Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.FÜNFTES BUCH. KAPITEL VIII. werden sollten. Dagegen bedang Caesar sich die Verlängerungseines Commandos, das mit dem J. 700 zu Ende lief, bis zum Schluss des J. 705 aus, so wie die Befugniss seine Legionen auf zehn zu vermehren und die eigenmächtig ausgehobenen Truppen aus der Staatskasse besolden zu lassen. Pompeius und Crassus ward ferner für das nächste Jahr (699), bevor sie in ihre Statt- halterschaften abgingen, das zweite Consulat zugesagt, während Caesar es sich ausmachte gleich nach Beendigung seiner Statthal- terschaft im J. 706, wo für ihn das gesetzlich zwischen zwei Con- sulaten erforderliche zehnjährige Intervall verstrichen war, zum zweiten Mal das höchste Amt zu erhalten. Den militärischen Rückhalt, dessen Pompeius und Crassus zur Regulirung der hauptstädtischen Verhältnisse um so mehr bedurften, als die ur- sprünglich hiezu bestimmten Legionen Caesars für jetzt aus dem transalpinischen Gallien nicht weggezogen werden konnten, fan- den sie in den Legionen, die sie für die spanischen und syrischen Armeen neu ausheben und erst, wenn es ihnen selber angemes- sen schiene, von Italien aus an ihre verschiedenen Bestimmungs- plätze abgehen lassen sollten. Die Hauptfragen waren damit er- ledigt; die untergeordneten Dinge, wie die Festsetzung der gegen die hauptstädtische Opposition zu befolgenden Taktik, die Regu- lirung der Candidaturen für die nächsten Jahre und dergleichen mehr hielten nicht lange auf. Die persönlichen Zwistigkeiten, die dem Verträgniss im Wege standen, schlichtete der grosse Meister der Vermittlung mit gewohnter Leichtigkeit und zwang die wi- derstrebendsten Elemente sich mit einander zu behaben. Zwi- schen Pompeius und Crassus ward äusserlich wenigstens ein collegialisches Einvernehmen wieder hergestellt. Sogar Publius Clodius ward bestimmt sich und seine Meute ruhig zu halten und Pompeius nicht ferner zu belästigen -- keine der geringsten Wunderthaten des mächtigen Zauberers. -- Dass diese ganze Schlichtung der schwebenden Fragen nicht aus einem Compro- miss selbstständiger und ebenbürtig rivalisirender Mächte, son- dern lediglich aus dem guten Willen Caesars hervorging, zeigen die Verhältnisse. Pompeius befand sich in Luca in der peinli- chen Lage eines machtlosen Flüchtlings, der kommt bei seinem Gegner Hülfe zu erbitten. Mochte Caesar ihn zurückweisen und die Coalition als gelöst erklären oder auch ihn aufnehmen und den Bund fortbestehen lassen wie er eben war -- Pompeius war so wie so politisch vernichtet. Wenn er alsdann mit Caesar nicht brach, so war er der machtlose Schutzbefohlene seiner Verbündeten. Wenn er dagegen mit Caesar brach und wenn es FÜNFTES BUCH. KAPITEL VIII. werden sollten. Dagegen bedang Caesar sich die Verlängerungseines Commandos, das mit dem J. 700 zu Ende lief, bis zum Schluſs des J. 705 aus, so wie die Befugniſs seine Legionen auf zehn zu vermehren und die eigenmächtig ausgehobenen Truppen aus der Staatskasse besolden zu lassen. Pompeius und Crassus ward ferner für das nächste Jahr (699), bevor sie in ihre Statt- halterschaften abgingen, das zweite Consulat zugesagt, während Caesar es sich ausmachte gleich nach Beendigung seiner Statthal- terschaft im J. 706, wo für ihn das gesetzlich zwischen zwei Con- sulaten erforderliche zehnjährige Intervall verstrichen war, zum zweiten Mal das höchste Amt zu erhalten. Den militärischen Rückhalt, dessen Pompeius und Crassus zur Regulirung der hauptstädtischen Verhältnisse um so mehr bedurften, als die ur- sprünglich hiezu bestimmten Legionen Caesars für jetzt aus dem transalpinischen Gallien nicht weggezogen werden konnten, fan- den sie in den Legionen, die sie für die spanischen und syrischen Armeen neu ausheben und erst, wenn es ihnen selber angemes- sen schiene, von Italien aus an ihre verschiedenen Bestimmungs- plätze abgehen lassen sollten. Die Hauptfragen waren damit er- ledigt; die untergeordneten Dinge, wie die Festsetzung der gegen die hauptstädtische Opposition zu befolgenden Taktik, die Regu- lirung der Candidaturen für die nächsten Jahre und dergleichen mehr hielten nicht lange auf. Die persönlichen Zwistigkeiten, die dem Verträgniſs im Wege standen, schlichtete der groſse Meister der Vermittlung mit gewohnter Leichtigkeit und zwang die wi- derstrebendsten Elemente sich mit einander zu behaben. Zwi- schen Pompeius und Crassus ward äuſserlich wenigstens ein collegialisches Einvernehmen wieder hergestellt. Sogar Publius Clodius ward bestimmt sich und seine Meute ruhig zu halten und Pompeius nicht ferner zu belästigen — keine der geringsten Wunderthaten des mächtigen Zauberers. — Daſs diese ganze Schlichtung der schwebenden Fragen nicht aus einem Compro- miſs selbstständiger und ebenbürtig rivalisirender Mächte, son- dern lediglich aus dem guten Willen Caesars hervorging, zeigen die Verhältnisse. Pompeius befand sich in Luca in der peinli- chen Lage eines machtlosen Flüchtlings, der kommt bei seinem Gegner Hülfe zu erbitten. Mochte Caesar ihn zurückweisen und die Coalition als gelöst erklären oder auch ihn aufnehmen und den Bund fortbestehen lassen wie er eben war — Pompeius war so wie so politisch vernichtet. Wenn er alsdann mit Caesar nicht brach, so war er der machtlose Schutzbefohlene seiner Verbündeten. 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FÜNFTES BUCH. KAPITEL VIII.
werden sollten. Dagegen bedang Caesar sich die Verlängerung
seines Commandos, das mit dem J. 700 zu Ende lief, bis zum
Schluſs des J. 705 aus, so wie die Befugniſs seine Legionen auf
zehn zu vermehren und die eigenmächtig ausgehobenen Truppen
aus der Staatskasse besolden zu lassen. Pompeius und Crassus
ward ferner für das nächste Jahr (699), bevor sie in ihre Statt-
halterschaften abgingen, das zweite Consulat zugesagt, während
Caesar es sich ausmachte gleich nach Beendigung seiner Statthal-
terschaft im J. 706, wo für ihn das gesetzlich zwischen zwei Con-
sulaten erforderliche zehnjährige Intervall verstrichen war, zum
zweiten Mal das höchste Amt zu erhalten. Den militärischen
Rückhalt, dessen Pompeius und Crassus zur Regulirung der
hauptstädtischen Verhältnisse um so mehr bedurften, als die ur-
sprünglich hiezu bestimmten Legionen Caesars für jetzt aus dem
transalpinischen Gallien nicht weggezogen werden konnten, fan-
den sie in den Legionen, die sie für die spanischen und syrischen
Armeen neu ausheben und erst, wenn es ihnen selber angemes-
sen schiene, von Italien aus an ihre verschiedenen Bestimmungs-
plätze abgehen lassen sollten. Die Hauptfragen waren damit er-
ledigt; die untergeordneten Dinge, wie die Festsetzung der gegen
die hauptstädtische Opposition zu befolgenden Taktik, die Regu-
lirung der Candidaturen für die nächsten Jahre und dergleichen
mehr hielten nicht lange auf. Die persönlichen Zwistigkeiten, die
dem Verträgniſs im Wege standen, schlichtete der groſse Meister
der Vermittlung mit gewohnter Leichtigkeit und zwang die wi-
derstrebendsten Elemente sich mit einander zu behaben. Zwi-
schen Pompeius und Crassus ward äuſserlich wenigstens ein
collegialisches Einvernehmen wieder hergestellt. Sogar Publius
Clodius ward bestimmt sich und seine Meute ruhig zu halten und
Pompeius nicht ferner zu belästigen — keine der geringsten
Wunderthaten des mächtigen Zauberers. — Daſs diese ganze
Schlichtung der schwebenden Fragen nicht aus einem Compro-
miſs selbstständiger und ebenbürtig rivalisirender Mächte, son-
dern lediglich aus dem guten Willen Caesars hervorging, zeigen
die Verhältnisse. Pompeius befand sich in Luca in der peinli-
chen Lage eines machtlosen Flüchtlings, der kommt bei seinem
Gegner Hülfe zu erbitten. Mochte Caesar ihn zurückweisen und
die Coalition als gelöst erklären oder auch ihn aufnehmen und
den Bund fortbestehen lassen wie er eben war — Pompeius war
so wie so politisch vernichtet. Wenn er alsdann mit Caesar
nicht brach, so war er der machtlose Schutzbefohlene seiner
Verbündeten. Wenn er dagegen mit Caesar brach und wenn es
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