Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.DER BRUCH DER GESAMMTHERRSCHER. wie es der Lage der Sache entsprach und vielfach gefordert ward,sondern in seinem neuen Schwiegervater sich einen von ihm völ- lig abhängigen Figuranten an die Seite setzte (S. 309); noch we- niger, als Pompeius sich gleichzeitig die Statthalterschaft beider Spanien auf weitere fünf Jahre, also bis 709 verlängern und für die Besoldung seiner Truppen sich aus der Staatskasse eine an- sehnliche feste Summe auswerfen liess, ohne für Caesar die gleiche Verlängerung des Commandos und die gleiche Geldbewilligung zu bedingen. Unverkennbar waren diese Uebergriffe darauf be- rechnet Caesars Stellung zu untergraben und demnächst ihn zu stürzen. Der Augenblick konnte nicht günstiger sein. Crassus, seit der sullanischen Zeit mit Pompeius aufs tiefste verfeindet und fast ebenso lange mit Caesar politisch und persönlich verbündet, wäre bei einem etwanigen Bruch zwischen Pompeius und Caesar unzweifelhaft auf Caesars Seite getreten; wie er war, allenfalls, wenn er nicht selbst König von Rom sein konnte, auch damit zufrieden der erste Banquier des neuen Königs von Rom zu sein, durfte Caesar überhaupt auf seine Unterstützung mit Sicherheit zählen und auf keinen Fall besorgen ihn sich gegenüber als Ver- bündeten seiner Feinde zu erblicken. Nur darum hatte Caesar in Luca Pompeius so viel eingeräumt, weil er an Crassus und des- sen syrischer Armee zugleich ein Gegengewicht gegen Pompeius erhielt; die Katastrophe vom Juni 701, in der Heer und Feldherr zu Grunde gingen, war auch für Caesar ein furchtbar schwerer Schlag. Wenige Monate später brach in Gallien, eben da es voll- ständig unterworfen schien, die nationale Insurrection gewaltiger als je aus und zum erstenmal schien hier gegen Caesar ein eben- bürtiger Gegner in dem Arvernerkönig Vercingetorix aufgetreten zu sein. Wieder einmal hatte das Geschick für Pompeius gear- beitet: Crassus war todt, ganz Gallien im Aufstand, Pompeius factisch Dictator von Rom und Herr des Senats -- was hätte kommen mögen, wenn er jetzt den Senat zwang Caesar aus Gal- lien abzurufen! -- Aber Pompeius hat es nie veretanden das Glück bei der Locke zu fassen. Er kündigte den Bruch deutlich genug an: bereits 702 liessen seine Handlungen darüber keinen Zweifel und schon im Frühjahr 703 sprach er seine Absicht mit Caesar zu brechen unverholen aus; aber er brach nicht und liess ungenutzt die Monate verstreichen. Indess wie auch Pompeius zögerte, die Krise rückte doch DER BRUCH DER GESAMMTHERRSCHER. wie es der Lage der Sache entsprach und vielfach gefordert ward,sondern in seinem neuen Schwiegervater sich einen von ihm völ- lig abhängigen Figuranten an die Seite setzte (S. 309); noch we- niger, als Pompeius sich gleichzeitig die Statthalterschaft beider Spanien auf weitere fünf Jahre, also bis 709 verlängern und für die Besoldung seiner Truppen sich aus der Staatskasse eine an- sehnliche feste Summe auswerfen lieſs, ohne für Caesar die gleiche Verlängerung des Commandos und die gleiche Geldbewilligung zu bedingen. Unverkennbar waren diese Uebergriffe darauf be- rechnet Caesars Stellung zu untergraben und demnächst ihn zu stürzen. Der Augenblick konnte nicht günstiger sein. Crassus, seit der sullanischen Zeit mit Pompeius aufs tiefste verfeindet und fast ebenso lange mit Caesar politisch und persönlich verbündet, wäre bei einem etwanigen Bruch zwischen Pompeius und Caesar unzweifelhaft auf Caesars Seite getreten; wie er war, allenfalls, wenn er nicht selbst König von Rom sein konnte, auch damit zufrieden der erste Banquier des neuen Königs von Rom zu sein, durfte Caesar überhaupt auf seine Unterstützung mit Sicherheit zählen und auf keinen Fall besorgen ihn sich gegenüber als Ver- bündeten seiner Feinde zu erblicken. Nur darum hatte Caesar in Luca Pompeius so viel eingeräumt, weil er an Crassus und des- sen syrischer Armee zugleich ein Gegengewicht gegen Pompeius erhielt; die Katastrophe vom Juni 701, in der Heer und Feldherr zu Grunde gingen, war auch für Caesar ein furchtbar schwerer Schlag. Wenige Monate später brach in Gallien, eben da es voll- ständig unterworfen schien, die nationale Insurrection gewaltiger als je aus und zum erstenmal schien hier gegen Caesar ein eben- bürtiger Gegner in dem Arvernerkönig Vercingetorix aufgetreten zu sein. Wieder einmal hatte das Geschick für Pompeius gear- beitet: Crassus war todt, ganz Gallien im Aufstand, Pompeius factisch Dictator von Rom und Herr des Senats — was hätte kommen mögen, wenn er jetzt den Senat zwang Caesar aus Gal- lien abzurufen! — Aber Pompeius hat es nie veretanden das Glück bei der Locke zu fassen. Er kündigte den Bruch deutlich genug an: bereits 702 lieſsen seine Handlungen darüber keinen Zweifel und schon im Frühjahr 703 sprach er seine Absicht mit Caesar zu brechen unverholen aus; aber er brach nicht und lieſs ungenutzt die Monate verstreichen. 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DER BRUCH DER GESAMMTHERRSCHER.
wie es der Lage der Sache entsprach und vielfach gefordert ward,
sondern in seinem neuen Schwiegervater sich einen von ihm völ-
lig abhängigen Figuranten an die Seite setzte (S. 309); noch we-
niger, als Pompeius sich gleichzeitig die Statthalterschaft beider
Spanien auf weitere fünf Jahre, also bis 709 verlängern und für
die Besoldung seiner Truppen sich aus der Staatskasse eine an-
sehnliche feste Summe auswerfen lieſs, ohne für Caesar die gleiche
Verlängerung des Commandos und die gleiche Geldbewilligung
zu bedingen. Unverkennbar waren diese Uebergriffe darauf be-
rechnet Caesars Stellung zu untergraben und demnächst ihn zu
stürzen. Der Augenblick konnte nicht günstiger sein. Crassus,
seit der sullanischen Zeit mit Pompeius aufs tiefste verfeindet und
fast ebenso lange mit Caesar politisch und persönlich verbündet,
wäre bei einem etwanigen Bruch zwischen Pompeius und Caesar
unzweifelhaft auf Caesars Seite getreten; wie er war, allenfalls,
wenn er nicht selbst König von Rom sein konnte, auch damit
zufrieden der erste Banquier des neuen Königs von Rom zu sein,
durfte Caesar überhaupt auf seine Unterstützung mit Sicherheit
zählen und auf keinen Fall besorgen ihn sich gegenüber als Ver-
bündeten seiner Feinde zu erblicken. Nur darum hatte Caesar in
Luca Pompeius so viel eingeräumt, weil er an Crassus und des-
sen syrischer Armee zugleich ein Gegengewicht gegen Pompeius
erhielt; die Katastrophe vom Juni 701, in der Heer und Feldherr
zu Grunde gingen, war auch für Caesar ein furchtbar schwerer
Schlag. Wenige Monate später brach in Gallien, eben da es voll-
ständig unterworfen schien, die nationale Insurrection gewaltiger
als je aus und zum erstenmal schien hier gegen Caesar ein eben-
bürtiger Gegner in dem Arvernerkönig Vercingetorix aufgetreten
zu sein. Wieder einmal hatte das Geschick für Pompeius gear-
beitet: Crassus war todt, ganz Gallien im Aufstand, Pompeius
factisch Dictator von Rom und Herr des Senats — was hätte
kommen mögen, wenn er jetzt den Senat zwang Caesar aus Gal-
lien abzurufen! — Aber Pompeius hat es nie veretanden das
Glück bei der Locke zu fassen. Er kündigte den Bruch deutlich
genug an: bereits 702 lieſsen seine Handlungen darüber keinen
Zweifel und schon im Frühjahr 703 sprach er seine Absicht mit
Caesar zu brechen unverholen aus; aber er brach nicht und lieſs
ungenutzt die Monate verstreichen.
Indeſs wie auch Pompeius zögerte, die Krise rückte doch
durch das Schwergewicht der Dinge selbst unaufhaltsam heran
und die Vorbereitungen zu ihr wurden allerseits getroffen. —
Der bevorstehende Krieg war nicht etwa ein Kampf zwischen Re-
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