Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.ILERDA. ten und später den Sachsen üblichen, im Lager anfertigen undsie auf Wagen an den Punct, wo die Brücken gestanden hatten, transportiren. Das andere Ufer war frei; man erreichte auf den gebrechlichen Nachen dasselbe ohne Schwierigkeit und stellte die Brücken wieder her; und sofort wurde auch die Verbindungs- strasse wieder frei gemacht und die sehnlich erwartete Zufuhr in das Lager geschafft. -- Kaum war durch Caesars glücklichen Ein- fall das Heer aus der ungeheuren Gefahr gerissen, als er durch seine an Tüchtigkeit der feindlichen weit überlegene Reiterei die Landschaft am linken Ufer des Sicoris durchstreifen liess und den Feind hinderte von hier aus sich zu versorgen. Schon traten die ansehnlichsten spanischen Gemeinden zwischen den Pyrenäen und dem Ebro, Osca, Tarraco, Dertosa und andere, ja selbst ein- zelne südlich vom Ebro auf Caesars Seite. Durch die Reiter Cae- sars und die Uebertritte der benachbarten Gemeinden wurde den Pompeianern die Zufuhr knapp; sie entschlossen sich nun end- lich zum Rückzug hinter die Ebrolinie und machten jetzt eiligst Anstalt unterhalb der Sicorismündung eine Schiffbrücke über den Ebro zu schlagen. Caesar dagegen hoffte in Folge der feh- lerhaften Aufstellung der Gegner bei Ilerda ihnen den Rückweg über den Ebro abschneiden und sie in Ilerda einschliessen zu können. Allein um Ilerda ernstlich zu umstellen bedurfte er einer Verbindung der beiden Flussufer unmittelbar bei der Stadt, in- dem er sonst seine Armee in zwei nur auf einem weiten Umweg mit einander communicirende Corps aufgelöst und jedes dersel- ben einzeln dem Angriff der ganzen feindlichen Heermasse aus- gesetzt haben würde. Seine Soldaten schanzten Tag und Nacht, um durch Abzugsgräben den Fluss so viel tiefer zu legen, dass die Infanterie ihn durchwaten könne. Alles kam darauf an, ob die Vorbereitungen der Pompeianer um den Ebro zu passiren oder die der Caesarianer um Ilerda einzuschliessen früher zu Ende kamen. Es waren die Pompeianer, die zuerst fertig wurden: als sie nach Vollendung der Schiffbrücke den Marsch nach dem Ebro zu am linken Ufer des Sicoris antraten, konnten zwar Cae- sars Reiter den Strom passiren und, dem Feinde an die Fersen sich heftend, ihn aufhalten und schädigen, aber da dem Fuss- gänger das Wasser noch bis an die Schultern ging, musste die Infanterie auf dem rechten Ufer des Flusses zurückbleiben. Allein als Caesars Soldaten am grauenden Morgen die seit Mitternacht abziehenden feindlichen Colonnen erblickten, begriffen sie mit der instinctmässigen Sicherheit krieggewohnter Veteranen die Bedeu- tung dieses Rückzugs, der sie nöthigte dem Gegner in ferne, un- ILERDA. ten und später den Sachsen üblichen, im Lager anfertigen undsie auf Wagen an den Punct, wo die Brücken gestanden hatten, transportiren. Das andere Ufer war frei; man erreichte auf den gebrechlichen Nachen dasselbe ohne Schwierigkeit und stellte die Brücken wieder her; und sofort wurde auch die Verbindungs- straſse wieder frei gemacht und die sehnlich erwartete Zufuhr in das Lager geschafft. — Kaum war durch Caesars glücklichen Ein- fall das Heer aus der ungeheuren Gefahr gerissen, als er durch seine an Tüchtigkeit der feindlichen weit überlegene Reiterei die Landschaft am linken Ufer des Sicoris durchstreifen lieſs und den Feind hinderte von hier aus sich zu versorgen. Schon traten die ansehnlichsten spanischen Gemeinden zwischen den Pyrenäen und dem Ebro, Osca, Tarraco, Dertosa und andere, ja selbst ein- zelne südlich vom Ebro auf Caesars Seite. Durch die Reiter Cae- sars und die Uebertritte der benachbarten Gemeinden wurde den Pompeianern die Zufuhr knapp; sie entschlossen sich nun end- lich zum Rückzug hinter die Ebrolinie und machten jetzt eiligst Anstalt unterhalb der Sicorismündung eine Schiffbrücke über den Ebro zu schlagen. Caesar dagegen hoffte in Folge der feh- lerhaften Aufstellung der Gegner bei Ilerda ihnen den Rückweg über den Ebro abschneiden und sie in Ilerda einschlieſsen zu können. Allein um Ilerda ernstlich zu umstellen bedurfte er einer Verbindung der beiden Fluſsufer unmittelbar bei der Stadt, in- dem er sonst seine Armee in zwei nur auf einem weiten Umweg mit einander communicirende Corps aufgelöst und jedes dersel- ben einzeln dem Angriff der ganzen feindlichen Heermasse aus- gesetzt haben würde. Seine Soldaten schanzten Tag und Nacht, um durch Abzugsgräben den Fluſs so viel tiefer zu legen, daſs die Infanterie ihn durchwaten könne. Alles kam darauf an, ob die Vorbereitungen der Pompeianer um den Ebro zu passiren oder die der Caesarianer um Ilerda einzuschlieſsen früher zu Ende kamen. Es waren die Pompeianer, die zuerst fertig wurden: als sie nach Vollendung der Schiffbrücke den Marsch nach dem Ebro zu am linken Ufer des Sicoris antraten, konnten zwar Cae- sars Reiter den Strom passiren und, dem Feinde an die Fersen sich heftend, ihn aufhalten und schädigen, aber da dem Fuſs- gänger das Wasser noch bis an die Schultern ging, muſste die Infanterie auf dem rechten Ufer des Flusses zurückbleiben. Allein als Caesars Soldaten am grauenden Morgen die seit Mitternacht abziehenden feindlichen Colonnen erblickten, begriffen sie mit der instinctmäſsigen Sicherheit krieggewohnter Veteranen die Bedeu- tung dieses Rückzugs, der sie nöthigte dem Gegner in ferne, un- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0375" n="365"/><fw place="top" type="header">ILERDA.</fw><lb/> ten und später den Sachsen üblichen, im Lager anfertigen und<lb/> sie auf Wagen an den Punct, wo die Brücken gestanden hatten,<lb/> transportiren. 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ILERDA.
ten und später den Sachsen üblichen, im Lager anfertigen und
sie auf Wagen an den Punct, wo die Brücken gestanden hatten,
transportiren. Das andere Ufer war frei; man erreichte auf den
gebrechlichen Nachen dasselbe ohne Schwierigkeit und stellte die
Brücken wieder her; und sofort wurde auch die Verbindungs-
straſse wieder frei gemacht und die sehnlich erwartete Zufuhr in
das Lager geschafft. — Kaum war durch Caesars glücklichen Ein-
fall das Heer aus der ungeheuren Gefahr gerissen, als er durch
seine an Tüchtigkeit der feindlichen weit überlegene Reiterei die
Landschaft am linken Ufer des Sicoris durchstreifen lieſs und den
Feind hinderte von hier aus sich zu versorgen. Schon traten die
ansehnlichsten spanischen Gemeinden zwischen den Pyrenäen
und dem Ebro, Osca, Tarraco, Dertosa und andere, ja selbst ein-
zelne südlich vom Ebro auf Caesars Seite. Durch die Reiter Cae-
sars und die Uebertritte der benachbarten Gemeinden wurde den
Pompeianern die Zufuhr knapp; sie entschlossen sich nun end-
lich zum Rückzug hinter die Ebrolinie und machten jetzt eiligst
Anstalt unterhalb der Sicorismündung eine Schiffbrücke über
den Ebro zu schlagen. Caesar dagegen hoffte in Folge der feh-
lerhaften Aufstellung der Gegner bei Ilerda ihnen den Rückweg
über den Ebro abschneiden und sie in Ilerda einschlieſsen zu
können. Allein um Ilerda ernstlich zu umstellen bedurfte er einer
Verbindung der beiden Fluſsufer unmittelbar bei der Stadt, in-
dem er sonst seine Armee in zwei nur auf einem weiten Umweg
mit einander communicirende Corps aufgelöst und jedes dersel-
ben einzeln dem Angriff der ganzen feindlichen Heermasse aus-
gesetzt haben würde. Seine Soldaten schanzten Tag und Nacht,
um durch Abzugsgräben den Fluſs so viel tiefer zu legen, daſs
die Infanterie ihn durchwaten könne. Alles kam darauf an, ob
die Vorbereitungen der Pompeianer um den Ebro zu passiren oder
die der Caesarianer um Ilerda einzuschlieſsen früher zu Ende
kamen. Es waren die Pompeianer, die zuerst fertig wurden:
als sie nach Vollendung der Schiffbrücke den Marsch nach dem
Ebro zu am linken Ufer des Sicoris antraten, konnten zwar Cae-
sars Reiter den Strom passiren und, dem Feinde an die Fersen
sich heftend, ihn aufhalten und schädigen, aber da dem Fuſs-
gänger das Wasser noch bis an die Schultern ging, muſste die
Infanterie auf dem rechten Ufer des Flusses zurückbleiben. Allein
als Caesars Soldaten am grauenden Morgen die seit Mitternacht
abziehenden feindlichen Colonnen erblickten, begriffen sie mit der
instinctmäſsigen Sicherheit krieggewohnter Veteranen die Bedeu-
tung dieses Rückzugs, der sie nöthigte dem Gegner in ferne, un-
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