vertheilung auf den 15. Mai anzusetzen. Es war die förmliche Kriegserklärung; und sie war um so bezeichnender, als sie aus dem Munde eines jener Männer kam, die nur dann die Farbe wechseln, wenn sie meinen es mit Sicherheit thun zu können. Offenbar hielt die Aristokratie den Augenblick gekommen um den Kampf nicht mit Pompeius gegen Caesar, sondern gegen sämmtliche Dynasten zugleich zu beginnen. Was weiter folgen werde, war leicht zu sehen. Domitius hatte es kein Hehl, dass er als Consul bei der Bürgerschaft auf Caesars sofortige Abberufung aus Gallien anzutragen beabsichtige. Eine aristokratische Restau- ration war im Werke; mit dem Antrag über die Colonie Capua warf die Nobilität den Machthabern den Handschuh hin.
Caesar, obwohl er über die hauptstädtischen Ereignisse von Tag zu Tag detaillirte Berichte empfing und, wenn die militäri- schen Rücksichten es irgend erlaubten, sie von seiner Südpro- vinz aus in möglichster Nähe verfolgte, hatte doch bisher sichtbar wenigstens nicht in dieselben eingegriffen. Aber jetzt hatte man ihm so gut wie seinen Collegen, ja ihm vornämlich den Krieg erklärt; er musste handeln und handelte rasch. Eben befand er sich in der Nähe; die Aristokratie hatte nicht einmal für gut be- funden mit dem Bruche zu warten, bis er wieder über die Alpen zurückgegangen sein würde. Anfang April 698 verliess Crassus die Hauptstadt um mit seinem mächtigeren Collegen das Erfor- derliche zu verabreden; er fand Caesar in Ravenna. Von da aus begaben beide sich nach Luca und hier traf auch Pompeius mit ihnen zusammen, der bald nach Crassus (11. April), angeblich um die Getreidesendungen aus Sardinien und Africa zu betrei- ben, sich von Rom entfernt hatte. Die namhaftesten Anhänger der Machthaber, wie der Proconsul des diesseitigen Spaniens Me- tellus Nepos, der Propraetor von Sardinien Appius Claudius und viele Andere folgten ihnen nach; hundertundzwanzig Lictoren, über zweihundert Senatoren zählte man auf dieser Conferenz, die bereits im Gegensatz zu dem republikanischen den neuen monar- chischen Senat repräsentirte. In jeder Hinsicht stand das ent- scheidende Wort bei Caesar. Er benutzte es um die bestehende Gesammtherrschaft auf einer neuen Basis gleichmässigerer Macht- vertheilung wiederherzustellen und fester zu gründen. Die mi- litärisch bedeutendsten Statthalterschaften, die es neben der der beiden Gallien gab, wurden den zwei Collegen zugestanden: Pompeius die beider Spanien, Crassus die von Syrien, welche Aemter ihnen durch Volksschluss auf fünf Jahre (700--704) gesichert und militärisch wie finanziell angemessen ausgestattet
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POMPEIUS UND CAESARS GESAMMTHERRSCHAFT.
vertheilung auf den 15. Mai anzusetzen. Es war die förmliche Kriegserklärung; und sie war um so bezeichnender, als sie aus dem Munde eines jener Männer kam, die nur dann die Farbe wechseln, wenn sie meinen es mit Sicherheit thun zu können. Offenbar hielt die Aristokratie den Augenblick gekommen um den Kampf nicht mit Pompeius gegen Caesar, sondern gegen sämmtliche Dynasten zugleich zu beginnen. Was weiter folgen werde, war leicht zu sehen. Domitius hatte es kein Hehl, daſs er als Consul bei der Bürgerschaft auf Caesars sofortige Abberufung aus Gallien anzutragen beabsichtige. Eine aristokratische Restau- ration war im Werke; mit dem Antrag über die Colonie Capua warf die Nobilität den Machthabern den Handschuh hin.
Caesar, obwohl er über die hauptstädtischen Ereignisse von Tag zu Tag detaillirte Berichte empfing und, wenn die militäri- schen Rücksichten es irgend erlaubten, sie von seiner Südpro- vinz aus in möglichster Nähe verfolgte, hatte doch bisher sichtbar wenigstens nicht in dieselben eingegriffen. Aber jetzt hatte man ihm so gut wie seinen Collegen, ja ihm vornämlich den Krieg erklärt; er muſste handeln und handelte rasch. Eben befand er sich in der Nähe; die Aristokratie hatte nicht einmal für gut be- funden mit dem Bruche zu warten, bis er wieder über die Alpen zurückgegangen sein würde. Anfang April 698 verlieſs Crassus die Hauptstadt um mit seinem mächtigeren Collegen das Erfor- derliche zu verabreden; er fand Caesar in Ravenna. Von da aus begaben beide sich nach Luca und hier traf auch Pompeius mit ihnen zusammen, der bald nach Crassus (11. April), angeblich um die Getreidesendungen aus Sardinien und Africa zu betrei- ben, sich von Rom entfernt hatte. Die namhaftesten Anhänger der Machthaber, wie der Proconsul des diesseitigen Spaniens Me- tellus Nepos, der Propraetor von Sardinien Appius Claudius und viele Andere folgten ihnen nach; hundertundzwanzig Lictoren, über zweihundert Senatoren zählte man auf dieser Conferenz, die bereits im Gegensatz zu dem republikanischen den neuen monar- chischen Senat repräsentirte. In jeder Hinsicht stand das ent- scheidende Wort bei Caesar. Er benutzte es um die bestehende Gesammtherrschaft auf einer neuen Basis gleichmäſsigerer Macht- vertheilung wiederherzustellen und fester zu gründen. Die mi- litärisch bedeutendsten Statthalterschaften, die es neben der der beiden Gallien gab, wurden den zwei Collegen zugestanden: Pompeius die beider Spanien, Crassus die von Syrien, welche Aemter ihnen durch Volksschluſs auf fünf Jahre (700—704) gesichert und militärisch wie finanziell angemessen ausgestattet
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POMPEIUS UND CAESARS GESAMMTHERRSCHAFT.
vertheilung auf den 15. Mai anzusetzen. Es war die förmliche
Kriegserklärung; und sie war um so bezeichnender, als sie aus
dem Munde eines jener Männer kam, die nur dann die Farbe
wechseln, wenn sie meinen es mit Sicherheit thun zu können.
Offenbar hielt die Aristokratie den Augenblick gekommen um
den Kampf nicht mit Pompeius gegen Caesar, sondern gegen
sämmtliche Dynasten zugleich zu beginnen. Was weiter folgen
werde, war leicht zu sehen. Domitius hatte es kein Hehl, daſs er
als Consul bei der Bürgerschaft auf Caesars sofortige Abberufung
aus Gallien anzutragen beabsichtige. Eine aristokratische Restau-
ration war im Werke; mit dem Antrag über die Colonie Capua
warf die Nobilität den Machthabern den Handschuh hin.
Caesar, obwohl er über die hauptstädtischen Ereignisse von
Tag zu Tag detaillirte Berichte empfing und, wenn die militäri-
schen Rücksichten es irgend erlaubten, sie von seiner Südpro-
vinz aus in möglichster Nähe verfolgte, hatte doch bisher sichtbar
wenigstens nicht in dieselben eingegriffen. Aber jetzt hatte man
ihm so gut wie seinen Collegen, ja ihm vornämlich den Krieg
erklärt; er muſste handeln und handelte rasch. Eben befand er
sich in der Nähe; die Aristokratie hatte nicht einmal für gut be-
funden mit dem Bruche zu warten, bis er wieder über die Alpen
zurückgegangen sein würde. Anfang April 698 verlieſs Crassus
die Hauptstadt um mit seinem mächtigeren Collegen das Erfor-
derliche zu verabreden; er fand Caesar in Ravenna. Von da aus
begaben beide sich nach Luca und hier traf auch Pompeius mit
ihnen zusammen, der bald nach Crassus (11. April), angeblich
um die Getreidesendungen aus Sardinien und Africa zu betrei-
ben, sich von Rom entfernt hatte. Die namhaftesten Anhänger
der Machthaber, wie der Proconsul des diesseitigen Spaniens Me-
tellus Nepos, der Propraetor von Sardinien Appius Claudius und
viele Andere folgten ihnen nach; hundertundzwanzig Lictoren,
über zweihundert Senatoren zählte man auf dieser Conferenz, die
bereits im Gegensatz zu dem republikanischen den neuen monar-
chischen Senat repräsentirte. In jeder Hinsicht stand das ent-
scheidende Wort bei Caesar. Er benutzte es um die bestehende
Gesammtherrschaft auf einer neuen Basis gleichmäſsigerer Macht-
vertheilung wiederherzustellen und fester zu gründen. Die mi-
litärisch bedeutendsten Statthalterschaften, die es neben der der
beiden Gallien gab, wurden den zwei Collegen zugestanden:
Pompeius die beider Spanien, Crassus die von Syrien, welche
Aemter ihnen durch Volksschluſs auf fünf Jahre (700—704)
gesichert und militärisch wie finanziell angemessen ausgestattet
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/301>, abgerufen am 17.09.2024.
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