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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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DER BRUCH DER GESAMMTHERRSCHER.
Felde zu ziehen; in diesem Fall war er es, der über die gehor-
same Senatsmajorität verfügte und konnte er die Coalition der
Pompeianer und der Republikaner erschweren, ja vielleicht völlig
vereiteln. Allerdings hing das Gelingen dieses Planes davon ab,
dass Pompeius gutmüthig genug war Caesar das ihm in Luca zu-
gesicherte Consulat für 706 jetzt noch zuzugestehen; aber selbst
wenn dies fehlschlug, war es für Caesar immer noch vortheilhaft
die grösste Nachgiebigkeit thatsächlich und wiederholt zu docu-
mentiren. Theils ward dadurch Zeit gewonnen um im Kelten-
land zum Ziele zu kommen, wo der Aufstand des Vercingetorix
eben alles Erreichte von Neuem in Frage stellte und Caesar vom
Winter 701/2 bis zum Sommer 703 unausgesetzt beschäftigte;
theils blieb den Gegnern die gehässige Initiative des Bruches und
also des Bürgerkriegs, was sowohl der Senatsmajorität und der
Partei der materiellen Interessen, als auch namentlich den eige-
nen Soldaten gegenüber für Caesar vom grössten Belang war. --
Hienach handelte er. Er rüstete freilich: durch neue Aushebun-
gen im Winter 702/3 stieg die Zahl seiner Legionen einschliess-
lich der von Pompeius entlehnten auf elf. Aber zugleich billigte
er ausdrücklich und öffentlich Pompeius Verhalten während der
Dictatur und die durch ihn bewirkte Wiederherstellung der Ord-
nung in der Hauptstadt, wies die Warnungen geschäftiger Freunde
als Verleumdungen zurück, übersah, was sich übersehen liess
und ertrug, was ertragen werden konnte, unerschütterlich fest-
haltend nur an der einen und entscheidenden Forderung, dass
das nach republikanischem Staatsrecht zulässige, von seinem
Collegen vertragsmässig zugestandene zweite Consulat ihm in ge-
höriger Weise zu Theil werde. Indess bedurfte es hiezu noth-
wendig noch zweier weiterer Zugeständnisse von Seiten des Pom-
peius. Das eine war der Sache nach schon in dem Vertrag von
Luca enthalten. Hier war festgesetzt worden, dass Caesars Statt-
halterschaft mit dem letzten December 705 zu Ende gehen und
das Consulat ihm für 706 offen gehalten werden solle. Allein da
nach der römischen Verfassung der Consularcandidat ein halbes
Jahr vor dem Amtsantritt persönlich sich in der Hauptstadt als
Bewerber zu melden verpflichtet war, der Statthalter aber die
Hauptstadt erst nach Niederlegung seines Amtes betreten durfte,
so konnte diese Clausel nur ausgeführt werden, wenn Caesar, wie
dies oft geschehen war, von der Pflicht persönlicher Bewerbung
dispensirt ward. Caesar musste hierauf bestehen, denn wenn er
die Statthalterschaft abgab, ehe er das Consulat übernahm, so
war die Anklage, die nach römischem Recht gegen den fungiren-

DER BRUCH DER GESAMMTHERRSCHER.
Felde zu ziehen; in diesem Fall war er es, der über die gehor-
same Senatsmajorität verfügte und konnte er die Coalition der
Pompeianer und der Republikaner erschweren, ja vielleicht völlig
vereiteln. Allerdings hing das Gelingen dieses Planes davon ab,
daſs Pompeius gutmüthig genug war Caesar das ihm in Luca zu-
gesicherte Consulat für 706 jetzt noch zuzugestehen; aber selbst
wenn dies fehlschlug, war es für Caesar immer noch vortheilhaft
die gröſste Nachgiebigkeit thatsächlich und wiederholt zu docu-
mentiren. Theils ward dadurch Zeit gewonnen um im Kelten-
land zum Ziele zu kommen, wo der Aufstand des Vercingetorix
eben alles Erreichte von Neuem in Frage stellte und Caesar vom
Winter 701/2 bis zum Sommer 703 unausgesetzt beschäftigte;
theils blieb den Gegnern die gehässige Initiative des Bruches und
also des Bürgerkriegs, was sowohl der Senatsmajorität und der
Partei der materiellen Interessen, als auch namentlich den eige-
nen Soldaten gegenüber für Caesar vom gröſsten Belang war. —
Hienach handelte er. Er rüstete freilich: durch neue Aushebun-
gen im Winter 702/3 stieg die Zahl seiner Legionen einschlieſs-
lich der von Pompeius entlehnten auf elf. Aber zugleich billigte
er ausdrücklich und öffentlich Pompeius Verhalten während der
Dictatur und die durch ihn bewirkte Wiederherstellung der Ord-
nung in der Hauptstadt, wies die Warnungen geschäftiger Freunde
als Verleumdungen zurück, übersah, was sich übersehen lieſs
und ertrug, was ertragen werden konnte, unerschütterlich fest-
haltend nur an der einen und entscheidenden Forderung, daſs
das nach republikanischem Staatsrecht zulässige, von seinem
Collegen vertragsmäſsig zugestandene zweite Consulat ihm in ge-
höriger Weise zu Theil werde. Indeſs bedurfte es hiezu noth-
wendig noch zweier weiterer Zugeständnisse von Seiten des Pom-
peius. Das eine war der Sache nach schon in dem Vertrag von
Luca enthalten. Hier war festgesetzt worden, daſs Caesars Statt-
halterschaft mit dem letzten December 705 zu Ende gehen und
das Consulat ihm für 706 offen gehalten werden solle. Allein da
nach der römischen Verfassung der Consularcandidat ein halbes
Jahr vor dem Amtsantritt persönlich sich in der Hauptstadt als
Bewerber zu melden verpflichtet war, der Statthalter aber die
Hauptstadt erst nach Niederlegung seines Amtes betreten durfte,
so konnte diese Clausel nur ausgeführt werden, wenn Caesar, wie
dies oft geschehen war, von der Pflicht persönlicher Bewerbung
dispensirt ward. Caesar muſste hierauf bestehen, denn wenn er
die Statthalterschaft abgab, ehe er das Consulat übernahm, so
war die Anklage, die nach römischem Recht gegen den fungiren-

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[331/0341] DER BRUCH DER GESAMMTHERRSCHER. Felde zu ziehen; in diesem Fall war er es, der über die gehor- same Senatsmajorität verfügte und konnte er die Coalition der Pompeianer und der Republikaner erschweren, ja vielleicht völlig vereiteln. Allerdings hing das Gelingen dieses Planes davon ab, daſs Pompeius gutmüthig genug war Caesar das ihm in Luca zu- gesicherte Consulat für 706 jetzt noch zuzugestehen; aber selbst wenn dies fehlschlug, war es für Caesar immer noch vortheilhaft die gröſste Nachgiebigkeit thatsächlich und wiederholt zu docu- mentiren. Theils ward dadurch Zeit gewonnen um im Kelten- land zum Ziele zu kommen, wo der Aufstand des Vercingetorix eben alles Erreichte von Neuem in Frage stellte und Caesar vom Winter 701/2 bis zum Sommer 703 unausgesetzt beschäftigte; theils blieb den Gegnern die gehässige Initiative des Bruches und also des Bürgerkriegs, was sowohl der Senatsmajorität und der Partei der materiellen Interessen, als auch namentlich den eige- nen Soldaten gegenüber für Caesar vom gröſsten Belang war. — Hienach handelte er. Er rüstete freilich: durch neue Aushebun- gen im Winter 702/3 stieg die Zahl seiner Legionen einschlieſs- lich der von Pompeius entlehnten auf elf. Aber zugleich billigte er ausdrücklich und öffentlich Pompeius Verhalten während der Dictatur und die durch ihn bewirkte Wiederherstellung der Ord- nung in der Hauptstadt, wies die Warnungen geschäftiger Freunde als Verleumdungen zurück, übersah, was sich übersehen lieſs und ertrug, was ertragen werden konnte, unerschütterlich fest- haltend nur an der einen und entscheidenden Forderung, daſs das nach republikanischem Staatsrecht zulässige, von seinem Collegen vertragsmäſsig zugestandene zweite Consulat ihm in ge- höriger Weise zu Theil werde. Indeſs bedurfte es hiezu noth- wendig noch zweier weiterer Zugeständnisse von Seiten des Pom- peius. Das eine war der Sache nach schon in dem Vertrag von Luca enthalten. Hier war festgesetzt worden, daſs Caesars Statt- halterschaft mit dem letzten December 705 zu Ende gehen und das Consulat ihm für 706 offen gehalten werden solle. Allein da nach der römischen Verfassung der Consularcandidat ein halbes Jahr vor dem Amtsantritt persönlich sich in der Hauptstadt als Bewerber zu melden verpflichtet war, der Statthalter aber die Hauptstadt erst nach Niederlegung seines Amtes betreten durfte, so konnte diese Clausel nur ausgeführt werden, wenn Caesar, wie dies oft geschehen war, von der Pflicht persönlicher Bewerbung dispensirt ward. Caesar muſste hierauf bestehen, denn wenn er die Statthalterschaft abgab, ehe er das Consulat übernahm, so war die Anklage, die nach römischem Recht gegen den fungiren-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/341>, abgerufen am 19.12.2024.