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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
die Grundlage der römischen, ja der heutigen Zinsgesetzgebung
geworden sind, so darf auch dies vielleicht auf eine Bestimmung
Caesars zurückgeführt werden. -- Hand in Hand mit diesen Be-
strebungen der Capitalübermacht zu wehren gingen die Versuche
die Bodenwirthschaft in diejenige Bahn zurückzuleiten, die dem
Gemeinwesen die förderlichste war. Sehr wesentlich war hiefür
schon die Verbesserung der Rechtspflege und der Polizei. Wenn
bisher niemand in Italien seines Lebens und seines beweglichen
oder unbeweglichen Eigenthums sicher gewesen war, wenn zum
Beispiel die römischen Bandenführer in den Zwischenzeiten, wo
ihre Leute nicht in der Hauptstadt Politik zu machen hatten, in
den Wäldern Etruriens dem Raube obgelegen oder auch die
Landgüter ihrer Soldherren durch Eroberungen arrondirt hat-
ten, so hatte dergleichen Faustrecht nunmehr ein Ende; und
vor allem die ackerbauende Bevölkerung aller Klassen musste
davon die wohlthätigen Folgen empfinden. Auch Caesars Bau-
pläne, die sich durchaus nicht auf die Hauptstadt beschränk-
ten, waren bestimmt hier einzugreifen; so sollte zum Beispiel
die Anlegung einer bequemen Fahrstrasse von Rom durch die
Apenninenpässe zum adriatischen Meer den italischen Binnen-
verkehr beleben, die Niedrigerlegung des Fucinersees der mar-
sischen Bauerlandschaft zu Gute kommen. Allein auch unmit-
telbar griff Caesar in die wirthschaftlichen Zustände Italiens ein.
Den italischen Viehzüchtern wurde auferlegt wenigstens den drit-
ten Theil ihrer Hirten aus freigeborenen erwachsenen Leuten zu
nehmen, wodurch zugleich dem Banditenwesen gesteuert und dem
freien Proletariat eine Erwerbsquelle geöffnet ward. In der agra-
rischen Frage ging Caesar, der bereits in seinem ersten Consulat
sie zu reguliren in die Lage gekommen war (S. 192), verstän-
diger als Gaius Gracchus, nicht darauf aus die Bauernwirthschaft
wiederherzustellen um jeden Preis, selbst um den einer unter ju-
ristischen Clauseln versteckten Revolution gegen das Eigenthum;
ihm wie jedem andern echten Staatsmann galt vielmehr als die
erste und unverbrüchlichste aller politischen Maximen die Sicher-
heit dessen, was Eigenthum ist oder doch im Publicum als Eigen-
thum gilt, und nur innerhalb der hierdurch gezogenen Schranken
suchte er die Hebung des italischen Kleinbesitzes, die auch ihm
als eine Lebensfrage der Nation erschien, zu bewerkstelligen. Es
liess auch so noch viel in dieser Beziehung sich thun. Jedes Pri-
vatrecht, mochte es Eigenthum oder titulirter Erbbesitz heissen,
auf Gracchus oder auf Sulla zurückgehen, ward unbedingt von
ihm respectirt. Das sämmtliche wirkliche Domanialland in Italien,

FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
die Grundlage der römischen, ja der heutigen Zinsgesetzgebung
geworden sind, so darf auch dies vielleicht auf eine Bestimmung
Caesars zurückgeführt werden. — Hand in Hand mit diesen Be-
strebungen der Capitalübermacht zu wehren gingen die Versuche
die Bodenwirthschaft in diejenige Bahn zurückzuleiten, die dem
Gemeinwesen die förderlichste war. Sehr wesentlich war hiefür
schon die Verbesserung der Rechtspflege und der Polizei. Wenn
bisher niemand in Italien seines Lebens und seines beweglichen
oder unbeweglichen Eigenthums sicher gewesen war, wenn zum
Beispiel die römischen Bandenführer in den Zwischenzeiten, wo
ihre Leute nicht in der Hauptstadt Politik zu machen hatten, in
den Wäldern Etruriens dem Raube obgelegen oder auch die
Landgüter ihrer Soldherren durch Eroberungen arrondirt hat-
ten, so hatte dergleichen Faustrecht nunmehr ein Ende; und
vor allem die ackerbauende Bevölkerung aller Klassen muſste
davon die wohlthätigen Folgen empfinden. Auch Caesars Bau-
pläne, die sich durchaus nicht auf die Hauptstadt beschränk-
ten, waren bestimmt hier einzugreifen; so sollte zum Beispiel
die Anlegung einer bequemen Fahrstraſse von Rom durch die
Apenninenpässe zum adriatischen Meer den italischen Binnen-
verkehr beleben, die Niedrigerlegung des Fucinersees der mar-
sischen Bauerlandschaft zu Gute kommen. Allein auch unmit-
telbar griff Caesar in die wirthschaftlichen Zustände Italiens ein.
Den italischen Viehzüchtern wurde auferlegt wenigstens den drit-
ten Theil ihrer Hirten aus freigeborenen erwachsenen Leuten zu
nehmen, wodurch zugleich dem Banditenwesen gesteuert und dem
freien Proletariat eine Erwerbsquelle geöffnet ward. In der agra-
rischen Frage ging Caesar, der bereits in seinem ersten Consulat
sie zu reguliren in die Lage gekommen war (S. 192), verstän-
diger als Gaius Gracchus, nicht darauf aus die Bauernwirthschaft
wiederherzustellen um jeden Preis, selbst um den einer unter ju-
ristischen Clauseln versteckten Revolution gegen das Eigenthum;
ihm wie jedem andern echten Staatsmann galt vielmehr als die
erste und unverbrüchlichste aller politischen Maximen die Sicher-
heit dessen, was Eigenthum ist oder doch im Publicum als Eigen-
thum gilt, und nur innerhalb der hierdurch gezogenen Schranken
suchte er die Hebung des italischen Kleinbesitzes, die auch ihm
als eine Lebensfrage der Nation erschien, zu bewerkstelligen. Es
lieſs auch so noch viel in dieser Beziehung sich thun. Jedes Pri-
vatrecht, mochte es Eigenthum oder titulirter Erbbesitz heiſsen,
auf Gracchus oder auf Sulla zurückgehen, ward unbedingt von
ihm respectirt. Das sämmtliche wirkliche Domanialland in Italien,

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[496/0506] FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. die Grundlage der römischen, ja der heutigen Zinsgesetzgebung geworden sind, so darf auch dies vielleicht auf eine Bestimmung Caesars zurückgeführt werden. — Hand in Hand mit diesen Be- strebungen der Capitalübermacht zu wehren gingen die Versuche die Bodenwirthschaft in diejenige Bahn zurückzuleiten, die dem Gemeinwesen die förderlichste war. Sehr wesentlich war hiefür schon die Verbesserung der Rechtspflege und der Polizei. Wenn bisher niemand in Italien seines Lebens und seines beweglichen oder unbeweglichen Eigenthums sicher gewesen war, wenn zum Beispiel die römischen Bandenführer in den Zwischenzeiten, wo ihre Leute nicht in der Hauptstadt Politik zu machen hatten, in den Wäldern Etruriens dem Raube obgelegen oder auch die Landgüter ihrer Soldherren durch Eroberungen arrondirt hat- ten, so hatte dergleichen Faustrecht nunmehr ein Ende; und vor allem die ackerbauende Bevölkerung aller Klassen muſste davon die wohlthätigen Folgen empfinden. Auch Caesars Bau- pläne, die sich durchaus nicht auf die Hauptstadt beschränk- ten, waren bestimmt hier einzugreifen; so sollte zum Beispiel die Anlegung einer bequemen Fahrstraſse von Rom durch die Apenninenpässe zum adriatischen Meer den italischen Binnen- verkehr beleben, die Niedrigerlegung des Fucinersees der mar- sischen Bauerlandschaft zu Gute kommen. Allein auch unmit- telbar griff Caesar in die wirthschaftlichen Zustände Italiens ein. Den italischen Viehzüchtern wurde auferlegt wenigstens den drit- ten Theil ihrer Hirten aus freigeborenen erwachsenen Leuten zu nehmen, wodurch zugleich dem Banditenwesen gesteuert und dem freien Proletariat eine Erwerbsquelle geöffnet ward. In der agra- rischen Frage ging Caesar, der bereits in seinem ersten Consulat sie zu reguliren in die Lage gekommen war (S. 192), verstän- diger als Gaius Gracchus, nicht darauf aus die Bauernwirthschaft wiederherzustellen um jeden Preis, selbst um den einer unter ju- ristischen Clauseln versteckten Revolution gegen das Eigenthum; ihm wie jedem andern echten Staatsmann galt vielmehr als die erste und unverbrüchlichste aller politischen Maximen die Sicher- heit dessen, was Eigenthum ist oder doch im Publicum als Eigen- thum gilt, und nur innerhalb der hierdurch gezogenen Schranken suchte er die Hebung des italischen Kleinbesitzes, die auch ihm als eine Lebensfrage der Nation erschien, zu bewerkstelligen. Es lieſs auch so noch viel in dieser Beziehung sich thun. Jedes Pri- vatrecht, mochte es Eigenthum oder titulirter Erbbesitz heiſsen, auf Gracchus oder auf Sulla zurückgehen, ward unbedingt von ihm respectirt. Das sämmtliche wirkliche Domanialland in Italien,

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/506>, abgerufen am 18.12.2024.