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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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DER PARTEIENKAMPF WÄHREND POMPEIUS ABWESENHEIT.
um ihre Betheiligung daran zu verhüllen. Und auch in späterer
Zeit, als der ehemalige Conspirator selbst die Zielscheibe der po-
litischen Complotte geworden war, zog eben darum über diese
düsteren Jahre in dem Leben des grossen Mannes der Schleier
nur um so dichter sich zusammen und wurden in diesem Sinne
sogar eigene Apologien für ihn geschrieben.*

Seit fünf Jahren stand Pompeius im Osten an der Spitze
seiner Heere und Flotten; seit fünf Jahren conspirirte die De-
mokratie daheim um ihn zu stürzen. Das Ergebniss war entmu-
thigend. Mit unsäglichen Anstrengungen hatte man nicht bloss
nichts erreicht, sondern moralisch wie materiell ungeheure Ein-
busse gemacht. Schon die Coalition vom Jahre 683 mochte den
Demokraten vom reinen Wasser ein Aergerniss sein, obwohl die
Demokratie damals nur mit zwei angesehenen Männern der Ge-
genpartei sich einliess und diese auf ihr Programm verpflichtete.
Jetzt aber hatte die demokratische Partei gemeinschaftliche Sache
gemacht mit einer Bande von Mördern und Bankerottirern, die
fast alle gleichfalls Ueberläufer aus dem Lager der Aristokratie
waren, und hatte deren Programm, das heisst den einnanischen
Terrorismus wenigstens vorläufig acceptirt. Die Partei der ma-
teriellen Interessen, eines der Hauptelemente der Coalition von
683, wurde hiedurch der Demokratie entfremdet und zunächst
den Optimaten, überhaupt aber jeder Macht, die Schutz vor
der Anarchie gewähren wollte und konnte, in die Arme ge-
trieben. Selbst die hauptstädtische Menge, die zwar gegen
einen Strassenkrawall nichts einzuwenden hatte, aber es doch
unbequem fand sich das Haus über dem Kopfe anzünden zu
lassen, ward einigermassen scheu. Es ist merkwürdig, dass
eben in diesem Jahre (691) die volle Wiederherstellung der
sempronischen Getreidespenden stattfand, und zwar von Seiten
des Senats auf den Antrag Catos. Offenbar hatte der Bund der

* Eine solche ist der Catilina des Sallustius, der von dem Verfasser,
einem notorischen Caesarianer, zwischen 708 und 720 veröffentlicht wurde;
offenbar als politische Tendenzschrift, welche sich bemüht die demokrati-
sche Partei, auf welcher ja die römische Monarchie beruht, zu Ehren zu
bringen und Caesars Andenken von dem schwärzesten Fleck, der darauf
haftete, zu reinigen, nebenher auch den Oheim des Triumvir Marcus An-
tonius möglichst weiss zu waschen (vgl. z. B. c. 59 mit Dio 37, 39). Ganz
ähnlich soll der Jugurtha theils die Erbärmlichkeit des oligarchischen Re-
giments aufdecken, theils den Koryphäen der Demokratie Gaius Marius ver-
herrlichen. Dass der gewandte Schriftsteller den apologetischen und ac-
cusatorischen Charakter seiner Bücher zurücktreten lässt, beweist nicht,
dass sie keine, sondern dass sie gute Parteischriften sind.
Röm. Gesch. III. 12

DER PARTEIENKAMPF WÄHREND POMPEIUS ABWESENHEIT.
um ihre Betheiligung daran zu verhüllen. Und auch in späterer
Zeit, als der ehemalige Conspirator selbst die Zielscheibe der po-
litischen Complotte geworden war, zog eben darum über diese
düsteren Jahre in dem Leben des groſsen Mannes der Schleier
nur um so dichter sich zusammen und wurden in diesem Sinne
sogar eigene Apologien für ihn geschrieben.*

Seit fünf Jahren stand Pompeius im Osten an der Spitze
seiner Heere und Flotten; seit fünf Jahren conspirirte die De-
mokratie daheim um ihn zu stürzen. Das Ergebniſs war entmu-
thigend. Mit unsäglichen Anstrengungen hatte man nicht bloſs
nichts erreicht, sondern moralisch wie materiell ungeheure Ein-
buſse gemacht. Schon die Coalition vom Jahre 683 mochte den
Demokraten vom reinen Wasser ein Aergerniſs sein, obwohl die
Demokratie damals nur mit zwei angesehenen Männern der Ge-
genpartei sich einlieſs und diese auf ihr Programm verpflichtete.
Jetzt aber hatte die demokratische Partei gemeinschaftliche Sache
gemacht mit einer Bande von Mördern und Bankerottirern, die
fast alle gleichfalls Ueberläufer aus dem Lager der Aristokratie
waren, und hatte deren Programm, das heiſst den einnanischen
Terrorismus wenigstens vorläufig acceptirt. Die Partei der ma-
teriellen Interessen, eines der Hauptelemente der Coalition von
683, wurde hiedurch der Demokratie entfremdet und zunächst
den Optimaten, überhaupt aber jeder Macht, die Schutz vor
der Anarchie gewähren wollte und konnte, in die Arme ge-
trieben. Selbst die hauptstädtische Menge, die zwar gegen
einen Strassenkrawall nichts einzuwenden hatte, aber es doch
unbequem fand sich das Haus über dem Kopfe anzünden zu
lassen, ward einigermaſsen scheu. Es ist merkwürdig, daſs
eben in diesem Jahre (691) die volle Wiederherstellung der
sempronischen Getreidespenden stattfand, und zwar von Seiten
des Senats auf den Antrag Catos. Offenbar hatte der Bund der

* Eine solche ist der Catilina des Sallustius, der von dem Verfasser,
einem notorischen Caesarianer, zwischen 708 und 720 veröffentlicht wurde;
offenbar als politische Tendenzschrift, welche sich bemüht die demokrati-
sche Partei, auf welcher ja die römische Monarchie beruht, zu Ehren zu
bringen und Caesars Andenken von dem schwärzesten Fleck, der darauf
haftete, zu reinigen, nebenher auch den Oheim des Triumvir Marcus An-
tonius möglichst weiſs zu waschen (vgl. z. B. c. 59 mit Dio 37, 39). Ganz
ähnlich soll der Jugurtha theils die Erbärmlichkeit des oligarchischen Re-
giments aufdecken, theils den Koryphäen der Demokratie Gaius Marius ver-
herrlichen. Daſs der gewandte Schriftsteller den apologetischen und ac-
cusatorischen Charakter seiner Bücher zurücktreten läſst, beweist nicht,
daſs sie keine, sondern daſs sie gute Parteischriften sind.
Röm. Gesch. III. 12
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[177/0187] DER PARTEIENKAMPF WÄHREND POMPEIUS ABWESENHEIT. um ihre Betheiligung daran zu verhüllen. Und auch in späterer Zeit, als der ehemalige Conspirator selbst die Zielscheibe der po- litischen Complotte geworden war, zog eben darum über diese düsteren Jahre in dem Leben des groſsen Mannes der Schleier nur um so dichter sich zusammen und wurden in diesem Sinne sogar eigene Apologien für ihn geschrieben. * Seit fünf Jahren stand Pompeius im Osten an der Spitze seiner Heere und Flotten; seit fünf Jahren conspirirte die De- mokratie daheim um ihn zu stürzen. Das Ergebniſs war entmu- thigend. Mit unsäglichen Anstrengungen hatte man nicht bloſs nichts erreicht, sondern moralisch wie materiell ungeheure Ein- buſse gemacht. Schon die Coalition vom Jahre 683 mochte den Demokraten vom reinen Wasser ein Aergerniſs sein, obwohl die Demokratie damals nur mit zwei angesehenen Männern der Ge- genpartei sich einlieſs und diese auf ihr Programm verpflichtete. Jetzt aber hatte die demokratische Partei gemeinschaftliche Sache gemacht mit einer Bande von Mördern und Bankerottirern, die fast alle gleichfalls Ueberläufer aus dem Lager der Aristokratie waren, und hatte deren Programm, das heiſst den einnanischen Terrorismus wenigstens vorläufig acceptirt. Die Partei der ma- teriellen Interessen, eines der Hauptelemente der Coalition von 683, wurde hiedurch der Demokratie entfremdet und zunächst den Optimaten, überhaupt aber jeder Macht, die Schutz vor der Anarchie gewähren wollte und konnte, in die Arme ge- trieben. Selbst die hauptstädtische Menge, die zwar gegen einen Strassenkrawall nichts einzuwenden hatte, aber es doch unbequem fand sich das Haus über dem Kopfe anzünden zu lassen, ward einigermaſsen scheu. Es ist merkwürdig, daſs eben in diesem Jahre (691) die volle Wiederherstellung der sempronischen Getreidespenden stattfand, und zwar von Seiten des Senats auf den Antrag Catos. Offenbar hatte der Bund der * Eine solche ist der Catilina des Sallustius, der von dem Verfasser, einem notorischen Caesarianer, zwischen 708 und 720 veröffentlicht wurde; offenbar als politische Tendenzschrift, welche sich bemüht die demokrati- sche Partei, auf welcher ja die römische Monarchie beruht, zu Ehren zu bringen und Caesars Andenken von dem schwärzesten Fleck, der darauf haftete, zu reinigen, nebenher auch den Oheim des Triumvir Marcus An- tonius möglichst weiſs zu waschen (vgl. z. B. c. 59 mit Dio 37, 39). Ganz ähnlich soll der Jugurtha theils die Erbärmlichkeit des oligarchischen Re- giments aufdecken, theils den Koryphäen der Demokratie Gaius Marius ver- herrlichen. Daſs der gewandte Schriftsteller den apologetischen und ac- cusatorischen Charakter seiner Bücher zurücktreten läſst, beweist nicht, daſs sie keine, sondern daſs sie gute Parteischriften sind. Röm. Gesch. III. 12

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/187>, abgerufen am 28.11.2024.