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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
die eigenen Staatsmänner räumten öffentlich und ohne Umschweife
ein, dass der römische Name durch ganz Griechenland und Asien
unaussprechlich verhasst sei; und wenn die Bürger des pontischen
Herakleia einmal die römischen Zöllner sämmtlich erschlugen, so
war nur zu bedauern, dass dergleichen nicht öfter geschah. --
Die Optimaten spotteten über den neuen Herrn, der seine ,Meier-
höfe' einen nach dem andern selbst zu besichtigen kam; in der
That forderte der Zustand aller Provinzen den ganzen Ernst und
die ganze Weisheit eines jener seltenen Männer, denen der Kö-
nigsname es verdankt, dass er den Völkern nicht bloss gilt als
leuchtendes Exempel menschlicher Erbärmlichkeit. Die geschla-
genen Wunden musste die Zeit heilen; dass sie es konnte und
dass nicht ferner neue geschlagen wurden, dafür sorgte Caesar.
Das Verwaltungswesen ward durchgreifend umgestaltet. An die
Stelle der sullanischen Proconsuln, Proprätoren und Proquästo-
ren trat rechtlich der Imperator, der schon durch die Einheit und
die lebenslängliche Dauer seiner Macht zu den Unterthanen ein na-
türlicheres und leidlicheres Verhältniss hatte als jene zahllosen und
jährlich wechselnden kleinen Tyrannen. Die unmittelbare Ver-
waltung an Ort und Stelle übernahmen anstatt der bisherigen
wesentlich souverainen Volksbeamten die Untergebenen des Im-
perators: wo bisher der Proconsul und sein Quästor erschienen
waren gleichsam als die zur Einziehung der Brandschatzung ab-
gesandten Mitglieder einer Räuberbande, da kamen jetzt in dem
Legaten und Procurator des Regenten die wohl in Zucht gehal-
tenen Diener eines unparteiischen Herrn. Von dem Obercom-
mando, mit dem die Leitung der Rechtspflege und die admini-
strative Controle der Gemeinden auch ferner verbunden blieb,
ward das Hebewesen vollständig getrennt und jenes den kaiser-
lichen Adjutanten, dieses den kaiserlichen Bedienten übertragen,
so dass alle Provinzialbeamten entweder durch die Gesetze der
militärischen Hierarchie, oder durch die noch strengeren der
häuslichen Zucht unbedingt von dem Imperator abhängig wurden
und blieben. Statt der bisherigen schlimmer als nichtigen Con-
trole der Ritter- oder senatorischen Gerichte trat die Verantwor-
tung vor einem gerechten und unnachsichtigen Monarchen. Das
Gesetz über Erpressungen, dessen Bestimmungen Caesar schon
in seinem ersten Consulat verschärft hatte, wurde gegen die Ober-
commandanten in den Aemtern von ihm mit unerbittlicher, selbst
über den Buchstaben desselben hinausgehender Schärfe zur An-
wendung gebracht; und die Steuerbeamten gar, wenn sie ja es
wagten sich eine Unrechtfertigkeit zu erlauben, büssten ihrem

FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
die eigenen Staatsmänner räumten öffentlich und ohne Umschweife
ein, daſs der römische Name durch ganz Griechenland und Asien
unaussprechlich verhaſst sei; und wenn die Bürger des pontischen
Herakleia einmal die römischen Zöllner sämmtlich erschlugen, so
war nur zu bedauern, daſs dergleichen nicht öfter geschah. —
Die Optimaten spotteten über den neuen Herrn, der seine ‚Meier-
höfe‘ einen nach dem andern selbst zu besichtigen kam; in der
That forderte der Zustand aller Provinzen den ganzen Ernst und
die ganze Weisheit eines jener seltenen Männer, denen der Kö-
nigsname es verdankt, daſs er den Völkern nicht bloſs gilt als
leuchtendes Exempel menschlicher Erbärmlichkeit. Die geschla-
genen Wunden muſste die Zeit heilen; daſs sie es konnte und
daſs nicht ferner neue geschlagen wurden, dafür sorgte Caesar.
Das Verwaltungswesen ward durchgreifend umgestaltet. An die
Stelle der sullanischen Proconsuln, Proprätoren und Proquästo-
ren trat rechtlich der Imperator, der schon durch die Einheit und
die lebenslängliche Dauer seiner Macht zu den Unterthanen ein na-
türlicheres und leidlicheres Verhältniſs hatte als jene zahllosen und
jährlich wechselnden kleinen Tyrannen. Die unmittelbare Ver-
waltung an Ort und Stelle übernahmen anstatt der bisherigen
wesentlich souverainen Volksbeamten die Untergebenen des Im-
perators: wo bisher der Proconsul und sein Quästor erschienen
waren gleichsam als die zur Einziehung der Brandschatzung ab-
gesandten Mitglieder einer Räuberbande, da kamen jetzt in dem
Legaten und Procurator des Regenten die wohl in Zucht gehal-
tenen Diener eines unparteiischen Herrn. Von dem Obercom-
mando, mit dem die Leitung der Rechtspflege und die admini-
strative Controle der Gemeinden auch ferner verbunden blieb,
ward das Hebewesen vollständig getrennt und jenes den kaiser-
lichen Adjutanten, dieses den kaiserlichen Bedienten übertragen,
so daſs alle Provinzialbeamten entweder durch die Gesetze der
militärischen Hierarchie, oder durch die noch strengeren der
häuslichen Zucht unbedingt von dem Imperator abhängig wurden
und blieben. Statt der bisherigen schlimmer als nichtigen Con-
trole der Ritter- oder senatorischen Gerichte trat die Verantwor-
tung vor einem gerechten und unnachsichtigen Monarchen. Das
Gesetz über Erpressungen, dessen Bestimmungen Caesar schon
in seinem ersten Consulat verschärft hatte, wurde gegen die Ober-
commandanten in den Aemtern von ihm mit unerbittlicher, selbst
über den Buchstaben desselben hinausgehender Schärfe zur An-
wendung gebracht; und die Steuerbeamten gar, wenn sie ja es
wagten sich eine Unrechtfertigkeit zu erlauben, büſsten ihrem

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[502/0512] FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. die eigenen Staatsmänner räumten öffentlich und ohne Umschweife ein, daſs der römische Name durch ganz Griechenland und Asien unaussprechlich verhaſst sei; und wenn die Bürger des pontischen Herakleia einmal die römischen Zöllner sämmtlich erschlugen, so war nur zu bedauern, daſs dergleichen nicht öfter geschah. — Die Optimaten spotteten über den neuen Herrn, der seine ‚Meier- höfe‘ einen nach dem andern selbst zu besichtigen kam; in der That forderte der Zustand aller Provinzen den ganzen Ernst und die ganze Weisheit eines jener seltenen Männer, denen der Kö- nigsname es verdankt, daſs er den Völkern nicht bloſs gilt als leuchtendes Exempel menschlicher Erbärmlichkeit. Die geschla- genen Wunden muſste die Zeit heilen; daſs sie es konnte und daſs nicht ferner neue geschlagen wurden, dafür sorgte Caesar. Das Verwaltungswesen ward durchgreifend umgestaltet. An die Stelle der sullanischen Proconsuln, Proprätoren und Proquästo- ren trat rechtlich der Imperator, der schon durch die Einheit und die lebenslängliche Dauer seiner Macht zu den Unterthanen ein na- türlicheres und leidlicheres Verhältniſs hatte als jene zahllosen und jährlich wechselnden kleinen Tyrannen. Die unmittelbare Ver- waltung an Ort und Stelle übernahmen anstatt der bisherigen wesentlich souverainen Volksbeamten die Untergebenen des Im- perators: wo bisher der Proconsul und sein Quästor erschienen waren gleichsam als die zur Einziehung der Brandschatzung ab- gesandten Mitglieder einer Räuberbande, da kamen jetzt in dem Legaten und Procurator des Regenten die wohl in Zucht gehal- tenen Diener eines unparteiischen Herrn. Von dem Obercom- mando, mit dem die Leitung der Rechtspflege und die admini- strative Controle der Gemeinden auch ferner verbunden blieb, ward das Hebewesen vollständig getrennt und jenes den kaiser- lichen Adjutanten, dieses den kaiserlichen Bedienten übertragen, so daſs alle Provinzialbeamten entweder durch die Gesetze der militärischen Hierarchie, oder durch die noch strengeren der häuslichen Zucht unbedingt von dem Imperator abhängig wurden und blieben. Statt der bisherigen schlimmer als nichtigen Con- trole der Ritter- oder senatorischen Gerichte trat die Verantwor- tung vor einem gerechten und unnachsichtigen Monarchen. Das Gesetz über Erpressungen, dessen Bestimmungen Caesar schon in seinem ersten Consulat verschärft hatte, wurde gegen die Ober- commandanten in den Aemtern von ihm mit unerbittlicher, selbst über den Buchstaben desselben hinausgehender Schärfe zur An- wendung gebracht; und die Steuerbeamten gar, wenn sie ja es wagten sich eine Unrechtfertigkeit zu erlauben, büſsten ihrem

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/512>, abgerufen am 30.11.2024.