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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI.
suchen werde, war gewiss genug. Aber wenn auch vielleicht Cae-
sar ihr zum Trotze gewählt ward, so war es damit nicht genug.
Er bedurfte mindestens einige Jahre ungestörter Wirksamkeit
ausserhalb Italiens, um eine feste militärische Stellung zu gewin-
nen; und sicherlich liess die Nobilität kein Mittel unversucht um
während dieser Vorbereitungszeit seine Plane zu durchkreuzen.
Der Gedanke lag nahe, ob es nicht gelingen könne die Aristokra-
tie wieder wie im J. 683/4 zu isoliren und zwischen den Demo-
kraten nebst ihrem Bundesgenossen Crassus einer- und Pom-
peius und der hohen Finanz andrerseits ein auf gemeinschaftli-
chem Vortheil fest begründetes Bündniss aufzurichten. Für Pom-
peius war ein solches allerdings ein politischer Selbstmord. Sein
bisheriges Gewicht im Staate beruhte darauf, dass er das einzige
Parteihaupt war, das zugleich über Legionen, wenn auch jetzt
aufgelöste, doch immer noch in einem gewissen Masse verfügte.
Der Plan der Demokratie war eben darauf gerichtet ihn dieses
Uebergewichtes zu berauben und ihm in ihrem eigenen Chef
einen militärischen Nebenbuhler zur Seite zu stellen. Nimmer-
mehr durfte er hierauf eingehen, am allerwenigsten aber einem
Manne wie Caesar, der schon als blosser politischer Agitator ihm
genug zu schaffen gemacht und so eben in Spanien die glänzend-
sten Beweise auch militärischer Capacität gegeben hatte, selber
zu einer Oberfeldherrnstelle verhelfen. Allein auf der anderen
Seite war in Folge der chicanösen Opposition des Senats und
der Gleichgültigkeit der Menge für Pompeius und seine Wünsche
seine Stellung, namentlich seinen alten Soldaten gegenüber, so
peinlich und so demüthigend geworden, dass man bei seinem
Charakter wohl erwarten konnte um den Preis der Erlösung aus
dieser unbequemen Lage ihn für eine solche Coalition zu gewin-
nen. Was aber die sogenannte Ritterpartei anlangt, so fand diese
überall da sich ein wo die Macht war, und es verstand sich von
selbst, dass sie nicht lange auf sich werde warten lassen, wenn
sie Pompeius und die Demokratie aufs Neue ernstlich sich ver-
binden sah. Es kam hinzu, dass wegen Catos übrigens sehr löb-
licher Strenge gegen die Steuerpächter die hohe Finanz eben jetzt
wieder mit dem Senat in heftigem Hader lag. -- So ward im
Sommer 694 die zweite Coalition abgeschlossen. Caesar liess sich
das Consulat für das folgende Jahr und demnächst die Statthal-
terschaft zusichern; Pompeius ward die Ratification seiner im
Osten getroffenen Verfügungen und Anweisung von Ländereien
an die Soldaten der asiatischen Armee zugesagt; der Ritterschaft
versprach Caesar gleichfalls das, was der Senat verweigert hatte,

FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI.
suchen werde, war gewiſs genug. Aber wenn auch vielleicht Cae-
sar ihr zum Trotze gewählt ward, so war es damit nicht genug.
Er bedurfte mindestens einige Jahre ungestörter Wirksamkeit
auſserhalb Italiens, um eine feste militärische Stellung zu gewin-
nen; und sicherlich lieſs die Nobilität kein Mittel unversucht um
während dieser Vorbereitungszeit seine Plane zu durchkreuzen.
Der Gedanke lag nahe, ob es nicht gelingen könne die Aristokra-
tie wieder wie im J. 683/4 zu isoliren und zwischen den Demo-
kraten nebst ihrem Bundesgenossen Crassus einer- und Pom-
peius und der hohen Finanz andrerseits ein auf gemeinschaftli-
chem Vortheil fest begründetes Bündniſs aufzurichten. Für Pom-
peius war ein solches allerdings ein politischer Selbstmord. Sein
bisheriges Gewicht im Staate beruhte darauf, daſs er das einzige
Parteihaupt war, das zugleich über Legionen, wenn auch jetzt
aufgelöste, doch immer noch in einem gewissen Maſse verfügte.
Der Plan der Demokratie war eben darauf gerichtet ihn dieses
Uebergewichtes zu berauben und ihm in ihrem eigenen Chef
einen militärischen Nebenbuhler zur Seite zu stellen. Nimmer-
mehr durfte er hierauf eingehen, am allerwenigsten aber einem
Manne wie Caesar, der schon als bloſser politischer Agitator ihm
genug zu schaffen gemacht und so eben in Spanien die glänzend-
sten Beweise auch militärischer Capacität gegeben hatte, selber
zu einer Oberfeldherrnstelle verhelfen. Allein auf der anderen
Seite war in Folge der chicanösen Opposition des Senats und
der Gleichgültigkeit der Menge für Pompeius und seine Wünsche
seine Stellung, namentlich seinen alten Soldaten gegenüber, so
peinlich und so demüthigend geworden, daſs man bei seinem
Charakter wohl erwarten konnte um den Preis der Erlösung aus
dieser unbequemen Lage ihn für eine solche Coalition zu gewin-
nen. Was aber die sogenannte Ritterpartei anlangt, so fand diese
überall da sich ein wo die Macht war, und es verstand sich von
selbst, daſs sie nicht lange auf sich werde warten lassen, wenn
sie Pompeius und die Demokratie aufs Neue ernstlich sich ver-
binden sah. Es kam hinzu, daſs wegen Catos übrigens sehr löb-
licher Strenge gegen die Steuerpächter die hohe Finanz eben jetzt
wieder mit dem Senat in heftigem Hader lag. — So ward im
Sommer 694 die zweite Coalition abgeschlossen. Caesar lieſs sich
das Consulat für das folgende Jahr und demnächst die Statthal-
terschaft zusichern; Pompeius ward die Ratification seiner im
Osten getroffenen Verfügungen und Anweisung von Ländereien
an die Soldaten der asiatischen Armee zugesagt; der Ritterschaft
versprach Caesar gleichfalls das, was der Senat verweigert hatte,

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[190/0200] FÜNFTES BUCH. KAPITEL VI. suchen werde, war gewiſs genug. Aber wenn auch vielleicht Cae- sar ihr zum Trotze gewählt ward, so war es damit nicht genug. Er bedurfte mindestens einige Jahre ungestörter Wirksamkeit auſserhalb Italiens, um eine feste militärische Stellung zu gewin- nen; und sicherlich lieſs die Nobilität kein Mittel unversucht um während dieser Vorbereitungszeit seine Plane zu durchkreuzen. Der Gedanke lag nahe, ob es nicht gelingen könne die Aristokra- tie wieder wie im J. 683/4 zu isoliren und zwischen den Demo- kraten nebst ihrem Bundesgenossen Crassus einer- und Pom- peius und der hohen Finanz andrerseits ein auf gemeinschaftli- chem Vortheil fest begründetes Bündniſs aufzurichten. Für Pom- peius war ein solches allerdings ein politischer Selbstmord. Sein bisheriges Gewicht im Staate beruhte darauf, daſs er das einzige Parteihaupt war, das zugleich über Legionen, wenn auch jetzt aufgelöste, doch immer noch in einem gewissen Maſse verfügte. Der Plan der Demokratie war eben darauf gerichtet ihn dieses Uebergewichtes zu berauben und ihm in ihrem eigenen Chef einen militärischen Nebenbuhler zur Seite zu stellen. Nimmer- mehr durfte er hierauf eingehen, am allerwenigsten aber einem Manne wie Caesar, der schon als bloſser politischer Agitator ihm genug zu schaffen gemacht und so eben in Spanien die glänzend- sten Beweise auch militärischer Capacität gegeben hatte, selber zu einer Oberfeldherrnstelle verhelfen. Allein auf der anderen Seite war in Folge der chicanösen Opposition des Senats und der Gleichgültigkeit der Menge für Pompeius und seine Wünsche seine Stellung, namentlich seinen alten Soldaten gegenüber, so peinlich und so demüthigend geworden, daſs man bei seinem Charakter wohl erwarten konnte um den Preis der Erlösung aus dieser unbequemen Lage ihn für eine solche Coalition zu gewin- nen. Was aber die sogenannte Ritterpartei anlangt, so fand diese überall da sich ein wo die Macht war, und es verstand sich von selbst, daſs sie nicht lange auf sich werde warten lassen, wenn sie Pompeius und die Demokratie aufs Neue ernstlich sich ver- binden sah. Es kam hinzu, daſs wegen Catos übrigens sehr löb- licher Strenge gegen die Steuerpächter die hohe Finanz eben jetzt wieder mit dem Senat in heftigem Hader lag. — So ward im Sommer 694 die zweite Coalition abgeschlossen. Caesar lieſs sich das Consulat für das folgende Jahr und demnächst die Statthal- terschaft zusichern; Pompeius ward die Ratification seiner im Osten getroffenen Verfügungen und Anweisung von Ländereien an die Soldaten der asiatischen Armee zugesagt; der Ritterschaft versprach Caesar gleichfalls das, was der Senat verweigert hatte,

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/200>, abgerufen am 28.11.2024.