Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI. wünschenswerthen Stimmung sich befand, so fehlte es doch na-türlich in dieser Partei auch nicht an Heissspornen. Kaum hatte Caesar das Consulat niedergelegt, als einige der hitzigsten Aristo- kraten Lucius Domitius und Gaius Memmius in vollem Senat den Antrag stellten die julischen Gesetze zu cassiren. Es war das freilich nichts als eine Thorheit, die nur zum Vortheil der Coalition ausschlug; denn da Caesar nun selbst darauf bestand, dass der Senat die Gültigkeit der angefochtenen Gesetze unter- suchen möge, konnte dieser nicht anders als deren Legalität förmlich anerkennen. Allein begreiflicher Weise fanden dennoch die Machthaber hierin eine neue Aufforderung an einigen der namhaftesten und vorlautesten Opponenten ein Exempel zu sta- tuiren und dadurch sich zu versichern, dass die übrige Masse bei jenem zweckmässigen Seufzen und Schweigen beharre. Anfangs hatte man gehofft, dass die Clausel des Ackergesetzes, welche wie üblich den Eid auf das neue Gesetz den sämmtlichen Senatoren bei Verlust ihrer politischen Rechte auferlegte, die heftigsten Opponenten bestimmen werde nach dem Vorgange des Metellus (II, 194) sich durch die Eidverweigerung selber zu verbannen. Allein so gefällig erwiesen sich dieselben denn doch nicht; selbst der gestrenge Cato bequemte sich zu schwören und seine Sanchos folgten ihm nach. Ein zweiter und weit weniger ehrba- rer Versuch die Häupter der Aristokratie wegen eines angeblich gegen Pompeius gesponnenen Mordanschlags vor Gericht zu ziehen und dadurch in die Verbannung zu treiben ward durch die Unfähigkeit der Werkzeuge vereitelt; der Denunciant, ein ge- wisser Vettius, übertrieb und widersprach sich so arg und der Tribun Vatinius, der die unsaubere Maschine dirigirte, zeigte sein Einverständniss mit jenem Vettius so deutlich, dass man es gerathen fand den letzteren im Gefängniss zu erdrosseln und die ganze Sache fallen zu lassen. Indess hatte man bei dieser Gele- genheit von der totalen Deroute der Aristokratie und der gren- zenlosen Angst der vornehmen Herren sich sattsam überzeugt; selbst ein Mann wie Lucius Lucullus hatte sich persönlich Caesar zu Füssen geworfen und öffentlich erklärt, dass er seines hohen Alters wegen sich genöthigt sehe sich vom öffentlichen Leben zurückzuziehen. Man liess sich denn endlich an einzelnen weni- gen Opfern genügen. Hauptsächlich galt es Cato zu entfernen, der seiner Ueberzeugung von der Nichtigkeit der sämmtlichen julischen Gesetze hein Hehl hatte und der der Mann war so wie er dachte zu handeln. Ein solcher Mann war freilich Marcus Cicero nicht und man gab sich nicht die Mühe ihn zu fürchten. FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI. wünschenswerthen Stimmung sich befand, so fehlte es doch na-türlich in dieser Partei auch nicht an Heiſsspornen. Kaum hatte Caesar das Consulat niedergelegt, als einige der hitzigsten Aristo- kraten Lucius Domitius und Gaius Memmius in vollem Senat den Antrag stellten die julischen Gesetze zu cassiren. Es war das freilich nichts als eine Thorheit, die nur zum Vortheil der Coalition ausschlug; denn da Caesar nun selbst darauf bestand, daſs der Senat die Gültigkeit der angefochtenen Gesetze unter- suchen möge, konnte dieser nicht anders als deren Legalität förmlich anerkennen. Allein begreiflicher Weise fanden dennoch die Machthaber hierin eine neue Aufforderung an einigen der namhaftesten und vorlautesten Opponenten ein Exempel zu sta- tuiren und dadurch sich zu versichern, daſs die übrige Masse bei jenem zweckmäſsigen Seufzen und Schweigen beharre. Anfangs hatte man gehofft, daſs die Clausel des Ackergesetzes, welche wie üblich den Eid auf das neue Gesetz den sämmtlichen Senatoren bei Verlust ihrer politischen Rechte auferlegte, die heftigsten Opponenten bestimmen werde nach dem Vorgange des Metellus (II, 194) sich durch die Eidverweigerung selber zu verbannen. Allein so gefällig erwiesen sich dieselben denn doch nicht; selbst der gestrenge Cato bequemte sich zu schwören und seine Sanchos folgten ihm nach. Ein zweiter und weit weniger ehrba- rer Versuch die Häupter der Aristokratie wegen eines angeblich gegen Pompeius gesponnenen Mordanschlags vor Gericht zu ziehen und dadurch in die Verbannung zu treiben ward durch die Unfähigkeit der Werkzeuge vereitelt; der Denunciant, ein ge- wisser Vettius, übertrieb und widersprach sich so arg und der Tribun Vatinius, der die unsaubere Maschine dirigirte, zeigte sein Einverständniſs mit jenem Vettius so deutlich, daſs man es gerathen fand den letzteren im Gefängniſs zu erdrosseln und die ganze Sache fallen zu lassen. Indeſs hatte man bei dieser Gele- genheit von der totalen Deroute der Aristokratie und der gren- zenlosen Angst der vornehmen Herren sich sattsam überzeugt; selbst ein Mann wie Lucius Lucullus hatte sich persönlich Caesar zu Füſsen geworfen und öffentlich erklärt, daſs er seines hohen Alters wegen sich genöthigt sehe sich vom öffentlichen Leben zurückzuziehen. Man lieſs sich denn endlich an einzelnen weni- gen Opfern genügen. Hauptsächlich galt es Cato zu entfernen, der seiner Ueberzeugung von der Nichtigkeit der sämmtlichen julischen Gesetze hein Hehl hatte und der der Mann war so wie er dachte zu handeln. Ein solcher Mann war freilich Marcus Cicero nicht und man gab sich nicht die Mühe ihn zu fürchten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0208" n="198"/><fw place="top" type="header">FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI.</fw><lb/> wünschenswerthen Stimmung sich befand, so fehlte es doch na-<lb/> türlich in dieser Partei auch nicht an Heiſsspornen. Kaum hatte<lb/> Caesar das Consulat niedergelegt, als einige der hitzigsten Aristo-<lb/> kraten Lucius Domitius und Gaius Memmius in vollem Senat<lb/> den Antrag stellten die julischen Gesetze zu cassiren. Es war<lb/> das freilich nichts als eine Thorheit, die nur zum Vortheil der<lb/> Coalition ausschlug; denn da Caesar nun selbst darauf bestand,<lb/> daſs der Senat die Gültigkeit der angefochtenen Gesetze unter-<lb/> suchen möge, konnte dieser nicht anders als deren Legalität<lb/> förmlich anerkennen. Allein begreiflicher Weise fanden dennoch<lb/> die Machthaber hierin eine neue Aufforderung an einigen der<lb/> namhaftesten und vorlautesten Opponenten ein Exempel zu sta-<lb/> tuiren und dadurch sich zu versichern, daſs die übrige Masse bei<lb/> jenem zweckmäſsigen Seufzen und Schweigen beharre. 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Man lieſs sich denn endlich an einzelnen weni-<lb/> gen Opfern genügen. Hauptsächlich galt es Cato zu entfernen,<lb/> der seiner Ueberzeugung von der Nichtigkeit der sämmtlichen<lb/> julischen Gesetze hein Hehl hatte und der der Mann war so wie<lb/> er dachte zu handeln. Ein solcher Mann war freilich Marcus<lb/> Cicero nicht und man gab sich nicht die Mühe ihn zu fürchten.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [198/0208]
FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI.
wünschenswerthen Stimmung sich befand, so fehlte es doch na-
türlich in dieser Partei auch nicht an Heiſsspornen. Kaum hatte
Caesar das Consulat niedergelegt, als einige der hitzigsten Aristo-
kraten Lucius Domitius und Gaius Memmius in vollem Senat
den Antrag stellten die julischen Gesetze zu cassiren. Es war
das freilich nichts als eine Thorheit, die nur zum Vortheil der
Coalition ausschlug; denn da Caesar nun selbst darauf bestand,
daſs der Senat die Gültigkeit der angefochtenen Gesetze unter-
suchen möge, konnte dieser nicht anders als deren Legalität
förmlich anerkennen. Allein begreiflicher Weise fanden dennoch
die Machthaber hierin eine neue Aufforderung an einigen der
namhaftesten und vorlautesten Opponenten ein Exempel zu sta-
tuiren und dadurch sich zu versichern, daſs die übrige Masse bei
jenem zweckmäſsigen Seufzen und Schweigen beharre. Anfangs
hatte man gehofft, daſs die Clausel des Ackergesetzes, welche wie
üblich den Eid auf das neue Gesetz den sämmtlichen Senatoren
bei Verlust ihrer politischen Rechte auferlegte, die heftigsten
Opponenten bestimmen werde nach dem Vorgange des Metellus
(II, 194) sich durch die Eidverweigerung selber zu verbannen.
Allein so gefällig erwiesen sich dieselben denn doch nicht;
selbst der gestrenge Cato bequemte sich zu schwören und seine
Sanchos folgten ihm nach. Ein zweiter und weit weniger ehrba-
rer Versuch die Häupter der Aristokratie wegen eines angeblich
gegen Pompeius gesponnenen Mordanschlags vor Gericht zu
ziehen und dadurch in die Verbannung zu treiben ward durch
die Unfähigkeit der Werkzeuge vereitelt; der Denunciant, ein ge-
wisser Vettius, übertrieb und widersprach sich so arg und der
Tribun Vatinius, der die unsaubere Maschine dirigirte, zeigte
sein Einverständniſs mit jenem Vettius so deutlich, daſs man es
gerathen fand den letzteren im Gefängniſs zu erdrosseln und die
ganze Sache fallen zu lassen. Indeſs hatte man bei dieser Gele-
genheit von der totalen Deroute der Aristokratie und der gren-
zenlosen Angst der vornehmen Herren sich sattsam überzeugt;
selbst ein Mann wie Lucius Lucullus hatte sich persönlich Caesar
zu Füſsen geworfen und öffentlich erklärt, daſs er seines hohen
Alters wegen sich genöthigt sehe sich vom öffentlichen Leben
zurückzuziehen. Man lieſs sich denn endlich an einzelnen weni-
gen Opfern genügen. Hauptsächlich galt es Cato zu entfernen,
der seiner Ueberzeugung von der Nichtigkeit der sämmtlichen
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er dachte zu handeln. Ein solcher Mann war freilich Marcus
Cicero nicht und man gab sich nicht die Mühe ihn zu fürchten.
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