Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. (I, 54) wieder ins Leben: zu verschiedenen Zeiten während sei-ner Abwesenheit übertrug er die Verwaltung der Hauptstadt einem oder mehreren solchen von ihm ohne Befragung des Volkes und auf unbestimmte Zeit ernannten Stellvertretern, welche die Ge- schäfte der sämmtlichen Verwaltungsbeamten in sich vereinigten und sogar das Recht besassen mit eigenem Namen, obwohl na- türlich nicht mit eigenem Bilde Münze zu schlagen. In dem J. 707 und in den ersten neun Monaten des J. 709 gab es ferner weder Prätoren noch curulische Aedilen noch Quästoren; auch die Con- suln wurden in jenem Jahre erst im December ernannt und in diesem war gar Caesar Consul ohne Collegen. Es sieht dies ganz aus wie ein Versuch die alte königliche Gewalt auch innerhalb der Stadt Rom, bis auf die durch die demokratische Vergangenheit des neuen Monarchen gebotenen Beschränkungen, vollständig zu er- neuern, also von Beamten, ausser dem König selbst, nur den Stadt- präfecten während des Königs Abwesenheit und die zum Schutz der Volksfreiheit bestellten Tribunen und Volksaedilen bestehen zu lassen, aber das Consulat, die Censur, die Prätur, die curuli- sche Aedilität und die Quästur wieder abzuschaffen.* Indess ging Caesar hievon später wieder ab und wie er selbst den Königsnamen mied, unterliess er es auch jenen ehrwürdigen Namen den Krieg zu machen. Das Consulat ward ein reiner Titularposten, der nur insofern praktische Bedeutung hatte, als er die Anwartschaft auf eine höhere Statthalterschaft gewährte. Den Prätoren, Aedilen, Tribunen und Quästoren blieb im Wesentlichen ihre bisherige for- melle Competenz; allein ihre Stellung ward dennoch eine gänzlich andere. Es war der politische Grundgedanke der Republik, dass das römische Reich in der Stadt Rom aufgehe, und desshalb waren consequent die hauptstädtischen Municipal- durchaus als Reichs- beamte behandelt worden. In Caesars Monarchie fiel mit jener Auffassung auch diese Folge weg, die Beamten Roms constituir- ten fortan nur die erste unter den vielen Municipalitäten des Rei- ches. Das Schicksal, das die römische Gemeinde den unterworfe- nen zu bereiten gewohnt gewesen, widerfuhr durch Caesar ihr sel- ber: ihre Souveränetät über das römische Reich verwandelte sich in eine beschränkte Communalfreiheit innerhalb des römischen * Daher
denn auch die vorsichtigen Wendungen bei Erwähnung dieser Aemter in Caesars Gesetzen: cum censor aliusve quis magistratus Romae populi censum aget (l. Iul. mun. 2. 144); praetor isre quei Romae iure deicundo praeerit (l. Rubr. oft): quaestor urbanus queire aerario praeerit (l. Iul. mun. 2. 37 u. ö.) FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. (I, 54) wieder ins Leben: zu verschiedenen Zeiten während sei-ner Abwesenheit übertrug er die Verwaltung der Hauptstadt einem oder mehreren solchen von ihm ohne Befragung des Volkes und auf unbestimmte Zeit ernannten Stellvertretern, welche die Ge- schäfte der sämmtlichen Verwaltungsbeamten in sich vereinigten und sogar das Recht besaſsen mit eigenem Namen, obwohl na- türlich nicht mit eigenem Bilde Münze zu schlagen. In dem J. 707 und in den ersten neun Monaten des J. 709 gab es ferner weder Prätoren noch curulische Aedilen noch Quästoren; auch die Con- suln wurden in jenem Jahre erst im December ernannt und in diesem war gar Caesar Consul ohne Collegen. Es sieht dies ganz aus wie ein Versuch die alte königliche Gewalt auch innerhalb der Stadt Rom, bis auf die durch die demokratische Vergangenheit des neuen Monarchen gebotenen Beschränkungen, vollständig zu er- neuern, also von Beamten, auſser dem König selbst, nur den Stadt- präfecten während des Königs Abwesenheit und die zum Schutz der Volksfreiheit bestellten Tribunen und Volksaedilen bestehen zu lassen, aber das Consulat, die Censur, die Prätur, die curuli- sche Aedilität und die Quästur wieder abzuschaffen.* Indeſs ging Caesar hievon später wieder ab und wie er selbst den Königsnamen mied, unterlieſs er es auch jenen ehrwürdigen Namen den Krieg zu machen. Das Consulat ward ein reiner Titularposten, der nur insofern praktische Bedeutung hatte, als er die Anwartschaft auf eine höhere Statthalterschaft gewährte. Den Prätoren, Aedilen, Tribunen und Quästoren blieb im Wesentlichen ihre bisherige for- melle Competenz; allein ihre Stellung ward dennoch eine gänzlich andere. Es war der politische Grundgedanke der Republik, daſs das römische Reich in der Stadt Rom aufgehe, und deſshalb waren consequent die hauptstädtischen Municipal- durchaus als Reichs- beamte behandelt worden. In Caesars Monarchie fiel mit jener Auffassung auch diese Folge weg, die Beamten Roms constituir- ten fortan nur die erste unter den vielen Municipalitäten des Rei- ches. Das Schicksal, das die römische Gemeinde den unterworfe- nen zu bereiten gewohnt gewesen, widerfuhr durch Caesar ihr sel- ber: ihre Souveränetät über das römische Reich verwandelte sich in eine beschränkte Communalfreiheit innerhalb des römischen * Daher
denn auch die vorsichtigen Wendungen bei Erwähnung dieser Aemter in Caesars Gesetzen: cum censor aliusve quis magistratus Romae populi censum aget (l. Iul. mun. 2. 144); praetor isre quei Romae iure deicundo praeerit (l. Rubr. oft): quaestor urbanus queire aerario praeerit (l. Iul. mun. 2. 37 u. ö.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0466" n="456"/><fw place="top" type="header">FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.</fw><lb/> (I, 54) wieder ins Leben: zu verschiedenen Zeiten während sei-<lb/> ner Abwesenheit übertrug er die Verwaltung der Hauptstadt einem<lb/> oder mehreren solchen von ihm ohne Befragung des Volkes und<lb/> auf unbestimmte Zeit ernannten Stellvertretern, welche die Ge-<lb/> schäfte der sämmtlichen Verwaltungsbeamten in sich vereinigten<lb/> und sogar das Recht besaſsen mit eigenem Namen, obwohl na-<lb/> türlich nicht mit eigenem Bilde Münze zu schlagen. In dem J. 707<lb/> und in den ersten neun Monaten des J. 709 gab es ferner weder<lb/> Prätoren noch curulische Aedilen noch Quästoren; auch die Con-<lb/> suln wurden in jenem Jahre erst im December ernannt und in<lb/> diesem war gar Caesar Consul ohne Collegen. Es sieht dies ganz<lb/> aus wie ein Versuch die alte königliche Gewalt auch innerhalb der<lb/> Stadt Rom, bis auf die durch die demokratische Vergangenheit des<lb/> neuen Monarchen gebotenen Beschränkungen, vollständig zu er-<lb/> neuern, also von Beamten, auſser dem König selbst, nur den Stadt-<lb/> präfecten während des Königs Abwesenheit und die zum Schutz<lb/> der Volksfreiheit bestellten Tribunen und Volksaedilen bestehen<lb/> zu lassen, aber das Consulat, die Censur, die Prätur, die curuli-<lb/> sche Aedilität und die Quästur wieder abzuschaffen.<note place="foot" n="*">Daher<lb/> denn auch die vorsichtigen Wendungen bei Erwähnung dieser<lb/> Aemter in Caesars Gesetzen: <hi rendition="#i">cum censor aliusve quis magistratus Romae<lb/> populi censum aget (l. Iul. mun. 2. 144); praetor isre quei Romae iure<lb/> deicundo praeerit (l. Rubr. oft): quaestor urbanus queire aerario praeerit<lb/> (l. Iul. mun. 2. 37 u. ö.)</hi></note> Indeſs ging<lb/> Caesar hievon später wieder ab und wie er selbst den Königsnamen<lb/> mied, unterlieſs er es auch jenen ehrwürdigen Namen den Krieg<lb/> zu machen. Das Consulat ward ein reiner Titularposten, der nur<lb/> insofern praktische Bedeutung hatte, als er die Anwartschaft auf<lb/> eine höhere Statthalterschaft gewährte. Den Prätoren, Aedilen,<lb/> Tribunen und Quästoren blieb im Wesentlichen ihre bisherige for-<lb/> melle Competenz; allein ihre Stellung ward dennoch eine gänzlich<lb/> andere. Es war der politische Grundgedanke der Republik, daſs<lb/> das römische Reich in der Stadt Rom aufgehe, und deſshalb waren<lb/> consequent die hauptstädtischen Municipal- durchaus als Reichs-<lb/> beamte behandelt worden. In Caesars Monarchie fiel mit jener<lb/> Auffassung auch diese Folge weg, die Beamten Roms constituir-<lb/> ten fortan nur die erste unter den vielen Municipalitäten des Rei-<lb/> ches. Das Schicksal, das die römische Gemeinde den unterworfe-<lb/> nen zu bereiten gewohnt gewesen, widerfuhr durch Caesar ihr sel-<lb/> ber: ihre Souveränetät über das römische Reich verwandelte sich<lb/> in eine beschränkte Communalfreiheit innerhalb des römischen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [456/0466]
FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
(I, 54) wieder ins Leben: zu verschiedenen Zeiten während sei-
ner Abwesenheit übertrug er die Verwaltung der Hauptstadt einem
oder mehreren solchen von ihm ohne Befragung des Volkes und
auf unbestimmte Zeit ernannten Stellvertretern, welche die Ge-
schäfte der sämmtlichen Verwaltungsbeamten in sich vereinigten
und sogar das Recht besaſsen mit eigenem Namen, obwohl na-
türlich nicht mit eigenem Bilde Münze zu schlagen. In dem J. 707
und in den ersten neun Monaten des J. 709 gab es ferner weder
Prätoren noch curulische Aedilen noch Quästoren; auch die Con-
suln wurden in jenem Jahre erst im December ernannt und in
diesem war gar Caesar Consul ohne Collegen. Es sieht dies ganz
aus wie ein Versuch die alte königliche Gewalt auch innerhalb der
Stadt Rom, bis auf die durch die demokratische Vergangenheit des
neuen Monarchen gebotenen Beschränkungen, vollständig zu er-
neuern, also von Beamten, auſser dem König selbst, nur den Stadt-
präfecten während des Königs Abwesenheit und die zum Schutz
der Volksfreiheit bestellten Tribunen und Volksaedilen bestehen
zu lassen, aber das Consulat, die Censur, die Prätur, die curuli-
sche Aedilität und die Quästur wieder abzuschaffen. * Indeſs ging
Caesar hievon später wieder ab und wie er selbst den Königsnamen
mied, unterlieſs er es auch jenen ehrwürdigen Namen den Krieg
zu machen. Das Consulat ward ein reiner Titularposten, der nur
insofern praktische Bedeutung hatte, als er die Anwartschaft auf
eine höhere Statthalterschaft gewährte. Den Prätoren, Aedilen,
Tribunen und Quästoren blieb im Wesentlichen ihre bisherige for-
melle Competenz; allein ihre Stellung ward dennoch eine gänzlich
andere. Es war der politische Grundgedanke der Republik, daſs
das römische Reich in der Stadt Rom aufgehe, und deſshalb waren
consequent die hauptstädtischen Municipal- durchaus als Reichs-
beamte behandelt worden. In Caesars Monarchie fiel mit jener
Auffassung auch diese Folge weg, die Beamten Roms constituir-
ten fortan nur die erste unter den vielen Municipalitäten des Rei-
ches. Das Schicksal, das die römische Gemeinde den unterworfe-
nen zu bereiten gewohnt gewesen, widerfuhr durch Caesar ihr sel-
ber: ihre Souveränetät über das römische Reich verwandelte sich
in eine beschränkte Communalfreiheit innerhalb des römischen
* Daher
denn auch die vorsichtigen Wendungen bei Erwähnung dieser
Aemter in Caesars Gesetzen: cum censor aliusve quis magistratus Romae
populi censum aget (l. Iul. mun. 2. 144); praetor isre quei Romae iure
deicundo praeerit (l. Rubr. oft): quaestor urbanus queire aerario praeerit
(l. Iul. mun. 2. 37 u. ö.)
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