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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL III.
Crassus misstraue und darum nicht mit der Entlassung der Sol-
daten den Anfang machen könne. Die Demokraten bestimmten
den Crassus hierin entgegenkommende Schritte zu thun, dem Col-
legen öffentlich zum Frieden die Hand zu bieten; öffentlich und ge-
heim bestürmten sie ihn, dass er zu dem zwiefachen Verdienst, den
Feind besiegt und die Parteien versöhnt zu haben, noch das dritte
und grösste fügen möge dem Vaterland den inneren Frieden zu er-
halten und das drohende Schreckbild des Bürgerkrieges zu ban-
nen. Was nur immer auf einen eitlen, ungewandten, unsicheren
Mann zu wirken vermag, alle Schmeichelkünste der Diplomatie,
aller theatralische Apparat patriotischer Begeisterung wurde in Be-
wegung gesetzt um das ersehnte Ziel zu erreichen; was aber die
Hauptsache war, die Dinge hatten sich so gestaltet, dass Pompeius
nur die Wahl blieb entweder geradezu als Tyrann von Rom auf-
oder zurückzutreten. So gab er endlich nach und willigte in die
Entlassung der Heere. Das Commando im mithradatischen Krieg,
das zu erlangen er ohne Zweifel hoffte, als er sich für 684 zum
Consul hatte wählen lassen, konnte er jetzt nicht wünschen, da
mit dem Feldzuge von 683 Lucullus denselben in der That be-
endigt zu haben schien; die vom Senat in Gemässheit des sem-
pronischen Gesetzes ihm angewiesene Consularprovinz anzuneh-
men hielt er unter seiner Würde und Crassus folgte darin seinem
Beispiel. So zog Pompeius, als er nach Entlassung seiner Sol-
daten am letzten Tage des J. 684 sein Consulat niederlegte, sich
zunächst ganz von den öffentlichen Geschäften zurück und er-
klärte fortan als einfacher Bürger in stiller Musse leben zu wollen.
Er hatte sich so gestellt, dass er nach der Krone greifen musste,
und da er dies doch nicht wollte, ihm keine Rolle übrig blieb als
die nichtige eines resignirenden Throncandidaten.

Der Rücktritt des Mannes, dem nach der Lage der Sachen
die erste Stelle zukam, vom politischen Schauplatz führte zu-
nächst ungefähr dieselbe Parteistellung wieder herbei, wie wir sie
in der gracchischen und marianischen Epoche fanden. Die Ver-
fassung war im oppositionellen Geiste geordnet, aber der Senat
führte das Regiment; die Opposition versuchte nicht geradezu
es an sich zu reissen, da es ihr an einem diesem Unternehmen
gewachsenen Führer mangelte, aber hemmte und ärgerte die Re-
gierung auf Schritt und Tritt. Zwischen beiden erhob sich zu
neuem Ansehen die Capitalistenpartei, welche bisher mit der De-
mokratie gemeinschaftliche Sache gemacht hatte, die aber zu sich
hinüberzuziehen und an ihr ein Gegengewicht gegen die Demo-
kratie zu gewinnen die Oligarchen bemüht waren. Also von beiden

FÜNFTES BUCH. KAPITEL III.
Crassus miſstraue und darum nicht mit der Entlassung der Sol-
daten den Anfang machen könne. Die Demokraten bestimmten
den Crassus hierin entgegenkommende Schritte zu thun, dem Col-
legen öffentlich zum Frieden die Hand zu bieten; öffentlich und ge-
heim bestürmten sie ihn, daſs er zu dem zwiefachen Verdienst, den
Feind besiegt und die Parteien versöhnt zu haben, noch das dritte
und gröſste fügen möge dem Vaterland den inneren Frieden zu er-
halten und das drohende Schreckbild des Bürgerkrieges zu ban-
nen. Was nur immer auf einen eitlen, ungewandten, unsicheren
Mann zu wirken vermag, alle Schmeichelkünste der Diplomatie,
aller theatralische Apparat patriotischer Begeisterung wurde in Be-
wegung gesetzt um das ersehnte Ziel zu erreichen; was aber die
Hauptsache war, die Dinge hatten sich so gestaltet, daſs Pompeius
nur die Wahl blieb entweder geradezu als Tyrann von Rom auf-
oder zurückzutreten. So gab er endlich nach und willigte in die
Entlassung der Heere. Das Commando im mithradatischen Krieg,
das zu erlangen er ohne Zweifel hoffte, als er sich für 684 zum
Consul hatte wählen lassen, konnte er jetzt nicht wünschen, da
mit dem Feldzuge von 683 Lucullus denselben in der That be-
endigt zu haben schien; die vom Senat in Gemäſsheit des sem-
pronischen Gesetzes ihm angewiesene Consularprovinz anzuneh-
men hielt er unter seiner Würde und Crassus folgte darin seinem
Beispiel. So zog Pompeius, als er nach Entlassung seiner Sol-
daten am letzten Tage des J. 684 sein Consulat niederlegte, sich
zunächst ganz von den öffentlichen Geschäften zurück und er-
klärte fortan als einfacher Bürger in stiller Muſse leben zu wollen.
Er hatte sich so gestellt, daſs er nach der Krone greifen muſste,
und da er dies doch nicht wollte, ihm keine Rolle übrig blieb als
die nichtige eines resignirenden Throncandidaten.

Der Rücktritt des Mannes, dem nach der Lage der Sachen
die erste Stelle zukam, vom politischen Schauplatz führte zu-
nächst ungefähr dieselbe Parteistellung wieder herbei, wie wir sie
in der gracchischen und marianischen Epoche fanden. Die Ver-
fassung war im oppositionellen Geiste geordnet, aber der Senat
führte das Regiment; die Opposition versuchte nicht geradezu
es an sich zu reiſsen, da es ihr an einem diesem Unternehmen
gewachsenen Führer mangelte, aber hemmte und ärgerte die Re-
gierung auf Schritt und Tritt. Zwischen beiden erhob sich zu
neuem Ansehen die Capitalistenpartei, welche bisher mit der De-
mokratie gemeinschaftliche Sache gemacht hatte, die aber zu sich
hinüberzuziehen und an ihr ein Gegengewicht gegen die Demo-
kratie zu gewinnen die Oligarchen bemüht waren. Also von beiden

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[96/0106] FÜNFTES BUCH. KAPITEL III. Crassus miſstraue und darum nicht mit der Entlassung der Sol- daten den Anfang machen könne. Die Demokraten bestimmten den Crassus hierin entgegenkommende Schritte zu thun, dem Col- legen öffentlich zum Frieden die Hand zu bieten; öffentlich und ge- heim bestürmten sie ihn, daſs er zu dem zwiefachen Verdienst, den Feind besiegt und die Parteien versöhnt zu haben, noch das dritte und gröſste fügen möge dem Vaterland den inneren Frieden zu er- halten und das drohende Schreckbild des Bürgerkrieges zu ban- nen. Was nur immer auf einen eitlen, ungewandten, unsicheren Mann zu wirken vermag, alle Schmeichelkünste der Diplomatie, aller theatralische Apparat patriotischer Begeisterung wurde in Be- wegung gesetzt um das ersehnte Ziel zu erreichen; was aber die Hauptsache war, die Dinge hatten sich so gestaltet, daſs Pompeius nur die Wahl blieb entweder geradezu als Tyrann von Rom auf- oder zurückzutreten. So gab er endlich nach und willigte in die Entlassung der Heere. Das Commando im mithradatischen Krieg, das zu erlangen er ohne Zweifel hoffte, als er sich für 684 zum Consul hatte wählen lassen, konnte er jetzt nicht wünschen, da mit dem Feldzuge von 683 Lucullus denselben in der That be- endigt zu haben schien; die vom Senat in Gemäſsheit des sem- pronischen Gesetzes ihm angewiesene Consularprovinz anzuneh- men hielt er unter seiner Würde und Crassus folgte darin seinem Beispiel. So zog Pompeius, als er nach Entlassung seiner Sol- daten am letzten Tage des J. 684 sein Consulat niederlegte, sich zunächst ganz von den öffentlichen Geschäften zurück und er- klärte fortan als einfacher Bürger in stiller Muſse leben zu wollen. Er hatte sich so gestellt, daſs er nach der Krone greifen muſste, und da er dies doch nicht wollte, ihm keine Rolle übrig blieb als die nichtige eines resignirenden Throncandidaten. Der Rücktritt des Mannes, dem nach der Lage der Sachen die erste Stelle zukam, vom politischen Schauplatz führte zu- nächst ungefähr dieselbe Parteistellung wieder herbei, wie wir sie in der gracchischen und marianischen Epoche fanden. Die Ver- fassung war im oppositionellen Geiste geordnet, aber der Senat führte das Regiment; die Opposition versuchte nicht geradezu es an sich zu reiſsen, da es ihr an einem diesem Unternehmen gewachsenen Führer mangelte, aber hemmte und ärgerte die Re- gierung auf Schritt und Tritt. Zwischen beiden erhob sich zu neuem Ansehen die Capitalistenpartei, welche bisher mit der De- mokratie gemeinschaftliche Sache gemacht hatte, die aber zu sich hinüberzuziehen und an ihr ein Gegengewicht gegen die Demo- kratie zu gewinnen die Oligarchen bemüht waren. Also von beiden

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/106>, abgerufen am 23.11.2024.