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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
händler, mit Geldbussen davon. Aber auch den Uebrigen ward
fast ohne Ausnahme Freiheit und Vermögen zurückgegeben,
wenn sie nur es über sich gewannen desshalb bittend bei Caesar
einzukommen; manchem, der dessen sich weigerte, wie zum Bei-
spiel dem Consular Marcus Marcellus, ward die Begnadigung
auch ungebeten octroyirt und endlich im J. 710 für alle noch
nicht Begnadigten eine allgemeine Amnestie erlassen. -- Dass
durch all diese weise und hochherzige Mässigung die republika-
nische Opposition sich nicht beschwichtigen, geschweige denn
brechen liess, konnte Niemand und am wenigsten Caesar selbst
überraschen. Unzufriedenheit mit der neuen Ordnung der Dinge
und Erbitterung gegen den ungewohnten Herrscher waren allge-
mein. Zu offenem politischen Widerstand gab es freilich keine
Gelegenheit mehr -- es kam kaum in Betracht, dass einige oppo-
sitionelle Tribune bei Gelegenheit der Titelfrage durch demon-
stratives Einschreiten gegen die, welche Caesar König genannt
hatten, sich die republikanische Märtyrerkrone erwarben --; aber
um so entschiedener äusserte der Republikanismus sich als Gesin-
nungsopposition und im geheimen Treiben und Wühlen. Keine
Hand regte sich, wenn der Imperator öffentlich erschien. Es reg-
nete Maueranschläge und Spottverse voll bitterer und treffender
Volkssatire. Wo ein Komödiant eine republikanische Anspielung
wagte, begrüsste ihn der lauteste Beifall. Catos Lob und Preis war
das Modethema der oppositionellen Broschürenscheiber und die
Schriften derselben fanden ein nur um so dankbareres Publicum,
weil auch die Litteratur nicht mehr frei war. Caesar bekämpfte
zwar auch jetzt noch die Republikaner auf dem eigenen Gebiet;
er selbst und seine fähigeren Vertrauten replicirten auf die Cato-
litteratur mit Anticatonen und es ward zwischen den republika-
nischen und den caesarianischen Scribenten um den todten Mann
von Utica gestritten wie zwischen Troern und Hellenen um die
Leiche des Patroklos; allein es verstand sich von selbst, dass in
diesem Kampfe, in dem das durchaus republikanisch gestimmte
Publicum Richter war, die Caesarianer den Kürzeren zogen. Es
blieb nichts übrig als die Schriftsteller zu terrorisiren; wesshalb
denn unter den Verbannten die litterarisch bekannten und ge-
fährlichen Männer, wie Publius Nigidius Figulus und Aulus Cae-
cina, am schwersten die Erlaubniss zur Rückkehr nach Italien
erhielten, über die in Italien geduldeten oppositionellen Schrift-
steller aber eine thatsächliche Censur verhängt ward, die darum
um so schwerer fesselte, weil das Mass der zu befürchtenden

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händler, mit Geldbuſsen davon. Aber auch den Uebrigen ward
fast ohne Ausnahme Freiheit und Vermögen zurückgegeben,
wenn sie nur es über sich gewannen deſshalb bittend bei Caesar
einzukommen; manchem, der dessen sich weigerte, wie zum Bei-
spiel dem Consular Marcus Marcellus, ward die Begnadigung
auch ungebeten octroyirt und endlich im J. 710 für alle noch
nicht Begnadigten eine allgemeine Amnestie erlassen. — Daſs
durch all diese weise und hochherzige Mäſsigung die republika-
nische Opposition sich nicht beschwichtigen, geschweige denn
brechen lieſs, konnte Niemand und am wenigsten Caesar selbst
überraschen. Unzufriedenheit mit der neuen Ordnung der Dinge
und Erbitterung gegen den ungewohnten Herrscher waren allge-
mein. Zu offenem politischen Widerstand gab es freilich keine
Gelegenheit mehr — es kam kaum in Betracht, daſs einige oppo-
sitionelle Tribune bei Gelegenheit der Titelfrage durch demon-
stratives Einschreiten gegen die, welche Caesar König genannt
hatten, sich die republikanische Märtyrerkrone erwarben —; aber
um so entschiedener äuſserte der Republikanismus sich als Gesin-
nungsopposition und im geheimen Treiben und Wühlen. Keine
Hand regte sich, wenn der Imperator öffentlich erschien. Es reg-
nete Maueranschläge und Spottverse voll bitterer und treffender
Volkssatire. Wo ein Komödiant eine republikanische Anspielung
wagte, begrüſste ihn der lauteste Beifall. Catos Lob und Preis war
das Modethema der oppositionellen Broschürenscheiber und die
Schriften derselben fanden ein nur um so dankbareres Publicum,
weil auch die Litteratur nicht mehr frei war. Caesar bekämpfte
zwar auch jetzt noch die Republikaner auf dem eigenen Gebiet;
er selbst und seine fähigeren Vertrauten replicirten auf die Cato-
litteratur mit Anticatonen und es ward zwischen den republika-
nischen und den caesarianischen Scribenten um den todten Mann
von Utica gestritten wie zwischen Troern und Hellenen um die
Leiche des Patroklos; allein es verstand sich von selbst, daſs in
diesem Kampfe, in dem das durchaus republikanisch gestimmte
Publicum Richter war, die Caesarianer den Kürzeren zogen. Es
blieb nichts übrig als die Schriftsteller zu terrorisiren; weſshalb
denn unter den Verbannten die litterarisch bekannten und ge-
fährlichen Männer, wie Publius Nigidius Figulus und Aulus Cae-
cina, am schwersten die Erlaubniſs zur Rückkehr nach Italien
erhielten, über die in Italien geduldeten oppositionellen Schrift-
steller aber eine thatsächliche Censur verhängt ward, die darum
um so schwerer fesselte, weil das Maſs der zu befürchtenden

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[440/0450] FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. händler, mit Geldbuſsen davon. Aber auch den Uebrigen ward fast ohne Ausnahme Freiheit und Vermögen zurückgegeben, wenn sie nur es über sich gewannen deſshalb bittend bei Caesar einzukommen; manchem, der dessen sich weigerte, wie zum Bei- spiel dem Consular Marcus Marcellus, ward die Begnadigung auch ungebeten octroyirt und endlich im J. 710 für alle noch nicht Begnadigten eine allgemeine Amnestie erlassen. — Daſs durch all diese weise und hochherzige Mäſsigung die republika- nische Opposition sich nicht beschwichtigen, geschweige denn brechen lieſs, konnte Niemand und am wenigsten Caesar selbst überraschen. Unzufriedenheit mit der neuen Ordnung der Dinge und Erbitterung gegen den ungewohnten Herrscher waren allge- mein. Zu offenem politischen Widerstand gab es freilich keine Gelegenheit mehr — es kam kaum in Betracht, daſs einige oppo- sitionelle Tribune bei Gelegenheit der Titelfrage durch demon- stratives Einschreiten gegen die, welche Caesar König genannt hatten, sich die republikanische Märtyrerkrone erwarben —; aber um so entschiedener äuſserte der Republikanismus sich als Gesin- nungsopposition und im geheimen Treiben und Wühlen. Keine Hand regte sich, wenn der Imperator öffentlich erschien. Es reg- nete Maueranschläge und Spottverse voll bitterer und treffender Volkssatire. Wo ein Komödiant eine republikanische Anspielung wagte, begrüſste ihn der lauteste Beifall. Catos Lob und Preis war das Modethema der oppositionellen Broschürenscheiber und die Schriften derselben fanden ein nur um so dankbareres Publicum, weil auch die Litteratur nicht mehr frei war. Caesar bekämpfte zwar auch jetzt noch die Republikaner auf dem eigenen Gebiet; er selbst und seine fähigeren Vertrauten replicirten auf die Cato- litteratur mit Anticatonen und es ward zwischen den republika- nischen und den caesarianischen Scribenten um den todten Mann von Utica gestritten wie zwischen Troern und Hellenen um die Leiche des Patroklos; allein es verstand sich von selbst, daſs in diesem Kampfe, in dem das durchaus republikanisch gestimmte Publicum Richter war, die Caesarianer den Kürzeren zogen. Es blieb nichts übrig als die Schriftsteller zu terrorisiren; weſshalb denn unter den Verbannten die litterarisch bekannten und ge- fährlichen Männer, wie Publius Nigidius Figulus und Aulus Cae- cina, am schwersten die Erlaubniſs zur Rückkehr nach Italien erhielten, über die in Italien geduldeten oppositionellen Schrift- steller aber eine thatsächliche Censur verhängt ward, die darum um so schwerer fesselte, weil das Maſs der zu befürchtenden

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/450>, abgerufen am 18.12.2024.