abgerufen am 29.11.2024.