Hammer verkauft. Es schien als ob das Verhängniss, das die Kimbrer betroffen hatte, auch diesen letzten kimbrischen Splitter noch verfolge. Den übrigen unterworfenen Stämmen begnügte sich Caesar eine allgemeine Entwaffnung und Geisselstellung auf- zuerlegen. Die Remer wurden natürlich der führende Gau im belgischen wie die Haeduer im mittleren Gallien; sogar in diesem begaben sich manche mit den Haeduern verfeindete Clans in die Clientel der Remer. Mur die entlegenen Seecantone der Moriner (Artois) und Menapier (Flandern und Brabant) und die grossen- theils von Deutschen bewohnte Landschaft zwischen Schelde und Rhein blieben für diesmal von der römischen Invasion noch ver- schont und im Besitz ihrer angestammten Freiheit.
Die Reihe kam an die armoricanischen Gaue. Noch im Herbst 697 ward Publius Crassus mit einem römischen Corps dahin ge- sandt; er bewirkte, dass die Veneter, die, als Herren der Häfen des heutigen Morbihan und einer ansehnlichen Flotte, in Schiffahrt und Handel unter allen keltischen Gauen den ersten Platz einnah- men, und überhaupt die Küstendistricte zwischen Loire und Seine sich den Römern unterwarfen und ihnen Geisseln stellten. Allein es gereute sie bald. Als im folgenden Winter (697/8) römische Offiziere in diese Gegenden kamen um Getreidelieferungen da- selbst auszuschreiben, wurden sie von den Venetern als Gegen- geisseln festgehalten. Dem gegebenen Beispiel folgten rasch nicht bloss die armoricanischen, sondern auch die noch frei geblie- benen Seecantone der Belgen; wo wie in einigen Gauen der Normandie der Gemeinderath sich weigerte der Insurrection bei- zutreten, machte die Menge ihn nieder und schloss mit verdop- peltem Eifer der Nationalsache sich an. Die ganze Küste von der Mündung der Loire bis zu der des Rheins stand auf gegen Rom; dorthin eilten aus allen keltischen Gauen die entschlossensten Patrioten um mitzuwirken an dem grossen Werke der Befreiung. Die Contingente der Verbündeten sammelten sich in der Nor- mandie. Man rechnete weiter auf den Aufstand der gesammten belgischen Eidgenossenschaft, auf Beistand aus Britannien, auf das Einrücken der überrheinischen Germanen. -- Caesar sandte Labienus mit der ganzen Reiterei an den Rhein, um die gäh- rende belgische Landschaft niederzuhalten und nöthigenfalls den Deutschen den Uebergang über den Fluss zu wehren, einen an- dern seiner Unterbefehlshaber Quintus Titurius Sabinus mit drei Legionen gegen die in der Normandie zusammengezogenen Hau- fen. Allein der entscheidende Schlag konnte nicht hier fallen, sondern nur in dem eigentlichen Heerd der Insurrection, bei den
DIE UNTERWERFUNG DES WESTENS.
Hammer verkauft. Es schien als ob das Verhängniſs, das die Kimbrer betroffen hatte, auch diesen letzten kimbrischen Splitter noch verfolge. Den übrigen unterworfenen Stämmen begnügte sich Caesar eine allgemeine Entwaffnung und Geiſselstellung auf- zuerlegen. Die Remer wurden natürlich der führende Gau im belgischen wie die Haeduer im mittleren Gallien; sogar in diesem begaben sich manche mit den Haeduern verfeindete Clans in die Clientel der Remer. Mur die entlegenen Seecantone der Moriner (Artois) und Menapier (Flandern und Brabant) und die groſsen- theils von Deutschen bewohnte Landschaft zwischen Schelde und Rhein blieben für diesmal von der römischen Invasion noch ver- schont und im Besitz ihrer angestammten Freiheit.
Die Reihe kam an die armoricanischen Gaue. Noch im Herbst 697 ward Publius Crassus mit einem römischen Corps dahin ge- sandt; er bewirkte, daſs die Veneter, die, als Herren der Häfen des heutigen Morbihan und einer ansehnlichen Flotte, in Schiffahrt und Handel unter allen keltischen Gauen den ersten Platz einnah- men, und überhaupt die Küstendistricte zwischen Loire und Seine sich den Römern unterwarfen und ihnen Geiſseln stellten. Allein es gereute sie bald. Als im folgenden Winter (697/8) römische Offiziere in diese Gegenden kamen um Getreidelieferungen da- selbst auszuschreiben, wurden sie von den Venetern als Gegen- geiſseln festgehalten. Dem gegebenen Beispiel folgten rasch nicht bloſs die armoricanischen, sondern auch die noch frei geblie- benen Seecantone der Belgen; wo wie in einigen Gauen der Normandie der Gemeinderath sich weigerte der Insurrection bei- zutreten, machte die Menge ihn nieder und schloſs mit verdop- peltem Eifer der Nationalsache sich an. Die ganze Küste von der Mündung der Loire bis zu der des Rheins stand auf gegen Rom; dorthin eilten aus allen keltischen Gauen die entschlossensten Patrioten um mitzuwirken an dem groſsen Werke der Befreiung. Die Contingente der Verbündeten sammelten sich in der Nor- mandie. Man rechnete weiter auf den Aufstand der gesammten belgischen Eidgenossenschaft, auf Beistand aus Britannien, auf das Einrücken der überrheinischen Germanen. — Caesar sandte Labienus mit der ganzen Reiterei an den Rhein, um die gäh- rende belgische Landschaft niederzuhalten und nöthigenfalls den Deutschen den Uebergang über den Fluſs zu wehren, einen an- dern seiner Unterbefehlshaber Quintus Titurius Sabinus mit drei Legionen gegen die in der Normandie zusammengezogenen Hau- fen. Allein der entscheidende Schlag konnte nicht hier fallen, sondern nur in dem eigentlichen Heerd der Insurrection, bei den
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DIE UNTERWERFUNG DES WESTENS.
Hammer verkauft. Es schien als ob das Verhängniſs, das die
Kimbrer betroffen hatte, auch diesen letzten kimbrischen Splitter
noch verfolge. Den übrigen unterworfenen Stämmen begnügte
sich Caesar eine allgemeine Entwaffnung und Geiſselstellung auf-
zuerlegen. Die Remer wurden natürlich der führende Gau im
belgischen wie die Haeduer im mittleren Gallien; sogar in diesem
begaben sich manche mit den Haeduern verfeindete Clans in die
Clientel der Remer. Mur die entlegenen Seecantone der Moriner
(Artois) und Menapier (Flandern und Brabant) und die groſsen-
theils von Deutschen bewohnte Landschaft zwischen Schelde und
Rhein blieben für diesmal von der römischen Invasion noch ver-
schont und im Besitz ihrer angestammten Freiheit.
Die Reihe kam an die armoricanischen Gaue. Noch im Herbst
697 ward Publius Crassus mit einem römischen Corps dahin ge-
sandt; er bewirkte, daſs die Veneter, die, als Herren der Häfen des
heutigen Morbihan und einer ansehnlichen Flotte, in Schiffahrt
und Handel unter allen keltischen Gauen den ersten Platz einnah-
men, und überhaupt die Küstendistricte zwischen Loire und Seine
sich den Römern unterwarfen und ihnen Geiſseln stellten. Allein
es gereute sie bald. Als im folgenden Winter (697/8) römische
Offiziere in diese Gegenden kamen um Getreidelieferungen da-
selbst auszuschreiben, wurden sie von den Venetern als Gegen-
geiſseln festgehalten. Dem gegebenen Beispiel folgten rasch nicht
bloſs die armoricanischen, sondern auch die noch frei geblie-
benen Seecantone der Belgen; wo wie in einigen Gauen der
Normandie der Gemeinderath sich weigerte der Insurrection bei-
zutreten, machte die Menge ihn nieder und schloſs mit verdop-
peltem Eifer der Nationalsache sich an. Die ganze Küste von der
Mündung der Loire bis zu der des Rheins stand auf gegen Rom;
dorthin eilten aus allen keltischen Gauen die entschlossensten
Patrioten um mitzuwirken an dem groſsen Werke der Befreiung.
Die Contingente der Verbündeten sammelten sich in der Nor-
mandie. Man rechnete weiter auf den Aufstand der gesammten
belgischen Eidgenossenschaft, auf Beistand aus Britannien, auf
das Einrücken der überrheinischen Germanen. — Caesar sandte
Labienus mit der ganzen Reiterei an den Rhein, um die gäh-
rende belgische Landschaft niederzuhalten und nöthigenfalls den
Deutschen den Uebergang über den Fluſs zu wehren, einen an-
dern seiner Unterbefehlshaber Quintus Titurius Sabinus mit drei
Legionen gegen die in der Normandie zusammengezogenen Hau-
fen. Allein der entscheidende Schlag konnte nicht hier fallen,
sondern nur in dem eigentlichen Heerd der Insurrection, bei den
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/249>, abgerufen am 24.11.2024.
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