Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.ILERDA. sicilisch-africanische Armee grösstentheils aus den vom Feindübernommenen Legionen, namentlich den Kriegsgefangenen von Corfinium hatte zusammensetzen müssen. Die Offiziere der pom- peianischen Armee in Africa, die zum Theil ebenfalls in densel- ben in Corfinium überwundenen Legionen gestanden hatten, liessen kein Mittel unversucht, um die Soldaten zu ihrem ersten Eidschwur wieder zurückzubringen. Indess Caesar hatte in sei- nem Stellvertreter sich nicht vergriffen. Curio verstand es eben- sowohl die Bewegungen des Heeres und der Flotte zu lenken, als auch persönlichen Einfluss auf die Soldaten zu gewinnen. Die Verpflegung war reichlich, die Gefechte ohne Ausnahme glück- lich; nur Einzelne liessen sich bewegen ihre neue Fahne wieder mit der alten zu vertauschen. Varus, in der Voraussetzung, dass es den Truppen Curios nur an Gelegenheit fehle auf seine Seite überzugehen, entschloss sich, hauptsächlich um ihnen diese zu verschaffen, eine Schlacht zu liefern. Der Erfolg rechtfertigte seine Erwartungen nicht. Begeistert durch die feurige Ansprache ihres jugendlichen Führers schlugen Curios Reiter die feindlichen in die Flucht und säbelten im Angesichte beider Heere die mit den Reitern ausgerückte leichte Infanterie der Feinde nieder; und ermuthigt durch diesen Erfolg und durch Curios persönliches Beispiel gingen die caesarischen Legionen durch die schwierige die beiden Linien trennende Thalschlucht vor zum Angriff, den die Pompeianer aber nicht erwarteten, sondern schimpflich in ihr Lager zurückflohen und auch dies die Nacht darauf räumten. Der Sieg war so vollständig, dass Curio sofort dazu schritt Utica zu belagern. Als aber die Meldung eintraf, dass König Juba mit seiner gesammten Heeresmacht zum Entsatz heranrücke, ent- schloss sich Curio, eben wie bei Syphax Eintreffen Scipio gethan, die Belagerung aufzuheben und in Scipios ehemaliges Lager zu- rückzugehen, bis aus Sicilien Verstärkung nachkommen werde. Allein bald darauf lief ein zweiter Bericht ein, dass König Juba durch Angriffe seiner Nachbarfürsten veranlasst worden sei mit seiner Hauptmacht wieder umzukehren und den Belagerten nur ein mässiges Corps unter Saburra zu Hülfe sende. Curio, der bei seinem lebhaften Naturell nur sehr ungern sich entschlossen hatte zu rasten, brach sofort wieder auf, um mit Saburra zu schla- gen, bevor derselbe mit der Besatzung von Utica in Verbindung treten könne. Seiner Reiterei, die am Abend voraufgegangen war, gelang es in der That das Corps des Saburra am Bagradas bei nächtlicher Weile zu überraschen und übel zuzurichten; und auf diese Siegesbotschaft beschleunigte Curio den Marsch der Infan- 24*
ILERDA. sicilisch-africanische Armee gröſstentheils aus den vom Feindübernommenen Legionen, namentlich den Kriegsgefangenen von Corfinium hatte zusammensetzen müssen. Die Offiziere der pom- peianischen Armee in Africa, die zum Theil ebenfalls in densel- ben in Corfinium überwundenen Legionen gestanden hatten, lieſsen kein Mittel unversucht, um die Soldaten zu ihrem ersten Eidschwur wieder zurückzubringen. Indeſs Caesar hatte in sei- nem Stellvertreter sich nicht vergriffen. Curio verstand es eben- sowohl die Bewegungen des Heeres und der Flotte zu lenken, als auch persönlichen Einfluſs auf die Soldaten zu gewinnen. Die Verpflegung war reichlich, die Gefechte ohne Ausnahme glück- lich; nur Einzelne lieſsen sich bewegen ihre neue Fahne wieder mit der alten zu vertauschen. Varus, in der Voraussetzung, daſs es den Truppen Curios nur an Gelegenheit fehle auf seine Seite überzugehen, entschloſs sich, hauptsächlich um ihnen diese zu verschaffen, eine Schlacht zu liefern. Der Erfolg rechtfertigte seine Erwartungen nicht. Begeistert durch die feurige Ansprache ihres jugendlichen Führers schlugen Curios Reiter die feindlichen in die Flucht und säbelten im Angesichte beider Heere die mit den Reitern ausgerückte leichte Infanterie der Feinde nieder; und ermuthigt durch diesen Erfolg und durch Curios persönliches Beispiel gingen die caesarischen Legionen durch die schwierige die beiden Linien trennende Thalschlucht vor zum Angriff, den die Pompeianer aber nicht erwarteten, sondern schimpflich in ihr Lager zurückflohen und auch dies die Nacht darauf räumten. Der Sieg war so vollständig, daſs Curio sofort dazu schritt Utica zu belagern. Als aber die Meldung eintraf, daſs König Juba mit seiner gesammten Heeresmacht zum Entsatz heranrücke, ent- schloſs sich Curio, eben wie bei Syphax Eintreffen Scipio gethan, die Belagerung aufzuheben und in Scipios ehemaliges Lager zu- rückzugehen, bis aus Sicilien Verstärkung nachkommen werde. Allein bald darauf lief ein zweiter Bericht ein, daſs König Juba durch Angriffe seiner Nachbarfürsten veranlaſst worden sei mit seiner Hauptmacht wieder umzukehren und den Belagerten nur ein mäſsiges Corps unter Saburra zu Hülfe sende. Curio, der bei seinem lebhaften Naturell nur sehr ungern sich entschlossen hatte zu rasten, brach sofort wieder auf, um mit Saburra zu schla- gen, bevor derselbe mit der Besatzung von Utica in Verbindung treten könne. Seiner Reiterei, die am Abend voraufgegangen war, gelang es in der That das Corps des Saburra am Bagradas bei nächtlicher Weile zu überraschen und übel zuzurichten; und auf diese Siegesbotschaft beschleunigte Curio den Marsch der Infan- 24*
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ILERDA.
sicilisch-africanische Armee gröſstentheils aus den vom Feind
übernommenen Legionen, namentlich den Kriegsgefangenen von
Corfinium hatte zusammensetzen müssen. Die Offiziere der pom-
peianischen Armee in Africa, die zum Theil ebenfalls in densel-
ben in Corfinium überwundenen Legionen gestanden hatten,
lieſsen kein Mittel unversucht, um die Soldaten zu ihrem ersten
Eidschwur wieder zurückzubringen. Indeſs Caesar hatte in sei-
nem Stellvertreter sich nicht vergriffen. Curio verstand es eben-
sowohl die Bewegungen des Heeres und der Flotte zu lenken, als
auch persönlichen Einfluſs auf die Soldaten zu gewinnen. Die
Verpflegung war reichlich, die Gefechte ohne Ausnahme glück-
lich; nur Einzelne lieſsen sich bewegen ihre neue Fahne wieder
mit der alten zu vertauschen. Varus, in der Voraussetzung, daſs
es den Truppen Curios nur an Gelegenheit fehle auf seine Seite
überzugehen, entschloſs sich, hauptsächlich um ihnen diese zu
verschaffen, eine Schlacht zu liefern. Der Erfolg rechtfertigte
seine Erwartungen nicht. Begeistert durch die feurige Ansprache
ihres jugendlichen Führers schlugen Curios Reiter die feindlichen
in die Flucht und säbelten im Angesichte beider Heere die mit
den Reitern ausgerückte leichte Infanterie der Feinde nieder; und
ermuthigt durch diesen Erfolg und durch Curios persönliches
Beispiel gingen die caesarischen Legionen durch die schwierige
die beiden Linien trennende Thalschlucht vor zum Angriff, den
die Pompeianer aber nicht erwarteten, sondern schimpflich in
ihr Lager zurückflohen und auch dies die Nacht darauf räumten.
Der Sieg war so vollständig, daſs Curio sofort dazu schritt Utica
zu belagern. Als aber die Meldung eintraf, daſs König Juba mit
seiner gesammten Heeresmacht zum Entsatz heranrücke, ent-
schloſs sich Curio, eben wie bei Syphax Eintreffen Scipio gethan,
die Belagerung aufzuheben und in Scipios ehemaliges Lager zu-
rückzugehen, bis aus Sicilien Verstärkung nachkommen werde.
Allein bald darauf lief ein zweiter Bericht ein, daſs König Juba
durch Angriffe seiner Nachbarfürsten veranlaſst worden sei mit
seiner Hauptmacht wieder umzukehren und den Belagerten nur
ein mäſsiges Corps unter Saburra zu Hülfe sende. Curio, der bei
seinem lebhaften Naturell nur sehr ungern sich entschlossen
hatte zu rasten, brach sofort wieder auf, um mit Saburra zu schla-
gen, bevor derselbe mit der Besatzung von Utica in Verbindung
treten könne. Seiner Reiterei, die am Abend voraufgegangen war,
gelang es in der That das Corps des Saburra am Bagradas bei
nächtlicher Weile zu überraschen und übel zuzurichten; und auf
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