mokratischen Programm. Die Verfassungsänderung war damit im Princip entschieden.
Alles Ernstes ging man nun an die Beseitigung der sullani- schen Institutionen. Vor allen Dingen erhielt das tribunicische Amt wieder seine frühere Geltung. Pompeius selbst als Consul brachte das Gesetz ein, das den Volkstribunen ihre althergebrach- ten Befugnisse, namentlich auch die legislatorische Initiative zu- rückgab -- freilich eine seltsame Gabe aus der Hand des Mannes, der mehr als irgend ein Lebender dazu gethan hatte die alte Ver- fassung zu zertrümmern. -- Hinsichtlich der Geschwornenstellen wurde die Bestimmung Sullas, dass das Verzeichniss der Senato- ren als Geschwornenliste dienen solle, zwar abgeschafft; allein es kam doch keineswegs zu einer einfachen Wiederherstellung der gracchischen Rittergerichte. Künftig, so bestimmte das neue aurelische Gesetz, sollten die Geschwornencollegien zu einem Drittheil aus Senatoren bestehen, zu zwei Drittheilen aus Männern vom Rittercensus, von welchen letzteren wieder die Hälfte die Districtvorsteherschaft oder das sogenannte Kassentribunat be- kleidet haben musste. Es war diese letzte Neuerung eine weitere den Demokraten gemachte Concession, indem hienach wenigstens der dritte Theil der Criminalgeschwornen, ähnlich wie die Ci- vilgeschwornen des Gerichtshofs der hundert Männer, mittelbar hervorging aus den Wahlen der Districte. Wenn dagegen der Senat nicht gänzlich aus den Gerichten verdrängt ward, so ist die Ursache davon wahrscheinlich theils in Crassus Beziehungen zum Senat zu suchen, theils in dem Beitritt der senatorischen Mittelpartei zu der Coalition, mit dem es auch wohl zusammen- hängt, dass der Bruder ihres kürzlich verstorbenen Führers, der Prätor Lucius Cotta dies Gesetz einbrachte. -- Nicht weniger wichtig war die Beseitigung der für Asien von Sulla festgesetzten Steuerordnung (II, 333), welche vermuthlich ebenfalls in dies Jahr fällt; der damalige Statthalter Asiens Lucius Lucullus ward angewiesen das von Gaius Gracchus eingeführte Verpachtungs- system wieder herzustellen und damit der hohen Finanz ihre frühere Stellung zurückgegeben. -- Endlich zur Erneuerung der Censur bedurfte es eines neuen Gesetzes nicht, da dies Amt nicht förmlich abgeschafft worden war, sondern nur der Anordnung der Wahlen, welche denn auch die neuen Consuln kurz nach An- tritt ihres Amtes anberaumten. Sie fielen, in offenbarer Verhöh- nung des Senats, auf die beiden Consuln des J. 682 Gnaeus Len- tulus Clodianus und Lucius Gellius, die wegen ihrer elenden Krieg- führung gegen Spartacus (S. 72) durch den Senat vom Com-
FÜNFTES BUCH. KAPITEL III.
mokratischen Programm. Die Verfassungsänderung war damit im Princip entschieden.
Alles Ernstes ging man nun an die Beseitigung der sullani- schen Institutionen. Vor allen Dingen erhielt das tribunicische Amt wieder seine frühere Geltung. Pompeius selbst als Consul brachte das Gesetz ein, das den Volkstribunen ihre althergebrach- ten Befugnisse, namentlich auch die legislatorische Initiative zu- rückgab — freilich eine seltsame Gabe aus der Hand des Mannes, der mehr als irgend ein Lebender dazu gethan hatte die alte Ver- fassung zu zertrümmern. — Hinsichtlich der Geschwornenstellen wurde die Bestimmung Sullas, daſs das Verzeichniſs der Senato- ren als Geschwornenliste dienen solle, zwar abgeschafft; allein es kam doch keineswegs zu einer einfachen Wiederherstellung der gracchischen Rittergerichte. Künftig, so bestimmte das neue aurelische Gesetz, sollten die Geschwornencollegien zu einem Drittheil aus Senatoren bestehen, zu zwei Drittheilen aus Männern vom Rittercensus, von welchen letzteren wieder die Hälfte die Districtvorsteherschaft oder das sogenannte Kassentribunat be- kleidet haben muſste. Es war diese letzte Neuerung eine weitere den Demokraten gemachte Concession, indem hienach wenigstens der dritte Theil der Criminalgeschwornen, ähnlich wie die Ci- vilgeschwornen des Gerichtshofs der hundert Männer, mittelbar hervorging aus den Wahlen der Districte. Wenn dagegen der Senat nicht gänzlich aus den Gerichten verdrängt ward, so ist die Ursache davon wahrscheinlich theils in Crassus Beziehungen zum Senat zu suchen, theils in dem Beitritt der senatorischen Mittelpartei zu der Coalition, mit dem es auch wohl zusammen- hängt, daſs der Bruder ihres kürzlich verstorbenen Führers, der Prätor Lucius Cotta dies Gesetz einbrachte. — Nicht weniger wichtig war die Beseitigung der für Asien von Sulla festgesetzten Steuerordnung (II, 333), welche vermuthlich ebenfalls in dies Jahr fällt; der damalige Statthalter Asiens Lucius Lucullus ward angewiesen das von Gaius Gracchus eingeführte Verpachtungs- system wieder herzustellen und damit der hohen Finanz ihre frühere Stellung zurückgegeben. — Endlich zur Erneuerung der Censur bedurfte es eines neuen Gesetzes nicht, da dies Amt nicht förmlich abgeschafft worden war, sondern nur der Anordnung der Wahlen, welche denn auch die neuen Consuln kurz nach An- tritt ihres Amtes anberaumten. Sie fielen, in offenbarer Verhöh- nung des Senats, auf die beiden Consuln des J. 682 Gnaeus Len- tulus Clodianus und Lucius Gellius, die wegen ihrer elenden Krieg- führung gegen Spartacus (S. 72) durch den Senat vom Com-
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FÜNFTES BUCH. KAPITEL III.
mokratischen Programm. Die Verfassungsänderung war damit
im Princip entschieden.
Alles Ernstes ging man nun an die Beseitigung der sullani-
schen Institutionen. Vor allen Dingen erhielt das tribunicische
Amt wieder seine frühere Geltung. Pompeius selbst als Consul
brachte das Gesetz ein, das den Volkstribunen ihre althergebrach-
ten Befugnisse, namentlich auch die legislatorische Initiative zu-
rückgab — freilich eine seltsame Gabe aus der Hand des Mannes,
der mehr als irgend ein Lebender dazu gethan hatte die alte Ver-
fassung zu zertrümmern. — Hinsichtlich der Geschwornenstellen
wurde die Bestimmung Sullas, daſs das Verzeichniſs der Senato-
ren als Geschwornenliste dienen solle, zwar abgeschafft; allein
es kam doch keineswegs zu einer einfachen Wiederherstellung
der gracchischen Rittergerichte. Künftig, so bestimmte das neue
aurelische Gesetz, sollten die Geschwornencollegien zu einem
Drittheil aus Senatoren bestehen, zu zwei Drittheilen aus Männern
vom Rittercensus, von welchen letzteren wieder die Hälfte die
Districtvorsteherschaft oder das sogenannte Kassentribunat be-
kleidet haben muſste. Es war diese letzte Neuerung eine weitere
den Demokraten gemachte Concession, indem hienach wenigstens
der dritte Theil der Criminalgeschwornen, ähnlich wie die Ci-
vilgeschwornen des Gerichtshofs der hundert Männer, mittelbar
hervorging aus den Wahlen der Districte. Wenn dagegen der
Senat nicht gänzlich aus den Gerichten verdrängt ward, so ist
die Ursache davon wahrscheinlich theils in Crassus Beziehungen
zum Senat zu suchen, theils in dem Beitritt der senatorischen
Mittelpartei zu der Coalition, mit dem es auch wohl zusammen-
hängt, daſs der Bruder ihres kürzlich verstorbenen Führers, der
Prätor Lucius Cotta dies Gesetz einbrachte. — Nicht weniger
wichtig war die Beseitigung der für Asien von Sulla festgesetzten
Steuerordnung (II, 333), welche vermuthlich ebenfalls in dies
Jahr fällt; der damalige Statthalter Asiens Lucius Lucullus ward
angewiesen das von Gaius Gracchus eingeführte Verpachtungs-
system wieder herzustellen und damit der hohen Finanz ihre
frühere Stellung zurückgegeben. — Endlich zur Erneuerung der
Censur bedurfte es eines neuen Gesetzes nicht, da dies Amt nicht
förmlich abgeschafft worden war, sondern nur der Anordnung
der Wahlen, welche denn auch die neuen Consuln kurz nach An-
tritt ihres Amtes anberaumten. Sie fielen, in offenbarer Verhöh-
nung des Senats, auf die beiden Consuln des J. 682 Gnaeus Len-
tulus Clodianus und Lucius Gellius, die wegen ihrer elenden Krieg-
führung gegen Spartacus (S. 72) durch den Senat vom Com-
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/102>, abgerufen am 27.11.2024.
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