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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL IX.
den Beamten unzulässig war, alsdann ihm gewiss, wie denn Cato
längst geschworen hatte ihn bei erster Gelegenheit zu belangen;
und da Pompeius ein mehr als zweifelhafter Beschützer war, so
hatte das Publicum ganz Recht ihm für diesen Fall einen miloni-
schen Prozess zu prophezeien. Pompeius erkannte denn auch die
Billigkeit dieser Forderung an und es ward im J. 702 durch ein
tribunicisches Gesetz Caesar gestattet sich abwesend um das
Consulat zu bewerben. Bald darauf erging die neue Wahlordnung
(S. 308); mit Befremden sahen Caesars Freunde, dass die Ver-
pflichtung der Candidaten sich persönlich zu melden darin allge-
mein wiederholt und keinerlei Ausnahme zu Gunsten der durch
frühere Gesetze davon Dispensirten hinzugefügt war. Auf Cae-
sars Beschwerde ward eine solche beschränkende Clausel dem
schon solennisirten Gesetz zwar eingefügt, aber nicht durch
neuen Volksschluss bestätigt. Nach formellem Recht war das zu
Gunsten Caesars ergangene Privileg durch die jüngere Wahlord-
nung unzweifelhaft aufgehoben und die nachträglich eingerückte
Clausel ebenso unzweifelhaft nichtig; die kümmerliche Hinter-
hältigkeit des Collegen lag hier offen zu Tage; dennoch fand es
Caesar in seinem Interesse all diese Winkelzüge nicht zu sehen
und mit jener Clausel sich zu begnügen. -- Wenn Pompeius dies
Begehren Caesars wenigstens nicht offen zurückzuweisen wagte,
so stiess dagegen das zweite: ihm die Cumulirung der Statthalter-
schaft und des Consulats zu gestatten -- auf die entschiedenste
Weigerung. Dies ging allerdings über den Vertrag von Luca hinaus;
allein es war eine unter den veränderten Verhältnissen durchaus
gerechte, ja schlechterdings nothwendige Forderung des Collegen
an den Collegen. Vor wenigen Jahren erst hatte Pompeius die
Statthalterschaft beider Spanien mit dem Consulat zusammen
verwaltet und noch gegenwärtig cumulirte er, ausser dem wich-
tigen Oberaufsichtsamt über das hauptstädtische Verpflegungs-
wesen, den militärischen Oberbefehl in Italien mit dem spani-
schen; es war nur billig dem Collegen das Gleiche zu gewähren.
Caesar konnte es nicht darauf ankommen lassen neben Pom-
peius, der sämmtliche waffenfähige Mannschaft in Italien in Eid
und Pflicht genommen hatte, bloss als Consul, das heisst ohne
militärischen Oberbefehl und ohne Truppen, zu stehen; es war
das Wenigste, was er fordern konnte, ihm neben dem Consulat
das Commando in Norditalien und jenseit der Alpen zu belassen.
Die Sache kam im Senat zur Verhandlung: nach dem Gutachten
des neuen Consuls Marcus Marcellus ward Caesars Begehren
abgelehnt (Anf. 703). Es konnte nicht zweifelhaft sein, dass

FÜNFTES BUCH. KAPITEL IX.
den Beamten unzulässig war, alsdann ihm gewiſs, wie denn Cato
längst geschworen hatte ihn bei erster Gelegenheit zu belangen;
und da Pompeius ein mehr als zweifelhafter Beschützer war, so
hatte das Publicum ganz Recht ihm für diesen Fall einen miloni-
schen Prozeſs zu prophezeien. Pompeius erkannte denn auch die
Billigkeit dieser Forderung an und es ward im J. 702 durch ein
tribunicisches Gesetz Caesar gestattet sich abwesend um das
Consulat zu bewerben. Bald darauf erging die neue Wahlordnung
(S. 308); mit Befremden sahen Caesars Freunde, daſs die Ver-
pflichtung der Candidaten sich persönlich zu melden darin allge-
mein wiederholt und keinerlei Ausnahme zu Gunsten der durch
frühere Gesetze davon Dispensirten hinzugefügt war. Auf Cae-
sars Beschwerde ward eine solche beschränkende Clausel dem
schon solennisirten Gesetz zwar eingefügt, aber nicht durch
neuen Volksschluſs bestätigt. Nach formellem Recht war das zu
Gunsten Caesars ergangene Privileg durch die jüngere Wahlord-
nung unzweifelhaft aufgehoben und die nachträglich eingerückte
Clausel ebenso unzweifelhaft nichtig; die kümmerliche Hinter-
hältigkeit des Collegen lag hier offen zu Tage; dennoch fand es
Caesar in seinem Interesse all diese Winkelzüge nicht zu sehen
und mit jener Clausel sich zu begnügen. — Wenn Pompeius dies
Begehren Caesars wenigstens nicht offen zurückzuweisen wagte,
so stieſs dagegen das zweite: ihm die Cumulirung der Statthalter-
schaft und des Consulats zu gestatten — auf die entschiedenste
Weigerung. Dies ging allerdings über den Vertrag von Luca hinaus;
allein es war eine unter den veränderten Verhältnissen durchaus
gerechte, ja schlechterdings nothwendige Forderung des Collegen
an den Collegen. Vor wenigen Jahren erst hatte Pompeius die
Statthalterschaft beider Spanien mit dem Consulat zusammen
verwaltet und noch gegenwärtig cumulirte er, auſser dem wich-
tigen Oberaufsichtsamt über das hauptstädtische Verpflegungs-
wesen, den militärischen Oberbefehl in Italien mit dem spani-
schen; es war nur billig dem Collegen das Gleiche zu gewähren.
Caesar konnte es nicht darauf ankommen lassen neben Pom-
peius, der sämmtliche waffenfähige Mannschaft in Italien in Eid
und Pflicht genommen hatte, bloſs als Consul, das heiſst ohne
militärischen Oberbefehl und ohne Truppen, zu stehen; es war
das Wenigste, was er fordern konnte, ihm neben dem Consulat
das Commando in Norditalien und jenseit der Alpen zu belassen.
Die Sache kam im Senat zur Verhandlung: nach dem Gutachten
des neuen Consuls Marcus Marcellus ward Caesars Begehren
abgelehnt (Anf. 703). Es konnte nicht zweifelhaft sein, daſs

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[332/0342] FÜNFTES BUCH. KAPITEL IX. den Beamten unzulässig war, alsdann ihm gewiſs, wie denn Cato längst geschworen hatte ihn bei erster Gelegenheit zu belangen; und da Pompeius ein mehr als zweifelhafter Beschützer war, so hatte das Publicum ganz Recht ihm für diesen Fall einen miloni- schen Prozeſs zu prophezeien. Pompeius erkannte denn auch die Billigkeit dieser Forderung an und es ward im J. 702 durch ein tribunicisches Gesetz Caesar gestattet sich abwesend um das Consulat zu bewerben. Bald darauf erging die neue Wahlordnung (S. 308); mit Befremden sahen Caesars Freunde, daſs die Ver- pflichtung der Candidaten sich persönlich zu melden darin allge- mein wiederholt und keinerlei Ausnahme zu Gunsten der durch frühere Gesetze davon Dispensirten hinzugefügt war. Auf Cae- sars Beschwerde ward eine solche beschränkende Clausel dem schon solennisirten Gesetz zwar eingefügt, aber nicht durch neuen Volksschluſs bestätigt. Nach formellem Recht war das zu Gunsten Caesars ergangene Privileg durch die jüngere Wahlord- nung unzweifelhaft aufgehoben und die nachträglich eingerückte Clausel ebenso unzweifelhaft nichtig; die kümmerliche Hinter- hältigkeit des Collegen lag hier offen zu Tage; dennoch fand es Caesar in seinem Interesse all diese Winkelzüge nicht zu sehen und mit jener Clausel sich zu begnügen. — Wenn Pompeius dies Begehren Caesars wenigstens nicht offen zurückzuweisen wagte, so stieſs dagegen das zweite: ihm die Cumulirung der Statthalter- schaft und des Consulats zu gestatten — auf die entschiedenste Weigerung. Dies ging allerdings über den Vertrag von Luca hinaus; allein es war eine unter den veränderten Verhältnissen durchaus gerechte, ja schlechterdings nothwendige Forderung des Collegen an den Collegen. Vor wenigen Jahren erst hatte Pompeius die Statthalterschaft beider Spanien mit dem Consulat zusammen verwaltet und noch gegenwärtig cumulirte er, auſser dem wich- tigen Oberaufsichtsamt über das hauptstädtische Verpflegungs- wesen, den militärischen Oberbefehl in Italien mit dem spani- schen; es war nur billig dem Collegen das Gleiche zu gewähren. Caesar konnte es nicht darauf ankommen lassen neben Pom- peius, der sämmtliche waffenfähige Mannschaft in Italien in Eid und Pflicht genommen hatte, bloſs als Consul, das heiſst ohne militärischen Oberbefehl und ohne Truppen, zu stehen; es war das Wenigste, was er fordern konnte, ihm neben dem Consulat das Commando in Norditalien und jenseit der Alpen zu belassen. Die Sache kam im Senat zur Verhandlung: nach dem Gutachten des neuen Consuls Marcus Marcellus ward Caesars Begehren abgelehnt (Anf. 703). Es konnte nicht zweifelhaft sein, daſs

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/342>, abgerufen am 19.12.2024.