stade noch ein Treffen, nur um den Rückzug sich zu erfechten und schiffte sodann in den Hafen Cosa nach Sardinien sich ein, von wo aus er der Hauptstadt die Zufuhr abzuschneiden und mit den spanischen Insurgenten in Verbindung zu treten hoffte. Allein der Statthalter der Insel leistete ihm kräftigen Widerstand und er selbst starb nicht lange nach seiner Landung an der Schwind- sucht (677), womit in Sardinien der Krieg zu Ende war. Ein Theil seiner Soldaten verlief sich; der gewesene Prätor Marcus Perpenna begab sich mit starker Mannschaft und voller Kasse nach Ligurien und von da nach Spanien zu den Sertorianern.
Ueber Lepidus also hatte die Oligarchie gesiegt; dagegen sah sie sich durch die gefährliche Wendung des sertorianischen Krie- ges zu Zugeständnissen genöthigt, die den Buchstaben wie den Geist der sullanischen Verfassung verletzten. Es war schlechter- dings nothwendig ein starkes Heer und einen fähigen Feldherrn nach Spanien zu senden; und Pompeius gab sehr deutlich zu ver- stehen, dass er diesen Auftrag wünsche oder vielmehr fordere. Die Zumuthung war stark. Es war schon übel genug, dass man die- sen geheimen Gegner in dem Drange der lepidianischen Revolu- tion wieder zu einem ausserordentlichen Commando hatte gelan- gen lassen; aber noch viel bedenklicher war es mit Beseitigung aller von Sulla aufgestellten Regeln der Beamtenhierarchie einem Manne, der noch kein Amt bekleidet hatte, eine der mächtigsten ordentlichen Provinzialstatthalterschaften in der Art zu übertra- gen, dass an die Niederlegung derselben in der gesetzlichen Jah- resfrist nicht zu denken war. Die Oligarchie hatte somit, auch abgesehen von der ihrem Feldherrn Metellus schuldigen Rücksicht, alle Ursache diesem neuen Versuch des ehrgeizigen Jünglings seine Sonderstellung zu verewigen allen Ernstes sich zu widersetzen; allein leicht war dies nicht. Zunächst fehlte es ihr durchaus an einem für den schwierigen spanischen Feldherrnposten geeigneten Mann. Keiner der Consuln des Jahres bezeigte Lust sich mit Ser- torius zu messen und man musste es hinnehmen, was Lucius Philippus in voller Rathversammlung sagte, dass unter allen an- gesehenen Senatoren nicht einer fähig und willig sei in einem ernsthaften Kriege zu commandiren. Vielleicht hätte man dennoch hierüber sich hinweggesetzt und nach Oligarchenart, da man kei- nen fähigen Candidaten hatte, die Stelle mit irgend einem Lücken- büsser ausgefüllt, wenn Pompeius den Befehl bloss gewünscht und nicht ihn an der Spitze einer Armee gefordert hätte. Catulus Weisungen das Herr zu entlassen hatte er bereits überhört; es war mindestens zweifelhaft, ob die des Senats eine bessere Auf-
LEPIDUS UND SERTORIUS.
stade noch ein Treffen, nur um den Rückzug sich zu erfechten und schiffte sodann in den Hafen Cosa nach Sardinien sich ein, von wo aus er der Hauptstadt die Zufuhr abzuschneiden und mit den spanischen Insurgenten in Verbindung zu treten hoffte. Allein der Statthalter der Insel leistete ihm kräftigen Widerstand und er selbst starb nicht lange nach seiner Landung an der Schwind- sucht (677), womit in Sardinien der Krieg zu Ende war. Ein Theil seiner Soldaten verlief sich; der gewesene Prätor Marcus Perpenna begab sich mit starker Mannschaft und voller Kasse nach Ligurien und von da nach Spanien zu den Sertorianern.
Ueber Lepidus also hatte die Oligarchie gesiegt; dagegen sah sie sich durch die gefährliche Wendung des sertorianischen Krie- ges zu Zugeständnissen genöthigt, die den Buchstaben wie den Geist der sullanischen Verfassung verletzten. Es war schlechter- dings nothwendig ein starkes Heer und einen fähigen Feldherrn nach Spanien zu senden; und Pompeius gab sehr deutlich zu ver- stehen, daſs er diesen Auftrag wünsche oder vielmehr fordere. Die Zumuthung war stark. Es war schon übel genug, daſs man die- sen geheimen Gegner in dem Drange der lepidianischen Revolu- tion wieder zu einem auſserordentlichen Commando hatte gelan- gen lassen; aber noch viel bedenklicher war es mit Beseitigung aller von Sulla aufgestellten Regeln der Beamtenhierarchie einem Manne, der noch kein Amt bekleidet hatte, eine der mächtigsten ordentlichen Provinzialstatthalterschaften in der Art zu übertra- gen, daſs an die Niederlegung derselben in der gesetzlichen Jah- resfrist nicht zu denken war. Die Oligarchie hatte somit, auch abgesehen von der ihrem Feldherrn Metellus schuldigen Rücksicht, alle Ursache diesem neuen Versuch des ehrgeizigen Jünglings seine Sonderstellung zu verewigen allen Ernstes sich zu widersetzen; allein leicht war dies nicht. Zunächst fehlte es ihr durchaus an einem für den schwierigen spanischen Feldherrnposten geeigneten Mann. Keiner der Consuln des Jahres bezeigte Lust sich mit Ser- torius zu messen und man musste es hinnehmen, was Lucius Philippus in voller Rathversammlung sagte, daſs unter allen an- gesehenen Senatoren nicht einer fähig und willig sei in einem ernsthaften Kriege zu commandiren. Vielleicht hätte man dennoch hierüber sich hinweggesetzt und nach Oligarchenart, da man kei- nen fähigen Candidaten hatte, die Stelle mit irgend einem Lücken- büſser ausgefüllt, wenn Pompeius den Befehl bloſs gewünscht und nicht ihn an der Spitze einer Armee gefordert hätte. Catulus Weisungen das Herr zu entlassen hatte er bereits überhört; es war mindestens zweifelhaft, ob die des Senats eine bessere Auf-
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[23/0033]
LEPIDUS UND SERTORIUS.
stade noch ein Treffen, nur um den Rückzug sich zu erfechten
und schiffte sodann in den Hafen Cosa nach Sardinien sich ein,
von wo aus er der Hauptstadt die Zufuhr abzuschneiden und mit
den spanischen Insurgenten in Verbindung zu treten hoffte. Allein
der Statthalter der Insel leistete ihm kräftigen Widerstand und
er selbst starb nicht lange nach seiner Landung an der Schwind-
sucht (677), womit in Sardinien der Krieg zu Ende war. Ein
Theil seiner Soldaten verlief sich; der gewesene Prätor Marcus
Perpenna begab sich mit starker Mannschaft und voller Kasse
nach Ligurien und von da nach Spanien zu den Sertorianern.
Ueber Lepidus also hatte die Oligarchie gesiegt; dagegen sah
sie sich durch die gefährliche Wendung des sertorianischen Krie-
ges zu Zugeständnissen genöthigt, die den Buchstaben wie den
Geist der sullanischen Verfassung verletzten. Es war schlechter-
dings nothwendig ein starkes Heer und einen fähigen Feldherrn
nach Spanien zu senden; und Pompeius gab sehr deutlich zu ver-
stehen, daſs er diesen Auftrag wünsche oder vielmehr fordere. Die
Zumuthung war stark. Es war schon übel genug, daſs man die-
sen geheimen Gegner in dem Drange der lepidianischen Revolu-
tion wieder zu einem auſserordentlichen Commando hatte gelan-
gen lassen; aber noch viel bedenklicher war es mit Beseitigung
aller von Sulla aufgestellten Regeln der Beamtenhierarchie einem
Manne, der noch kein Amt bekleidet hatte, eine der mächtigsten
ordentlichen Provinzialstatthalterschaften in der Art zu übertra-
gen, daſs an die Niederlegung derselben in der gesetzlichen Jah-
resfrist nicht zu denken war. Die Oligarchie hatte somit, auch
abgesehen von der ihrem Feldherrn Metellus schuldigen Rücksicht,
alle Ursache diesem neuen Versuch des ehrgeizigen Jünglings seine
Sonderstellung zu verewigen allen Ernstes sich zu widersetzen;
allein leicht war dies nicht. Zunächst fehlte es ihr durchaus an
einem für den schwierigen spanischen Feldherrnposten geeigneten
Mann. Keiner der Consuln des Jahres bezeigte Lust sich mit Ser-
torius zu messen und man musste es hinnehmen, was Lucius
Philippus in voller Rathversammlung sagte, daſs unter allen an-
gesehenen Senatoren nicht einer fähig und willig sei in einem
ernsthaften Kriege zu commandiren. Vielleicht hätte man dennoch
hierüber sich hinweggesetzt und nach Oligarchenart, da man kei-
nen fähigen Candidaten hatte, die Stelle mit irgend einem Lücken-
büſser ausgefüllt, wenn Pompeius den Befehl bloſs gewünscht
und nicht ihn an der Spitze einer Armee gefordert hätte. Catulus
Weisungen das Herr zu entlassen hatte er bereits überhört; es
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/33>, abgerufen am 28.11.2024.
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