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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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POMPEIUS RÜCKTRITT.
ihren Aemtern; die Absetzung, die im Senat beantragt ward,
wurde, mehr wohl wegen der Verfassungs- als wegen der Zweck-
widrigkeit der Massregel, von Cato verhindert. Caesar kehrte sich
an den Beschluss nicht und fuhr in seinen Amtshandlungen fort,
bis der Senat Gewalt gegen ihn brauchte. Zwei Tage nachher
erschien die Menge vor seinem Hause und stellte sich ihm zur
Verfügung; es hätte nur von ihm abgehangen den Strassen-
kampf zu beginnen oder wenigstens die von Metellus gestellten
Anträge jetzt wieder aufzunehmen; allein keines von beidem
lag in seinem Interesse und so bewog er die Haufen sich wieder
zu zerstreuen, worauf der Senat die gegen ihn verhängte Sus-
pension zurücknahm. Nepos selbst hatte sogleich nach seiner
Amtsentsetzung die Stadt verlassen und sich nach Asien ein-
geschifft, um Pompeius von dem Erfolg seiner Sendung Bericht
zu erstatten.

Pompeius hatte alle Ursache mit dieser Wendung der Dinge
zufrieden zu sein. Der Weg zum Thron ging nun einmal nicht
anders als durch den Bürgerkrieg. Diesen mit gutem Fug zu be-
ginnen hatte Catos zwiefache Verkehrtheit in der rechtswidrigen
Verurtheilung des Lentulus und seiner Genossen und in den Ge-
waltsamkeiten gegen den Tribun Metellus dem Gegner die Mög-
lichkeit gegeben; Pompeius konnte ihn führen zugleich als Ver-
fechter der beiden Palladien der römischen Gemeindefreiheit, des
Berufungsrechts und der Unverletzlichkeit des Volkstribunats ge-
gen die Aristokratie und als Vorkämpfer der Ordnungspartei
gegen die catilinarische Bande. Es schien fast unmöglich, dass
Pompeius dies unterlassen und mit sehenden Augen sich zum
zweitenmal in die peinliche Situation begeben werde, in die er
durch die Entlassung seiner Armee im J. 684 gekommen und aus
der er erst durch das gabinische Gesetz erlöst worden war. In-
dess, wie nahe es ihm auch gelegt war die Krone zu ergreifen,
wie sehr seine eigene Seele nach der weissen Stirnbinde gelü-
stete, als es galt den Griff zu thun versagten ihm abermals Herz
und Hand. Dieser in allem, nur in seinen Ansprüchen nicht, ganz
gewöhnliche Mensch hätte wohl gern ausserhalb des Gesetzes sich
gestellt, wenn dies nur geschehen könnte ohne den gesetzlichen
Boden zu verlassen. Schon sein Zaudern in Asien liess dies ahnen.
Er hätte, wenn er gewollt, sehr wohl im Januar 692 mit Flotte
und Heer im Hafen von Brundisium eintreffen und Nepos hier
empfangen können. Dass er den ganzen Winter 691/2 in Asien
säumte, hatte zunächst die nachtheilige Folge, dass die Aristo-
kratie, die natürlich den Feldzug gegen Catilina nach Kräften be-

POMPEIUS RÜCKTRITT.
ihren Aemtern; die Absetzung, die im Senat beantragt ward,
wurde, mehr wohl wegen der Verfassungs- als wegen der Zweck-
widrigkeit der Maſsregel, von Cato verhindert. Caesar kehrte sich
an den Beschluſs nicht und fuhr in seinen Amtshandlungen fort,
bis der Senat Gewalt gegen ihn brauchte. Zwei Tage nachher
erschien die Menge vor seinem Hause und stellte sich ihm zur
Verfügung; es hätte nur von ihm abgehangen den Straſsen-
kampf zu beginnen oder wenigstens die von Metellus gestellten
Anträge jetzt wieder aufzunehmen; allein keines von beidem
lag in seinem Interesse und so bewog er die Haufen sich wieder
zu zerstreuen, worauf der Senat die gegen ihn verhängte Sus-
pension zurücknahm. Nepos selbst hatte sogleich nach seiner
Amtsentsetzung die Stadt verlassen und sich nach Asien ein-
geschifft, um Pompeius von dem Erfolg seiner Sendung Bericht
zu erstatten.

Pompeius hatte alle Ursache mit dieser Wendung der Dinge
zufrieden zu sein. Der Weg zum Thron ging nun einmal nicht
anders als durch den Bürgerkrieg. Diesen mit gutem Fug zu be-
ginnen hatte Catos zwiefache Verkehrtheit in der rechtswidrigen
Verurtheilung des Lentulus und seiner Genossen und in den Ge-
waltsamkeiten gegen den Tribun Metellus dem Gegner die Mög-
lichkeit gegeben; Pompeius konnte ihn führen zugleich als Ver-
fechter der beiden Palladien der römischen Gemeindefreiheit, des
Berufungsrechts und der Unverletzlichkeit des Volkstribunats ge-
gen die Aristokratie und als Vorkämpfer der Ordnungspartei
gegen die catilinarische Bande. Es schien fast unmöglich, daſs
Pompeius dies unterlassen und mit sehenden Augen sich zum
zweitenmal in die peinliche Situation begeben werde, in die er
durch die Entlassung seiner Armee im J. 684 gekommen und aus
der er erst durch das gabinische Gesetz erlöst worden war. In-
deſs, wie nahe es ihm auch gelegt war die Krone zu ergreifen,
wie sehr seine eigene Seele nach der weiſsen Stirnbinde gelü-
stete, als es galt den Griff zu thun versagten ihm abermals Herz
und Hand. Dieser in allem, nur in seinen Ansprüchen nicht, ganz
gewöhnliche Mensch hätte wohl gern auſserhalb des Gesetzes sich
gestellt, wenn dies nur geschehen könnte ohne den gesetzlichen
Boden zu verlassen. Schon sein Zaudern in Asien lieſs dies ahnen.
Er hätte, wenn er gewollt, sehr wohl im Januar 692 mit Flotte
und Heer im Hafen von Brundisium eintreffen und Nepos hier
empfangen können. Daſs er den ganzen Winter 691/2 in Asien
säumte, hatte zunächst die nachtheilige Folge, daſs die Aristo-
kratie, die natürlich den Feldzug gegen Catilina nach Kräften be-

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[185/0195] POMPEIUS RÜCKTRITT. ihren Aemtern; die Absetzung, die im Senat beantragt ward, wurde, mehr wohl wegen der Verfassungs- als wegen der Zweck- widrigkeit der Maſsregel, von Cato verhindert. Caesar kehrte sich an den Beschluſs nicht und fuhr in seinen Amtshandlungen fort, bis der Senat Gewalt gegen ihn brauchte. Zwei Tage nachher erschien die Menge vor seinem Hause und stellte sich ihm zur Verfügung; es hätte nur von ihm abgehangen den Straſsen- kampf zu beginnen oder wenigstens die von Metellus gestellten Anträge jetzt wieder aufzunehmen; allein keines von beidem lag in seinem Interesse und so bewog er die Haufen sich wieder zu zerstreuen, worauf der Senat die gegen ihn verhängte Sus- pension zurücknahm. Nepos selbst hatte sogleich nach seiner Amtsentsetzung die Stadt verlassen und sich nach Asien ein- geschifft, um Pompeius von dem Erfolg seiner Sendung Bericht zu erstatten. Pompeius hatte alle Ursache mit dieser Wendung der Dinge zufrieden zu sein. Der Weg zum Thron ging nun einmal nicht anders als durch den Bürgerkrieg. Diesen mit gutem Fug zu be- ginnen hatte Catos zwiefache Verkehrtheit in der rechtswidrigen Verurtheilung des Lentulus und seiner Genossen und in den Ge- waltsamkeiten gegen den Tribun Metellus dem Gegner die Mög- lichkeit gegeben; Pompeius konnte ihn führen zugleich als Ver- fechter der beiden Palladien der römischen Gemeindefreiheit, des Berufungsrechts und der Unverletzlichkeit des Volkstribunats ge- gen die Aristokratie und als Vorkämpfer der Ordnungspartei gegen die catilinarische Bande. Es schien fast unmöglich, daſs Pompeius dies unterlassen und mit sehenden Augen sich zum zweitenmal in die peinliche Situation begeben werde, in die er durch die Entlassung seiner Armee im J. 684 gekommen und aus der er erst durch das gabinische Gesetz erlöst worden war. In- deſs, wie nahe es ihm auch gelegt war die Krone zu ergreifen, wie sehr seine eigene Seele nach der weiſsen Stirnbinde gelü- stete, als es galt den Griff zu thun versagten ihm abermals Herz und Hand. Dieser in allem, nur in seinen Ansprüchen nicht, ganz gewöhnliche Mensch hätte wohl gern auſserhalb des Gesetzes sich gestellt, wenn dies nur geschehen könnte ohne den gesetzlichen Boden zu verlassen. Schon sein Zaudern in Asien lieſs dies ahnen. Er hätte, wenn er gewollt, sehr wohl im Januar 692 mit Flotte und Heer im Hafen von Brundisium eintreffen und Nepos hier empfangen können. Daſs er den ganzen Winter 691/2 in Asien säumte, hatte zunächst die nachtheilige Folge, daſs die Aristo- kratie, die natürlich den Feldzug gegen Catilina nach Kräften be-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/195>, abgerufen am 29.11.2024.