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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
war der Krieg nicht geendigt, so lange der alte König noch unter
den Lebenden war; aber wer bürgte dafür, dass es wirklich gelang
das königliche Wild zu fangen, um dessen willen diese beispiel-
lose Jagd angestellt werden sollte? war es nicht besser, selbst auf
die Gefahr hin, dass Mithradates noch einmal die Kriegsfackel
nach Kleinasien schleudere, von einer Verfolgung abzustehen, die
so wenig Gewinn und so viel Gefahren verhiess? Wohl drängten
zahlreiche Stimmen im Heer, noch zahlreichere in der Haupt-
stadt den Feldherrn die Verfolgung unablässig und um jeden
Preis fortzusetzen; aber es waren Stimmen theils tolldreister Hitz-
köpfe, theils derjenigen perfiden Freunde, die den mächtigen Feld-
herrn gern um jeden Preis von der Hauptstadt fern gehalten und
ihn im Osten in unabsehbare Unternehmungen sich hätten ver-
wickeln sehen. Pompeius war ein zu erfahrener und zu bedäch-
tiger Offizier, um in einer so unverständigen Expedition seinen
Ruhm und sein Heer auf das Spiel zu setzen; ein Aufstand der
Albaner im Rücken des Heeres gab den Vorwand her um die
weitere Verfolgung des Königs aufzugeben und die Rückkehr an-
zuordnen. Die Flotte erhielt den Auftrag in dem schwarzen Meer
zu kreuzen, die kleinasiatische Nordküste gegen jeden feindlichen
Einfall zu decken, den kimmerischen Bosporus aber streng zu
blokiren unter Androhung der Lebensstrafe für jeden Kauffahrer,
der die Blokade brechen würde. Die Landtruppen führte Pompeius
nicht ohne grosse Beschwerden durch das kolchische und arme-
nische Gebiet an den unteren Lauf des Kur und drang, den Strom
überschreitend, in die albanische Ebene ein. Mehrere Tage musste
das römische Heer in der glühenden Hitze durch das wasserarme
Blachland marschiren, ohne auf den Feind zu treffen; erst am
linken Ufer des Abas (wahrscheinlich der sonst Alazonios, jetzt
Alasan genannte Fluss) stellte unter Führung des Koses, Bruders
des Königs Oroizes sich die Streitmacht der Albaner den Römern
entgegen; sie soll mit Einschluss des von den transkaukasischen
Steppenbewohnern eingetroffenen Zuzugs 60000 Mann zu Fuss
und 12000 Reiter gezählt haben. Dennoch hätte sie schwerlich
den Kampf gewagt, wenn sie nicht gemeint hätte bloss mit der
römischen Reiterei fechten zu sollen; aber die Reiter waren nur
vorangestellt und wie diese sich zurückzogen, zeigten sich da-
hinter verborgen die römischen Infanteriemassen. Nach kurzem
Kampfe war das Heer der Barbaren in die Wälder versprengt, die
Pompeius zu umstellen und anzuzünden befahl. Die Albaner be-
quemten sich hierauf Frieden zu machen und dem Beispiel der
mächtigeren Völker folgend, schlossen alle zwischen dem Kur

FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
war der Krieg nicht geendigt, so lange der alte König noch unter
den Lebenden war; aber wer bürgte dafür, daſs es wirklich gelang
das königliche Wild zu fangen, um dessen willen diese beispiel-
lose Jagd angestellt werden sollte? war es nicht besser, selbst auf
die Gefahr hin, daſs Mithradates noch einmal die Kriegsfackel
nach Kleinasien schleudere, von einer Verfolgung abzustehen, die
so wenig Gewinn und so viel Gefahren verhieſs? Wohl drängten
zahlreiche Stimmen im Heer, noch zahlreichere in der Haupt-
stadt den Feldherrn die Verfolgung unablässig und um jeden
Preis fortzusetzen; aber es waren Stimmen theils tolldreister Hitz-
köpfe, theils derjenigen perfiden Freunde, die den mächtigen Feld-
herrn gern um jeden Preis von der Hauptstadt fern gehalten und
ihn im Osten in unabsehbare Unternehmungen sich hätten ver-
wickeln sehen. Pompeius war ein zu erfahrener und zu bedäch-
tiger Offizier, um in einer so unverständigen Expedition seinen
Ruhm und sein Heer auf das Spiel zu setzen; ein Aufstand der
Albaner im Rücken des Heeres gab den Vorwand her um die
weitere Verfolgung des Königs aufzugeben und die Rückkehr an-
zuordnen. Die Flotte erhielt den Auftrag in dem schwarzen Meer
zu kreuzen, die kleinasiatische Nordküste gegen jeden feindlichen
Einfall zu decken, den kimmerischen Bosporus aber streng zu
blokiren unter Androhung der Lebensstrafe für jeden Kauffahrer,
der die Blokade brechen würde. Die Landtruppen führte Pompeius
nicht ohne groſse Beschwerden durch das kolchische und arme-
nische Gebiet an den unteren Lauf des Kur und drang, den Strom
überschreitend, in die albanische Ebene ein. Mehrere Tage muſste
das römische Heer in der glühenden Hitze durch das wasserarme
Blachland marschiren, ohne auf den Feind zu treffen; erst am
linken Ufer des Abas (wahrscheinlich der sonst Alazonios, jetzt
Alasan genannte Fluſs) stellte unter Führung des Koses, Bruders
des Königs Oroizes sich die Streitmacht der Albaner den Römern
entgegen; sie soll mit Einschluſs des von den transkaukasischen
Steppenbewohnern eingetroffenen Zuzugs 60000 Mann zu Fuſs
und 12000 Reiter gezählt haben. Dennoch hätte sie schwerlich
den Kampf gewagt, wenn sie nicht gemeint hätte bloſs mit der
römischen Reiterei fechten zu sollen; aber die Reiter waren nur
vorangestellt und wie diese sich zurückzogen, zeigten sich da-
hinter verborgen die römischen Infanteriemassen. Nach kurzem
Kampfe war das Heer der Barbaren in die Wälder versprengt, die
Pompeius zu umstellen und anzuzünden befahl. Die Albaner be-
quemten sich hierauf Frieden zu machen und dem Beispiel der
mächtigeren Völker folgend, schlossen alle zwischen dem Kur

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[120/0130] FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV. war der Krieg nicht geendigt, so lange der alte König noch unter den Lebenden war; aber wer bürgte dafür, daſs es wirklich gelang das königliche Wild zu fangen, um dessen willen diese beispiel- lose Jagd angestellt werden sollte? war es nicht besser, selbst auf die Gefahr hin, daſs Mithradates noch einmal die Kriegsfackel nach Kleinasien schleudere, von einer Verfolgung abzustehen, die so wenig Gewinn und so viel Gefahren verhieſs? Wohl drängten zahlreiche Stimmen im Heer, noch zahlreichere in der Haupt- stadt den Feldherrn die Verfolgung unablässig und um jeden Preis fortzusetzen; aber es waren Stimmen theils tolldreister Hitz- köpfe, theils derjenigen perfiden Freunde, die den mächtigen Feld- herrn gern um jeden Preis von der Hauptstadt fern gehalten und ihn im Osten in unabsehbare Unternehmungen sich hätten ver- wickeln sehen. Pompeius war ein zu erfahrener und zu bedäch- tiger Offizier, um in einer so unverständigen Expedition seinen Ruhm und sein Heer auf das Spiel zu setzen; ein Aufstand der Albaner im Rücken des Heeres gab den Vorwand her um die weitere Verfolgung des Königs aufzugeben und die Rückkehr an- zuordnen. Die Flotte erhielt den Auftrag in dem schwarzen Meer zu kreuzen, die kleinasiatische Nordküste gegen jeden feindlichen Einfall zu decken, den kimmerischen Bosporus aber streng zu blokiren unter Androhung der Lebensstrafe für jeden Kauffahrer, der die Blokade brechen würde. Die Landtruppen führte Pompeius nicht ohne groſse Beschwerden durch das kolchische und arme- nische Gebiet an den unteren Lauf des Kur und drang, den Strom überschreitend, in die albanische Ebene ein. Mehrere Tage muſste das römische Heer in der glühenden Hitze durch das wasserarme Blachland marschiren, ohne auf den Feind zu treffen; erst am linken Ufer des Abas (wahrscheinlich der sonst Alazonios, jetzt Alasan genannte Fluſs) stellte unter Führung des Koses, Bruders des Königs Oroizes sich die Streitmacht der Albaner den Römern entgegen; sie soll mit Einschluſs des von den transkaukasischen Steppenbewohnern eingetroffenen Zuzugs 60000 Mann zu Fuſs und 12000 Reiter gezählt haben. Dennoch hätte sie schwerlich den Kampf gewagt, wenn sie nicht gemeint hätte bloſs mit der römischen Reiterei fechten zu sollen; aber die Reiter waren nur vorangestellt und wie diese sich zurückzogen, zeigten sich da- hinter verborgen die römischen Infanteriemassen. Nach kurzem Kampfe war das Heer der Barbaren in die Wälder versprengt, die Pompeius zu umstellen und anzuzünden befahl. Die Albaner be- quemten sich hierauf Frieden zu machen und dem Beispiel der mächtigeren Völker folgend, schlossen alle zwischen dem Kur

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/130>, abgerufen am 27.11.2024.