nen, zu deren beiden Seiten die gefällten Bäume als Verhacke gegen feindliche Ueberfälle aufgeschichtet wurden; allein selbst Caesar, verwegen wie er war, fand es rathsam, zumal da es gegen den Winter ging, nach einigen Tagen mühseligsten Marschirens den Rückzug anzuordnen, obwohl von den Morinern nur ein kleiner Theil unterworfen und die mächtigeren Menapier gar nicht er- reicht worden waren. Das folgende Jahr (699) ward, während Caesar selbst in Britannien beschäftigt war, der grösste Theil des Heeres aufs Neue gegen diese Völkerschaften gesandt; allein auch diese Expedition blieb in der Hauptsache erfolglos. Dennoch war das Ergebniss der letzten Feldzüge die fast vollständige Un- terwerfung Galliens unter die Herrschaft der Römer. Wenn Mit- telgallien ohne Gegenwehr sich ergeben hatte, so waren durch den vorjährigen Feldzug die belgischen, durch den des J. 698 die Seegaue mit den Waffen zur Anerkennung der römischen Herrschaft gezwungen worden. Die hochfliegenden Hoffnungen aber, mit denen die keltischen Patrioten den letzten Feldzug be- gonnen, hatten nirgends sich erfüllt. Weder Deutsche noch Britten waren ihnen zu Hülfe gekommen und in Belgien hatte Labienus Anwesenheit genügt die Erneuerung der vorjährigen Kämpfe zu verhüten.
Während also Caesar das römische Gebiet im Westen mit den Waffen zu einem geschlossenen Ganzen fortbildete, ver- säumte er nicht der neu unterworfenen Landschaft, welche ja bestimmt war die zwischen Italien und Spanien klaffende Ge- bietslücke auszufüllen, mit der italischen Heimath wie mit den spanischen Provinzen Communicationen zu eröffnen. Die Ver- bindung zwischen Gallien und Italien war allerdings durch die von Pompeius im J. 677 angelegte Heerstrasse über den Mont Genevre (S. 24) wesentlich erleichtert worden; allein seit das ganze Gallien den Römern unterworfen war, bedurfte man einer Strasse, die aus dem Pothal statt in westlicher vielmehr in nörd- licher Richtung den Alpenkamm überschritt und Italien mit dem mittleren Gallien in directe Verbindung setzte. Dem Kaufmann diente hiezu längst der Weg, der über den grossen Bernhard in das Wallis und an den Genfersee führt; um diese Strasse in seine Gewalt zu bringen liess Caesar schon im Herbst 697 durch Ser- vius Galba Octodurum (Martigny) besetzen und die Bewohner des Wallis zur Botmässigkeit bringen, was durch die Gegenwehr dieser tapferen Bergvölker natürlich nur verzögert, nicht verhin- dert ward. -- Um ferner die Verbindung mit Spanien zu gewin- nen, wurde im folgenden Jahr (698) Publius Crassus nach
FÜNFTES BUCH. KAPITEL VII.
nen, zu deren beiden Seiten die gefällten Bäume als Verhacke gegen feindliche Ueberfälle aufgeschichtet wurden; allein selbst Caesar, verwegen wie er war, fand es rathsam, zumal da es gegen den Winter ging, nach einigen Tagen mühseligsten Marschirens den Rückzug anzuordnen, obwohl von den Morinern nur ein kleiner Theil unterworfen und die mächtigeren Menapier gar nicht er- reicht worden waren. Das folgende Jahr (699) ward, während Caesar selbst in Britannien beschäftigt war, der gröſste Theil des Heeres aufs Neue gegen diese Völkerschaften gesandt; allein auch diese Expedition blieb in der Hauptsache erfolglos. Dennoch war das Ergebniſs der letzten Feldzüge die fast vollständige Un- terwerfung Galliens unter die Herrschaft der Römer. Wenn Mit- telgallien ohne Gegenwehr sich ergeben hatte, so waren durch den vorjährigen Feldzug die belgischen, durch den des J. 698 die Seegaue mit den Waffen zur Anerkennung der römischen Herrschaft gezwungen worden. Die hochfliegenden Hoffnungen aber, mit denen die keltischen Patrioten den letzten Feldzug be- gonnen, hatten nirgends sich erfüllt. Weder Deutsche noch Britten waren ihnen zu Hülfe gekommen und in Belgien hatte Labienus Anwesenheit genügt die Erneuerung der vorjährigen Kämpfe zu verhüten.
Während also Caesar das römische Gebiet im Westen mit den Waffen zu einem geschlossenen Ganzen fortbildete, ver- säumte er nicht der neu unterworfenen Landschaft, welche ja bestimmt war die zwischen Italien und Spanien klaffende Ge- bietslücke auszufüllen, mit der italischen Heimath wie mit den spanischen Provinzen Communicationen zu eröffnen. Die Ver- bindung zwischen Gallien und Italien war allerdings durch die von Pompeius im J. 677 angelegte Heerstraſse über den Mont Genevre (S. 24) wesentlich erleichtert worden; allein seit das ganze Gallien den Römern unterworfen war, bedurfte man einer Straſse, die aus dem Pothal statt in westlicher vielmehr in nörd- licher Richtung den Alpenkamm überschritt und Italien mit dem mittleren Gallien in directe Verbindung setzte. Dem Kaufmann diente hiezu längst der Weg, der über den groſsen Bernhard in das Wallis und an den Genfersee führt; um diese Straſse in seine Gewalt zu bringen lieſs Caesar schon im Herbst 697 durch Ser- vius Galba Octodurum (Martigny) besetzen und die Bewohner des Wallis zur Botmäſsigkeit bringen, was durch die Gegenwehr dieser tapferen Bergvölker natürlich nur verzögert, nicht verhin- dert ward. — Um ferner die Verbindung mit Spanien zu gewin- nen, wurde im folgenden Jahr (698) Publius Crassus nach
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FÜNFTES BUCH. KAPITEL VII.
nen, zu deren beiden Seiten die gefällten Bäume als Verhacke gegen
feindliche Ueberfälle aufgeschichtet wurden; allein selbst Caesar,
verwegen wie er war, fand es rathsam, zumal da es gegen den
Winter ging, nach einigen Tagen mühseligsten Marschirens den
Rückzug anzuordnen, obwohl von den Morinern nur ein kleiner
Theil unterworfen und die mächtigeren Menapier gar nicht er-
reicht worden waren. Das folgende Jahr (699) ward, während
Caesar selbst in Britannien beschäftigt war, der gröſste Theil des
Heeres aufs Neue gegen diese Völkerschaften gesandt; allein auch
diese Expedition blieb in der Hauptsache erfolglos. Dennoch
war das Ergebniſs der letzten Feldzüge die fast vollständige Un-
terwerfung Galliens unter die Herrschaft der Römer. Wenn Mit-
telgallien ohne Gegenwehr sich ergeben hatte, so waren durch
den vorjährigen Feldzug die belgischen, durch den des J. 698
die Seegaue mit den Waffen zur Anerkennung der römischen
Herrschaft gezwungen worden. Die hochfliegenden Hoffnungen
aber, mit denen die keltischen Patrioten den letzten Feldzug be-
gonnen, hatten nirgends sich erfüllt. Weder Deutsche noch
Britten waren ihnen zu Hülfe gekommen und in Belgien hatte
Labienus Anwesenheit genügt die Erneuerung der vorjährigen
Kämpfe zu verhüten.
Während also Caesar das römische Gebiet im Westen mit
den Waffen zu einem geschlossenen Ganzen fortbildete, ver-
säumte er nicht der neu unterworfenen Landschaft, welche ja
bestimmt war die zwischen Italien und Spanien klaffende Ge-
bietslücke auszufüllen, mit der italischen Heimath wie mit den
spanischen Provinzen Communicationen zu eröffnen. Die Ver-
bindung zwischen Gallien und Italien war allerdings durch die
von Pompeius im J. 677 angelegte Heerstraſse über den Mont
Genevre (S. 24) wesentlich erleichtert worden; allein seit das
ganze Gallien den Römern unterworfen war, bedurfte man einer
Straſse, die aus dem Pothal statt in westlicher vielmehr in nörd-
licher Richtung den Alpenkamm überschritt und Italien mit dem
mittleren Gallien in directe Verbindung setzte. Dem Kaufmann
diente hiezu längst der Weg, der über den groſsen Bernhard in
das Wallis und an den Genfersee führt; um diese Straſse in seine
Gewalt zu bringen lieſs Caesar schon im Herbst 697 durch Ser-
vius Galba Octodurum (Martigny) besetzen und die Bewohner
des Wallis zur Botmäſsigkeit bringen, was durch die Gegenwehr
dieser tapferen Bergvölker natürlich nur verzögert, nicht verhin-
dert ward. — Um ferner die Verbindung mit Spanien zu gewin-
nen, wurde im folgenden Jahr (698) Publius Crassus nach
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/252>, abgerufen am 16.02.2025.
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