mit den Conservativen theils zu seinen persönlichen Anhängern eine zweite Armee, theils ein angemessenes Kriegsmanifest -- Vortheile, die allerdings erkauft wurden um den hohen Preis einer Coalition mit den principiellen Gegnern. Von den unzähligen Uebelständen, die hierin lagen, entwickelte sich vorläufig nur erst der eine, aber bereits sehr ernste, dass Pompeius es aus der Hand gab, wann und wie es ihm gefiel, mit Caesar zu brechen und in diesem entscheidenden Puncte sich abhängig machte von allen Zufälligkeiten und Launen einer aristokratischen Corporation.
So ward also die republikanische Opposition, nachdem sie sich Jahre lang mit der Zuschauerrolle hatte begnügen müssen und kaum hatte wagen dürfen zu pfeifen, jetzt durch den bevor- stehenden Bruch der Machthaber wieder auf die politische Schau- bühne zurückgeführt. Es war nicht schwer vorauszusehen, wie sie zu Pompeius Coalitionsversuchen sich verhalten werde. Im Senat, auf den es vorläufig allein ankam, war zwar die ganze Körperschaft mit wenigen vereinzelten Ausnahmen der Monarchie abgeneigt; allein die Majorität wollte doch das oligarchische Regi- ment nur dann restauriren, wenn es ohne Gefahr sich restauriren liess, womit es denn freilich gute Weile hatte. Sie verlangte vor allen Dingen und um jeden Preis Frieden und war allem abgeneigt, was entschieden war, am meisten einem entschiedenen Bruch mit dem einen oder dem andern der Machthaber. Die kleine Minorität der Entschlossenen, die in Cato ihren Mittelpunct fand, wünschte im Gegentheil nichts eifriger als den Kampf für die Republik und gegen die Monarchie je eher desto lieber zu beginnen. Der kläg- liche Ausgang des im J. 698 gemachten Versuches (S. 294) hatte sie indess belehrt, dass sie für sich allein den Krieg nicht einmal zu bewirken, geschweige denn zu führen vermochte; sie begriff, dass die einzige Möglichkeit zu einer Restauration des alten Regiments zu gelangen in der Coalition mit dem minder ge- fährlichen gegen den gefährlicheren Herrscher lag. Wenn Pom- peius sich zu der oligarchischen Verfassung bekannte und für sie gegen Caesar zu streiten sich erbot, so konnte und musste die republikanische Opposition ihn als ihren Feldherrn anerkennen und mit ihm im Bunde die furchtsame Majorität zur Kriegserklä- rung zwingen. Dass es Pompeius mit seiner Verfassungstreue nicht voller Ernst war, konnte zwar Niemand entgehen; aber halb wie er in allem war, war es ihm doch auch keineswegs so wie Caesar zum deutlichen und sicheren Bewusstsein gekommen, dass es das erste Geschäft des neuen Monarchen sein müsse mit dem oligarchischen Gerümpel gründlich und abschliessend auf-
FÜNFTES BUCH. KAPITEL IX.
mit den Conservativen theils zu seinen persönlichen Anhängern eine zweite Armee, theils ein angemessenes Kriegsmanifest — Vortheile, die allerdings erkauft wurden um den hohen Preis einer Coalition mit den principiellen Gegnern. Von den unzähligen Uebelständen, die hierin lagen, entwickelte sich vorläufig nur erst der eine, aber bereits sehr ernste, daſs Pompeius es aus der Hand gab, wann und wie es ihm gefiel, mit Caesar zu brechen und in diesem entscheidenden Puncte sich abhängig machte von allen Zufälligkeiten und Launen einer aristokratischen Corporation.
So ward also die republikanische Opposition, nachdem sie sich Jahre lang mit der Zuschauerrolle hatte begnügen müssen und kaum hatte wagen dürfen zu pfeifen, jetzt durch den bevor- stehenden Bruch der Machthaber wieder auf die politische Schau- bühne zurückgeführt. Es war nicht schwer vorauszusehen, wie sie zu Pompeius Coalitionsversuchen sich verhalten werde. Im Senat, auf den es vorläufig allein ankam, war zwar die ganze Körperschaft mit wenigen vereinzelten Ausnahmen der Monarchie abgeneigt; allein die Majorität wollte doch das oligarchische Regi- ment nur dann restauriren, wenn es ohne Gefahr sich restauriren lieſs, womit es denn freilich gute Weile hatte. Sie verlangte vor allen Dingen und um jeden Preis Frieden und war allem abgeneigt, was entschieden war, am meisten einem entschiedenen Bruch mit dem einen oder dem andern der Machthaber. Die kleine Minorität der Entschlossenen, die in Cato ihren Mittelpunct fand, wünschte im Gegentheil nichts eifriger als den Kampf für die Republik und gegen die Monarchie je eher desto lieber zu beginnen. Der kläg- liche Ausgang des im J. 698 gemachten Versuches (S. 294) hatte sie indeſs belehrt, daſs sie für sich allein den Krieg nicht einmal zu bewirken, geschweige denn zu führen vermochte; sie begriff, daſs die einzige Möglichkeit zu einer Restauration des alten Regiments zu gelangen in der Coalition mit dem minder ge- fährlichen gegen den gefährlicheren Herrscher lag. Wenn Pom- peius sich zu der oligarchischen Verfassung bekannte und für sie gegen Caesar zu streiten sich erbot, so konnte und muſste die republikanische Opposition ihn als ihren Feldherrn anerkennen und mit ihm im Bunde die furchtsame Majorität zur Kriegserklä- rung zwingen. Daſs es Pompeius mit seiner Verfassungstreue nicht voller Ernst war, konnte zwar Niemand entgehen; aber halb wie er in allem war, war es ihm doch auch keineswegs so wie Caesar zum deutlichen und sicheren Bewuſstsein gekommen, daſs es das erste Geschäft des neuen Monarchen sein müsse mit dem oligarchischen Gerümpel gründlich und abschlieſsend auf-
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[328/0338]
FÜNFTES BUCH. KAPITEL IX.
mit den Conservativen theils zu seinen persönlichen Anhängern
eine zweite Armee, theils ein angemessenes Kriegsmanifest —
Vortheile, die allerdings erkauft wurden um den hohen Preis einer
Coalition mit den principiellen Gegnern. Von den unzähligen
Uebelständen, die hierin lagen, entwickelte sich vorläufig nur erst
der eine, aber bereits sehr ernste, daſs Pompeius es aus der Hand
gab, wann und wie es ihm gefiel, mit Caesar zu brechen und in
diesem entscheidenden Puncte sich abhängig machte von allen
Zufälligkeiten und Launen einer aristokratischen Corporation.
So ward also die republikanische Opposition, nachdem sie
sich Jahre lang mit der Zuschauerrolle hatte begnügen müssen
und kaum hatte wagen dürfen zu pfeifen, jetzt durch den bevor-
stehenden Bruch der Machthaber wieder auf die politische Schau-
bühne zurückgeführt. Es war nicht schwer vorauszusehen, wie
sie zu Pompeius Coalitionsversuchen sich verhalten werde. Im
Senat, auf den es vorläufig allein ankam, war zwar die ganze
Körperschaft mit wenigen vereinzelten Ausnahmen der Monarchie
abgeneigt; allein die Majorität wollte doch das oligarchische Regi-
ment nur dann restauriren, wenn es ohne Gefahr sich restauriren
lieſs, womit es denn freilich gute Weile hatte. Sie verlangte vor
allen Dingen und um jeden Preis Frieden und war allem abgeneigt,
was entschieden war, am meisten einem entschiedenen Bruch mit
dem einen oder dem andern der Machthaber. Die kleine Minorität
der Entschlossenen, die in Cato ihren Mittelpunct fand, wünschte
im Gegentheil nichts eifriger als den Kampf für die Republik und
gegen die Monarchie je eher desto lieber zu beginnen. Der kläg-
liche Ausgang des im J. 698 gemachten Versuches (S. 294)
hatte sie indeſs belehrt, daſs sie für sich allein den Krieg nicht
einmal zu bewirken, geschweige denn zu führen vermochte; sie
begriff, daſs die einzige Möglichkeit zu einer Restauration des
alten Regiments zu gelangen in der Coalition mit dem minder ge-
fährlichen gegen den gefährlicheren Herrscher lag. Wenn Pom-
peius sich zu der oligarchischen Verfassung bekannte und für sie
gegen Caesar zu streiten sich erbot, so konnte und muſste die
republikanische Opposition ihn als ihren Feldherrn anerkennen
und mit ihm im Bunde die furchtsame Majorität zur Kriegserklä-
rung zwingen. Daſs es Pompeius mit seiner Verfassungstreue
nicht voller Ernst war, konnte zwar Niemand entgehen; aber
halb wie er in allem war, war es ihm doch auch keineswegs so
wie Caesar zum deutlichen und sicheren Bewuſstsein gekommen,
daſs es das erste Geschäft des neuen Monarchen sein müsse mit
dem oligarchischen Gerümpel gründlich und abschlieſsend auf-
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/338>, abgerufen am 20.12.2024.
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