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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL X.
aus den mit Labienus eingetroffenen Kelten und Deutschen und
allerlei darunter eingereihten Leuten, war ohne Jubas römisch ge-
rüstete Reiterschaar 1600 Mann stark. Die leichten Truppen be-
standen aus zahllosen Massen numidischer Reiter ohne Zaum und
Zügel und bloss mit Wurfspeeren bewaffnet, aus einer Anzahl be-
rittener Bogenschützen und grossen Schwärmen von Schützen zu
Fuss. Dazu kamen endlich Jubas 120 Elephanten und die von
Publius Varus und Marcus Octavius befehligte 55 Segel starke
Flotte. Dem drückenden Geldmangel wurde einigermassen durch
eine Selbstbesteuerung des Senats abgeholfen, die um so ergiebi-
ger war, als die reichsten africanischen Capitalisten in denselben
einzutreten veranlasst worden waren. Getreide und andere Vor-
räthe hatte man in den vertheidigungsfähigen Festungen in unge-
heuren Massen aufgehäuft, während zugleich aus den offenen Ort-
schaften die Vorräthe möglichst entfernt worden waren. Die Ab-
wesenheit Caesars, die schwierige Stimmung seiner Legionen, die
Gährung in Spanien und Italien hoben allmählich die Stimmung
und die Erinnerung an die pharsalische Schlacht fing an neuen
Siegeshoffnungen zu weichen. -- Die von Caesar im Osten verlo-
rene Zeit rächte nirgends sich schwerer als hier. Hätte er unmit-
telbar nach Pompeius Tod sich nach Africa gewendet, so würde
er daselbst ein schwaches, desorganisirtes und consternirtes Heer
und vollständige Anarchie unter den Führern vorgefunden haben;
wogegen jetzt, namentlich durch Catos Energie, eine der bei Phar-
salos geschlagenen an Zahl gleiche Armee unter namhaften Füh-
rern und unter einer gesicherten Oberleitung in Africa stand.

Es schien überhaupt über dieser africanischen Expedition
Caesars ein eigener Unstern zu walten. Caesar hatte noch vor sei-
ner Einschiffung nach Aegypten in Spanien und Italien verschie-
dene Massregeln zur Einleitung und Vorbereitung des africani-
schen Krieges angeordnet; aus allen aber war nichts als Unheil
entsprungen. Von Spanien aus sollte, Caesars Anordnung zufolge,
der Statthalter der südlichen Provinz Quintus Cassius Longinus
mit vier Legionen nach Africa übersetzen, dort den König Bogud
von Westmauretanien* an sich ziehen und mit ihm gegen Numi-

* Die Staatengestaltung im nordwestlichen Africa während dieser Zeit
liegt sehr im Dunkel. Nach dem jugurthinischen Kriege herrschte König Boe-
chus von Mauretanien wahrscheinlich vom westlichen Meer bis zum Hafen
von Saldae in dem heutigen Marocco und Algier (II, 149); die Fürsten von
Tingis (Tanger), die allerdings schon früher vorkommen (Plut. Sert. 9) und
zu denen wahrscheinlich Sallusts (hist. 2, 31 Kritz) Leptasta und Ciceros (in
Vat.
5, 12) Mastanesosus gehören, mögen in beschränkten Grenzen selbst-

FÜNFTES BUCH. KAPITEL X.
aus den mit Labienus eingetroffenen Kelten und Deutschen und
allerlei darunter eingereihten Leuten, war ohne Jubas römisch ge-
rüstete Reiterschaar 1600 Mann stark. Die leichten Truppen be-
standen aus zahllosen Massen numidischer Reiter ohne Zaum und
Zügel und bloſs mit Wurfspeeren bewaffnet, aus einer Anzahl be-
rittener Bogenschützen und groſsen Schwärmen von Schützen zu
Fuſs. Dazu kamen endlich Jubas 120 Elephanten und die von
Publius Varus und Marcus Octavius befehligte 55 Segel starke
Flotte. Dem drückenden Geldmangel wurde einigermaſsen durch
eine Selbstbesteuerung des Senats abgeholfen, die um so ergiebi-
ger war, als die reichsten africanischen Capitalisten in denselben
einzutreten veranlaſst worden waren. Getreide und andere Vor-
räthe hatte man in den vertheidigungsfähigen Festungen in unge-
heuren Massen aufgehäuft, während zugleich aus den offenen Ort-
schaften die Vorräthe möglichst entfernt worden waren. Die Ab-
wesenheit Caesars, die schwierige Stimmung seiner Legionen, die
Gährung in Spanien und Italien hoben allmählich die Stimmung
und die Erinnerung an die pharsalische Schlacht fing an neuen
Siegeshoffnungen zu weichen. — Die von Caesar im Osten verlo-
rene Zeit rächte nirgends sich schwerer als hier. Hätte er unmit-
telbar nach Pompeius Tod sich nach Africa gewendet, so würde
er daselbst ein schwaches, desorganisirtes und consternirtes Heer
und vollständige Anarchie unter den Führern vorgefunden haben;
wogegen jetzt, namentlich durch Catos Energie, eine der bei Phar-
salos geschlagenen an Zahl gleiche Armee unter namhaften Füh-
rern und unter einer gesicherten Oberleitung in Africa stand.

Es schien überhaupt über dieser africanischen Expedition
Caesars ein eigener Unstern zu walten. Caesar hatte noch vor sei-
ner Einschiffung nach Aegypten in Spanien und Italien verschie-
dene Maſsregeln zur Einleitung und Vorbereitung des africani-
schen Krieges angeordnet; aus allen aber war nichts als Unheil
entsprungen. Von Spanien aus sollte, Caesars Anordnung zufolge,
der Statthalter der südlichen Provinz Quintus Cassius Longinus
mit vier Legionen nach Africa übersetzen, dort den König Bogud
von Westmauretanien* an sich ziehen und mit ihm gegen Numi-

* Die Staatengestaltung im nordwestlichen Africa während dieser Zeit
liegt sehr im Dunkel. Nach dem jugurthinischen Kriege herrschte König Boe-
chus von Mauretanien wahrscheinlich vom westlichen Meer bis zum Hafen
von Saldae in dem heutigen Marocco und Algier (II, 149); die Fürsten von
Tingis (Tanger), die allerdings schon früher vorkommen (Plut. Sert. 9) und
zu denen wahrscheinlich Sallusts (hist. 2, 31 Kritz) Leptasta und Ciceros (in
Vat.
5, 12) Mastanesosus gehören, mögen in beschränkten Grenzen selbst-
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[416/0426] FÜNFTES BUCH. KAPITEL X. aus den mit Labienus eingetroffenen Kelten und Deutschen und allerlei darunter eingereihten Leuten, war ohne Jubas römisch ge- rüstete Reiterschaar 1600 Mann stark. Die leichten Truppen be- standen aus zahllosen Massen numidischer Reiter ohne Zaum und Zügel und bloſs mit Wurfspeeren bewaffnet, aus einer Anzahl be- rittener Bogenschützen und groſsen Schwärmen von Schützen zu Fuſs. Dazu kamen endlich Jubas 120 Elephanten und die von Publius Varus und Marcus Octavius befehligte 55 Segel starke Flotte. Dem drückenden Geldmangel wurde einigermaſsen durch eine Selbstbesteuerung des Senats abgeholfen, die um so ergiebi- ger war, als die reichsten africanischen Capitalisten in denselben einzutreten veranlaſst worden waren. Getreide und andere Vor- räthe hatte man in den vertheidigungsfähigen Festungen in unge- heuren Massen aufgehäuft, während zugleich aus den offenen Ort- schaften die Vorräthe möglichst entfernt worden waren. Die Ab- wesenheit Caesars, die schwierige Stimmung seiner Legionen, die Gährung in Spanien und Italien hoben allmählich die Stimmung und die Erinnerung an die pharsalische Schlacht fing an neuen Siegeshoffnungen zu weichen. — Die von Caesar im Osten verlo- rene Zeit rächte nirgends sich schwerer als hier. Hätte er unmit- telbar nach Pompeius Tod sich nach Africa gewendet, so würde er daselbst ein schwaches, desorganisirtes und consternirtes Heer und vollständige Anarchie unter den Führern vorgefunden haben; wogegen jetzt, namentlich durch Catos Energie, eine der bei Phar- salos geschlagenen an Zahl gleiche Armee unter namhaften Füh- rern und unter einer gesicherten Oberleitung in Africa stand. Es schien überhaupt über dieser africanischen Expedition Caesars ein eigener Unstern zu walten. Caesar hatte noch vor sei- ner Einschiffung nach Aegypten in Spanien und Italien verschie- dene Maſsregeln zur Einleitung und Vorbereitung des africani- schen Krieges angeordnet; aus allen aber war nichts als Unheil entsprungen. Von Spanien aus sollte, Caesars Anordnung zufolge, der Statthalter der südlichen Provinz Quintus Cassius Longinus mit vier Legionen nach Africa übersetzen, dort den König Bogud von Westmauretanien * an sich ziehen und mit ihm gegen Numi- * Die Staatengestaltung im nordwestlichen Africa während dieser Zeit liegt sehr im Dunkel. Nach dem jugurthinischen Kriege herrschte König Boe- chus von Mauretanien wahrscheinlich vom westlichen Meer bis zum Hafen von Saldae in dem heutigen Marocco und Algier (II, 149); die Fürsten von Tingis (Tanger), die allerdings schon früher vorkommen (Plut. Sert. 9) und zu denen wahrscheinlich Sallusts (hist. 2, 31 Kritz) Leptasta und Ciceros (in Vat. 5, 12) Mastanesosus gehören, mögen in beschränkten Grenzen selbst-

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/426>, abgerufen am 18.12.2024.