Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.BRUNDISIUM. die geistige und sittliche Inferiorität fast aller Betheiligten erzeug-ten überhaupt bei den Gegnern Caesars ein widerwilliges und widersetzliches Zusammenwirken, das mit dem einträchtigen und geschlossenen Handeln auf der andern Seite den übelsten Con- trast bildet. Wenn also alle Nachtheile der Coalition zweier Feinde gegen einen dritten von Caesars Gegnern in ungewöhnlichem Masse empfunden wurden, so war doch allerdings auch diese Coalition eine sehr ansehnliche Macht. Die See beherrschte sie ausschliesslich: alle Häfen, alle Kriegsschiffe, alles Flottenmaterial war in ihren Händen. Ihre Landarmee bestand hauptsächlich in den spanischen Heeren, sieben krieggewohnten Legionen unter tüchtigen und zuverlässigen Führern von Pompeius engerer Par- tei. Auch in den übrigen Provinzen, natürlich mit Ausnahme der beiden Gallien, waren die Statthalter- und Commandantenstellen während der letzten Jahre unter dem Einfluss von Pompeius und der Senatsminorität mit zuverlässigen Männern besetzt worden und die in Sicilien, Africa, Makedonien, Asia, Syrien und sonst zerstreuten freilich schwachen Truppenabtheilungen standen zu Pompeius Verfügung. Durchaus und mit grosser Entschiedenheit ergriffen die Clientelstaaten Partei gegen Caesar und für Pompeius. In diesen abgelegenen Theilen des Reiches überstrahlte die Glorie des Siegers in drei Welttheilen noch weit die des Eroberers von Gallien. Die bedeutendsten Fürsten und Städte waren in den ver- schiedensten Abschnitten seiner mannigfaltigen Wirksamkeit zu Pompeius in die engsten persönlichen Beziehungen getreten -- wie er denn in dem Kriege gegen die Marianer der Waffengenosse der Könige von Numidien und Mauretanien gewesen war und das Reich des ersteren wieder aufgerichtet hatte (II, 319); wie er im mithradatischen Kriege ausser einer Menge anderer kleinerer geist- licher und weltlicher Fürstenthümer die Königreiche Bosporus, Armenien und Kappadokien wiederhergestellt, das galatische des Deiotarus geschaffen hatte (S. 132. 135); wie zunächst auf seine Veranlassung der ägyptische Krieg unternommen und durch sei- nen Adjutanten die Lagidenherrschaft neu befestigt worden war (S. 147); wie selbst die Stadt Massalia in Caesars eigener Provinz diesem wohl auch manche Vergünstigungen, aber Pompeius vom sertorianischen Kriege her eine sehr ansehnliche Gebietserwei- terung verdankte (S. 24), auch davon abgesehen, dass hier die regierende Oligarchie mit der römischen in einem natürlichen und durch vielfache Zwischenbeziehungen befestigten Bunde stand. Mehr aber vielleicht noch als durch diese Rücksichten wurden die Clientelstaaten bestimmt sich gegen Caesar zu erklären durch die BRUNDISIUM. die geistige und sittliche Inferiorität fast aller Betheiligten erzeug-ten überhaupt bei den Gegnern Caesars ein widerwilliges und widersetzliches Zusammenwirken, das mit dem einträchtigen und geschlossenen Handeln auf der andern Seite den übelsten Con- trast bildet. Wenn also alle Nachtheile der Coalition zweier Feinde gegen einen dritten von Caesars Gegnern in ungewöhnlichem Maſse empfunden wurden, so war doch allerdings auch diese Coalition eine sehr ansehnliche Macht. Die See beherrschte sie ausschlieſslich: alle Häfen, alle Kriegsschiffe, alles Flottenmaterial war in ihren Händen. Ihre Landarmee bestand hauptsächlich in den spanischen Heeren, sieben krieggewohnten Legionen unter tüchtigen und zuverlässigen Führern von Pompeius engerer Par- tei. Auch in den übrigen Provinzen, natürlich mit Ausnahme der beiden Gallien, waren die Statthalter- und Commandantenstellen während der letzten Jahre unter dem Einfluſs von Pompeius und der Senatsminorität mit zuverlässigen Männern besetzt worden und die in Sicilien, Africa, Makedonien, Asia, Syrien und sonst zerstreuten freilich schwachen Truppenabtheilungen standen zu Pompeius Verfügung. Durchaus und mit groſser Entschiedenheit ergriffen die Clientelstaaten Partei gegen Caesar und für Pompeius. In diesen abgelegenen Theilen des Reiches überstrahlte die Glorie des Siegers in drei Welttheilen noch weit die des Eroberers von Gallien. Die bedeutendsten Fürsten und Städte waren in den ver- schiedensten Abschnitten seiner mannigfaltigen Wirksamkeit zu Pompeius in die engsten persönlichen Beziehungen getreten — wie er denn in dem Kriege gegen die Marianer der Waffengenosse der Könige von Numidien und Mauretanien gewesen war und das Reich des ersteren wieder aufgerichtet hatte (II, 319); wie er im mithradatischen Kriege auſser einer Menge anderer kleinerer geist- licher und weltlicher Fürstenthümer die Königreiche Bosporus, Armenien und Kappadokien wiederhergestellt, das galatische des Deiotarus geschaffen hatte (S. 132. 135); wie zunächst auf seine Veranlassung der ägyptische Krieg unternommen und durch sei- nen Adjutanten die Lagidenherrschaft neu befestigt worden war (S. 147); wie selbst die Stadt Massalia in Caesars eigener Provinz diesem wohl auch manche Vergünstigungen, aber Pompeius vom sertorianischen Kriege her eine sehr ansehnliche Gebietserwei- terung verdankte (S. 24), auch davon abgesehen, daſs hier die regierende Oligarchie mit der römischen in einem natürlichen und durch vielfache Zwischenbeziehungen befestigten Bunde stand. 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BRUNDISIUM.
die geistige und sittliche Inferiorität fast aller Betheiligten erzeug-
ten überhaupt bei den Gegnern Caesars ein widerwilliges und
widersetzliches Zusammenwirken, das mit dem einträchtigen und
geschlossenen Handeln auf der andern Seite den übelsten Con-
trast bildet. Wenn also alle Nachtheile der Coalition zweier Feinde
gegen einen dritten von Caesars Gegnern in ungewöhnlichem
Maſse empfunden wurden, so war doch allerdings auch diese
Coalition eine sehr ansehnliche Macht. Die See beherrschte sie
ausschlieſslich: alle Häfen, alle Kriegsschiffe, alles Flottenmaterial
war in ihren Händen. Ihre Landarmee bestand hauptsächlich in
den spanischen Heeren, sieben krieggewohnten Legionen unter
tüchtigen und zuverlässigen Führern von Pompeius engerer Par-
tei. Auch in den übrigen Provinzen, natürlich mit Ausnahme der
beiden Gallien, waren die Statthalter- und Commandantenstellen
während der letzten Jahre unter dem Einfluſs von Pompeius und
der Senatsminorität mit zuverlässigen Männern besetzt worden
und die in Sicilien, Africa, Makedonien, Asia, Syrien und sonst
zerstreuten freilich schwachen Truppenabtheilungen standen zu
Pompeius Verfügung. Durchaus und mit groſser Entschiedenheit
ergriffen die Clientelstaaten Partei gegen Caesar und für Pompeius.
In diesen abgelegenen Theilen des Reiches überstrahlte die Glorie
des Siegers in drei Welttheilen noch weit die des Eroberers von
Gallien. Die bedeutendsten Fürsten und Städte waren in den ver-
schiedensten Abschnitten seiner mannigfaltigen Wirksamkeit zu
Pompeius in die engsten persönlichen Beziehungen getreten —
wie er denn in dem Kriege gegen die Marianer der Waffengenosse
der Könige von Numidien und Mauretanien gewesen war und das
Reich des ersteren wieder aufgerichtet hatte (II, 319); wie er im
mithradatischen Kriege auſser einer Menge anderer kleinerer geist-
licher und weltlicher Fürstenthümer die Königreiche Bosporus,
Armenien und Kappadokien wiederhergestellt, das galatische des
Deiotarus geschaffen hatte (S. 132. 135); wie zunächst auf seine
Veranlassung der ägyptische Krieg unternommen und durch sei-
nen Adjutanten die Lagidenherrschaft neu befestigt worden war
(S. 147); wie selbst die Stadt Massalia in Caesars eigener Provinz
diesem wohl auch manche Vergünstigungen, aber Pompeius vom
sertorianischen Kriege her eine sehr ansehnliche Gebietserwei-
terung verdankte (S. 24), auch davon abgesehen, daſs hier die
regierende Oligarchie mit der römischen in einem natürlichen und
durch vielfache Zwischenbeziehungen befestigten Bunde stand.
Mehr aber vielleicht noch als durch diese Rücksichten wurden die
Clientelstaaten bestimmt sich gegen Caesar zu erklären durch die
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