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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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LEPIDUS UND SERTORIUS.
Feldzug, in dem es nicht allein weiter nichts zu holen gab als
harte Schläge und werthlose Beute, sondern auch ihr Sold ihnen
höchst unregelmässig gezahlt ward; Pompeius berichtete im Win-
ter 680/1 an den Senat, dass seit zwei Jahren der Sold im Rück-
stand sei und das Heer sich aufzulösen drohe, wenn der Senat
nicht Rath schaffe; worauf denn endlich die benöthigten Summen
kamen. Einen ansehnlichen Theil dieser Uebelstände hätte die
römische Regierung allerdings zu beseitigen vermocht, wenn sie
es über sich hätte gewinnen können den spanischen Krieg mit
minderer Schlaffheit, um nicht zu sagen mit besserem Willen zu
führen. In der Hauptsache aber war es weder ihre Schuld noch
die Schuld der Feldherren, dass ein so überlegenes Genie, wie
Sertorius war, auf einem für den Insurrections- und Corsaren-
krieg so überaus günstigen Boden aller numerischen Ueberlegen-
heit zum Trotz den kleinen Krieg Jahre und Jahre fortzuführen
vermochte. Ein Ende war hier so wenig abzusehen, dass viel-
mehr die sertorianische Insurrection sich mit andern gleichzei-
tigen Aufständen verschlingen und dadurch ihre Gefährlichkeit
steigern zu wollen schien. Eben damals ward auf allen Meeren
mit den Flibustierflotten, ward in Italien mit den aufständischen
Sclaven, in Makedonien mit den Völkerschaften an der unteren
Donau, in Kleinasien abermals mit König Mithradates gefochten.
Ob Sertorius mit den italischen und makedonischen Feinden
Roms Verbindungen angeknüpft hat, lässt sich nicht bestimmt
sagen, obwohl er allerdings mit den Marianern in Italien in be-
ständigem Verkehr stand; mit den Piraten hatte er schon früher
offenes Bündniss gemacht und mit dem pontischen König, mit
welchem er längst durch Vermittelung der an dessen Hof verwei-
lenden römischen Emigranten Einverständnisse unterhalten hatte,
schloss er jetzt einen förmlichen Allianztractat, in dem Sertorius
dem König die kleinasiatischen Clientelstaaten, nicht aber die rö-
mische Provinz Asia abtrat, überdies ihm einen zum Führer sei-
ner Truppen geeigneten Offizier und eine Anzahl Soldaten zu
senden versprach, der König dagegen ihm 40 Schiffe und 3000 Ta-
lente (5 Mill. Thlr.) zu überweisen sich anheischig machte. Schon
erinnerten die klugen Politiker in der Hauptstadt an die Zeit, als
Italien sich durch Philippos und durch Hannibal von Osten und
Westen aus bedroht sah; der neue Hannibal, meinte man, könne,
nachdem er wie sein Vorfahr Spanien durch sich selbst bezwun-
gen, eben wie dieser mit den Streitkräften Spaniens in Italien
und gar leicht früher als Pompeius dort eintreffen, um, wie einst

LEPIDUS UND SERTORIUS.
Feldzug, in dem es nicht allein weiter nichts zu holen gab als
harte Schläge und werthlose Beute, sondern auch ihr Sold ihnen
höchst unregelmäſsig gezahlt ward; Pompeius berichtete im Win-
ter 680/1 an den Senat, daſs seit zwei Jahren der Sold im Rück-
stand sei und das Heer sich aufzulösen drohe, wenn der Senat
nicht Rath schaffe; worauf denn endlich die benöthigten Summen
kamen. Einen ansehnlichen Theil dieser Uebelstände hätte die
römische Regierung allerdings zu beseitigen vermocht, wenn sie
es über sich hätte gewinnen können den spanischen Krieg mit
minderer Schlaffheit, um nicht zu sagen mit besserem Willen zu
führen. In der Hauptsache aber war es weder ihre Schuld noch
die Schuld der Feldherren, daſs ein so überlegenes Genie, wie
Sertorius war, auf einem für den Insurrections- und Corsaren-
krieg so überaus günstigen Boden aller numerischen Ueberlegen-
heit zum Trotz den kleinen Krieg Jahre und Jahre fortzuführen
vermochte. Ein Ende war hier so wenig abzusehen, daſs viel-
mehr die sertorianische Insurrection sich mit andern gleichzei-
tigen Aufständen verschlingen und dadurch ihre Gefährlichkeit
steigern zu wollen schien. Eben damals ward auf allen Meeren
mit den Flibustierflotten, ward in Italien mit den aufständischen
Sclaven, in Makedonien mit den Völkerschaften an der unteren
Donau, in Kleinasien abermals mit König Mithradates gefochten.
Ob Sertorius mit den italischen und makedonischen Feinden
Roms Verbindungen angeknüpft hat, läſst sich nicht bestimmt
sagen, obwohl er allerdings mit den Marianern in Italien in be-
ständigem Verkehr stand; mit den Piraten hatte er schon früher
offenes Bündniſs gemacht und mit dem pontischen König, mit
welchem er längst durch Vermittelung der an dessen Hof verwei-
lenden römischen Emigranten Einverständnisse unterhalten hatte,
schloſs er jetzt einen förmlichen Allianztractat, in dem Sertorius
dem König die kleinasiatischen Clientelstaaten, nicht aber die rö-
mische Provinz Asia abtrat, überdies ihm einen zum Führer sei-
ner Truppen geeigneten Offizier und eine Anzahl Soldaten zu
senden versprach, der König dagegen ihm 40 Schiffe und 3000 Ta-
lente (5 Mill. Thlr.) zu überweisen sich anheischig machte. Schon
erinnerten die klugen Politiker in der Hauptstadt an die Zeit, als
Italien sich durch Philippos und durch Hannibal von Osten und
Westen aus bedroht sah; der neue Hannibal, meinte man, könne,
nachdem er wie sein Vorfahr Spanien durch sich selbst bezwun-
gen, eben wie dieser mit den Streitkräften Spaniens in Italien
und gar leicht früher als Pompeius dort eintreffen, um, wie einst

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[29/0039] LEPIDUS UND SERTORIUS. Feldzug, in dem es nicht allein weiter nichts zu holen gab als harte Schläge und werthlose Beute, sondern auch ihr Sold ihnen höchst unregelmäſsig gezahlt ward; Pompeius berichtete im Win- ter 680/1 an den Senat, daſs seit zwei Jahren der Sold im Rück- stand sei und das Heer sich aufzulösen drohe, wenn der Senat nicht Rath schaffe; worauf denn endlich die benöthigten Summen kamen. Einen ansehnlichen Theil dieser Uebelstände hätte die römische Regierung allerdings zu beseitigen vermocht, wenn sie es über sich hätte gewinnen können den spanischen Krieg mit minderer Schlaffheit, um nicht zu sagen mit besserem Willen zu führen. In der Hauptsache aber war es weder ihre Schuld noch die Schuld der Feldherren, daſs ein so überlegenes Genie, wie Sertorius war, auf einem für den Insurrections- und Corsaren- krieg so überaus günstigen Boden aller numerischen Ueberlegen- heit zum Trotz den kleinen Krieg Jahre und Jahre fortzuführen vermochte. Ein Ende war hier so wenig abzusehen, daſs viel- mehr die sertorianische Insurrection sich mit andern gleichzei- tigen Aufständen verschlingen und dadurch ihre Gefährlichkeit steigern zu wollen schien. Eben damals ward auf allen Meeren mit den Flibustierflotten, ward in Italien mit den aufständischen Sclaven, in Makedonien mit den Völkerschaften an der unteren Donau, in Kleinasien abermals mit König Mithradates gefochten. Ob Sertorius mit den italischen und makedonischen Feinden Roms Verbindungen angeknüpft hat, läſst sich nicht bestimmt sagen, obwohl er allerdings mit den Marianern in Italien in be- ständigem Verkehr stand; mit den Piraten hatte er schon früher offenes Bündniſs gemacht und mit dem pontischen König, mit welchem er längst durch Vermittelung der an dessen Hof verwei- lenden römischen Emigranten Einverständnisse unterhalten hatte, schloſs er jetzt einen förmlichen Allianztractat, in dem Sertorius dem König die kleinasiatischen Clientelstaaten, nicht aber die rö- mische Provinz Asia abtrat, überdies ihm einen zum Führer sei- ner Truppen geeigneten Offizier und eine Anzahl Soldaten zu senden versprach, der König dagegen ihm 40 Schiffe und 3000 Ta- lente (5 Mill. Thlr.) zu überweisen sich anheischig machte. Schon erinnerten die klugen Politiker in der Hauptstadt an die Zeit, als Italien sich durch Philippos und durch Hannibal von Osten und Westen aus bedroht sah; der neue Hannibal, meinte man, könne, nachdem er wie sein Vorfahr Spanien durch sich selbst bezwun- gen, eben wie dieser mit den Streitkräften Spaniens in Italien und gar leicht früher als Pompeius dort eintreffen, um, wie einst

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/39>, abgerufen am 24.11.2024.