Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.PHARSALOS. wie vor Alesia, zu dieser inneren Linie noch eine zweite äussere,um sich vor Angriffen von Dyrrhachion aus und vor den mit Hülfe der Flotte so leicht ausführbaren Umgehungen zu schützen. Pom- peius machte keinen Versuch durch eine Schlacht die Einschlies- sung zu hindern, sondern begnügte sich auch seinerseits um sein Lager herum eine Anzahl Schanzen anzulegen und dieselben durch Linien mit einander zu verbinden. Die Erdarbeiten fanden statt unter beständigen Gefechten, indem man beiderseits die Schanzen möglichst weit vorzurücken bemüht war, Pompeius auch mehr- mals einzelne Schanzen der Feinde mit überlegenen Streitkräften angriff um die feindliche Linie zu sprengen. Durchgängig behielt in diesen Scharmützeln die erprobte Tapferkeit der Caesarianer die Oberhand; wie denn zum Beispiel einmal eine einzige Cohorte sich gegen vier Legionen mehrere Stunden lang in ihrer Schanze hielt, bis Unterstützung herbeikam. Andrerseits misslangen Cae- sars Versuche sich Dyrrhachions zu bemächtigen, wo er Einver- ständnisse hatte, durch die Dazwischenkunft der Flotte. Unauf- hörlich ward an den verschiedensten Puncten -- an einem der heissesten Tage an sechs Stellen zugleich -- gefochten, ein Haupt- erfolg aber auf keiner Seite erreicht. Doch machten sich die Fol- gen der Einschliessung den Pompeianern allmählich in drücken- der Weise fühlbar. Die Stauung der von den Höhen in die Ebene sich ergiessenden Bäche nöthigte sie sich mit sparsamem und schlechtem Brunnenwasser zu begnügen. Noch empfindlicher war der Mangel an Futter für die Lastthiere und die Pferde, dem auch die Flotte nicht genügend abzuhelfen vermochte; sie fielen zahlreich und es half nur wenig, dass die Pferde durch die Flotte nach Dyrrhachion geschafft wurden, da sie auch hier nicht viel mehr Futter fanden. Lange konnte Pompeius nicht mehr zögern sich durch einen gegen den Feind geführten Schlag aus seiner unbequemen Lage zu befreien. Da ward er durch keltische Ueber- läufer in Kenntniss gesetzt, dass der Feind es versäumt habe den Strand zwischen seinen beiden 600 Fuss von einander entfern- ten Schanzenketten durch einen Querwall zu sichern. Hierauf baute er seinen Plan. Während er die innere Linie der Verschan- zungen Caesars vom Lager aus durch die Legionen, die äussere durch die auf Schiffe gesetzten und jenseit der feindlichen Ver- schanzungen gelandeten leichten Truppen angreifen liess, landete eine dritte Abtheilung in dem Zwischenraum zwischen beiden Linien und griff die schon hinreichend beschäftigten Besatzungen derselben im Rücken an. Die zunächst am Meer befindliche Schanze wurde genommen und die Besatzung floh in wilder Ver- 25*
PHARSALOS. wie vor Alesia, zu dieser inneren Linie noch eine zweite äuſsere,um sich vor Angriffen von Dyrrhachion aus und vor den mit Hülfe der Flotte so leicht ausführbaren Umgehungen zu schützen. Pom- peius machte keinen Versuch durch eine Schlacht die Einschlies- sung zu hindern, sondern begnügte sich auch seinerseits um sein Lager herum eine Anzahl Schanzen anzulegen und dieselben durch Linien mit einander zu verbinden. Die Erdarbeiten fanden statt unter beständigen Gefechten, indem man beiderseits die Schanzen möglichst weit vorzurücken bemüht war, Pompeius auch mehr- mals einzelne Schanzen der Feinde mit überlegenen Streitkräften angriff um die feindliche Linie zu sprengen. Durchgängig behielt in diesen Scharmützeln die erprobte Tapferkeit der Caesarianer die Oberhand; wie denn zum Beispiel einmal eine einzige Cohorte sich gegen vier Legionen mehrere Stunden lang in ihrer Schanze hielt, bis Unterstützung herbeikam. Andrerseits miſslangen Cae- sars Versuche sich Dyrrhachions zu bemächtigen, wo er Einver- ständnisse hatte, durch die Dazwischenkunft der Flotte. Unauf- hörlich ward an den verschiedensten Puncten — an einem der heiſsesten Tage an sechs Stellen zugleich — gefochten, ein Haupt- erfolg aber auf keiner Seite erreicht. Doch machten sich die Fol- gen der Einschlieſsung den Pompeianern allmählich in drücken- der Weise fühlbar. Die Stauung der von den Höhen in die Ebene sich ergieſsenden Bäche nöthigte sie sich mit sparsamem und schlechtem Brunnenwasser zu begnügen. Noch empfindlicher war der Mangel an Futter für die Lastthiere und die Pferde, dem auch die Flotte nicht genügend abzuhelfen vermochte; sie fielen zahlreich und es half nur wenig, daſs die Pferde durch die Flotte nach Dyrrhachion geschafft wurden, da sie auch hier nicht viel mehr Futter fanden. Lange konnte Pompeius nicht mehr zögern sich durch einen gegen den Feind geführten Schlag aus seiner unbequemen Lage zu befreien. Da ward er durch keltische Ueber- läufer in Kenntniſs gesetzt, daſs der Feind es versäumt habe den Strand zwischen seinen beiden 600 Fuſs von einander entfern- ten Schanzenketten durch einen Querwall zu sichern. Hierauf baute er seinen Plan. Während er die innere Linie der Verschan- zungen Caesars vom Lager aus durch die Legionen, die äuſsere durch die auf Schiffe gesetzten und jenseit der feindlichen Ver- schanzungen gelandeten leichten Truppen angreifen lieſs, landete eine dritte Abtheilung in dem Zwischenraum zwischen beiden Linien und griff die schon hinreichend beschäftigten Besatzungen derselben im Rücken an. Die zunächst am Meer befindliche Schanze wurde genommen und die Besatzung floh in wilder Ver- 25*
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PHARSALOS.
wie vor Alesia, zu dieser inneren Linie noch eine zweite äuſsere,
um sich vor Angriffen von Dyrrhachion aus und vor den mit Hülfe
der Flotte so leicht ausführbaren Umgehungen zu schützen. Pom-
peius machte keinen Versuch durch eine Schlacht die Einschlies-
sung zu hindern, sondern begnügte sich auch seinerseits um sein
Lager herum eine Anzahl Schanzen anzulegen und dieselben durch
Linien mit einander zu verbinden. Die Erdarbeiten fanden statt
unter beständigen Gefechten, indem man beiderseits die Schanzen
möglichst weit vorzurücken bemüht war, Pompeius auch mehr-
mals einzelne Schanzen der Feinde mit überlegenen Streitkräften
angriff um die feindliche Linie zu sprengen. Durchgängig behielt
in diesen Scharmützeln die erprobte Tapferkeit der Caesarianer
die Oberhand; wie denn zum Beispiel einmal eine einzige Cohorte
sich gegen vier Legionen mehrere Stunden lang in ihrer Schanze
hielt, bis Unterstützung herbeikam. Andrerseits miſslangen Cae-
sars Versuche sich Dyrrhachions zu bemächtigen, wo er Einver-
ständnisse hatte, durch die Dazwischenkunft der Flotte. Unauf-
hörlich ward an den verschiedensten Puncten — an einem der
heiſsesten Tage an sechs Stellen zugleich — gefochten, ein Haupt-
erfolg aber auf keiner Seite erreicht. Doch machten sich die Fol-
gen der Einschlieſsung den Pompeianern allmählich in drücken-
der Weise fühlbar. Die Stauung der von den Höhen in die Ebene
sich ergieſsenden Bäche nöthigte sie sich mit sparsamem und
schlechtem Brunnenwasser zu begnügen. Noch empfindlicher
war der Mangel an Futter für die Lastthiere und die Pferde, dem
auch die Flotte nicht genügend abzuhelfen vermochte; sie fielen
zahlreich und es half nur wenig, daſs die Pferde durch die Flotte
nach Dyrrhachion geschafft wurden, da sie auch hier nicht viel
mehr Futter fanden. Lange konnte Pompeius nicht mehr zögern
sich durch einen gegen den Feind geführten Schlag aus seiner
unbequemen Lage zu befreien. Da ward er durch keltische Ueber-
läufer in Kenntniſs gesetzt, daſs der Feind es versäumt habe den
Strand zwischen seinen beiden 600 Fuſs von einander entfern-
ten Schanzenketten durch einen Querwall zu sichern. Hierauf
baute er seinen Plan. Während er die innere Linie der Verschan-
zungen Caesars vom Lager aus durch die Legionen, die äuſsere
durch die auf Schiffe gesetzten und jenseit der feindlichen Ver-
schanzungen gelandeten leichten Truppen angreifen lieſs, landete
eine dritte Abtheilung in dem Zwischenraum zwischen beiden
Linien und griff die schon hinreichend beschäftigten Besatzungen
derselben im Rücken an. Die zunächst am Meer befindliche
Schanze wurde genommen und die Besatzung floh in wilder Ver-
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