Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.LITTERATUR UND KUNST. Um den Anfang dieser Epoche fing man an nicht bloss Geräthund Bildsäulen, sondern auch griechische Gemälde zu schätzen. Das erste in Rom öffentlich aufgestellte Bild war der Bakchos des Aristeides, den Lucius Mummius aus der Versteigerung der korinthischen Beute zurücknahm, weil König Attalos bis zu 6000 Denaren (1716 Thlr.) darauf bot. Die Bauten wurden glänzender und namentlich kam der überseeische, besonders der hymettische Marmor (Cipollin) dabei in Gebrauch -- die itali- schen Marmorbrüche waren noch nicht in Betrieb. Der pracht- volle noch in der Kaiserzeit bewunderte Säulengang, den der Be- sieger Makedoniens Quintus Metellus (Consul 611) auf dem Marsfelde anlegte, schloss den ersten Marmortempel ein, den die Hauptstadt sah; bald folgten ähnliche Anlagen auf dem Ca- pitol durch Scipio Nasica (Consul 616), auf dem Rennplatz durch Gnaeus Octavius (Consul 626). Das erste mit Marmor- säulen geschmückte Privathaus war das des Redners Lucius Cras- sus (+ 663) auf dem Palatin (S. 382). Aber wo man plündern oder kaufen konnte, statt selber zu schaffen, da geschah es; es ist ein schlimmes Armuthszeugniss für die römische Architektur, dass sie schon anfing die Säulen der alten griechischen Tempel zu verwenden, wie zum Beispiel mit denen des Zeustempels in Athen das römische Capitol durch Sulla geschmückt ward. Was dennoch in Rom gearbeitet ward, geschah durch die Hände von Fremden; die wenigen römischen Künstler dieser Zeit, die na- mentlich erwähnt werden, sind ohne Ausnahme eingewanderte italische oder überseeische Griechen: so der Architekt Hermo- doros aus dem kyprischen Salamis, der für Decimus Brutus Con- sul 616 den Marstempel im flaminischen Circus baute; der Bild- hauer Pasiteles (um 665) aus Grossgriechenland, der für römi- sche Tempel Götterbilder von Elfenbein lieferte; der Maler und Philosoph Metrodoros von Athen, der verschrieben ward, um die Bilder für den Triumph des Lucius Paullus (587) zu malen. Es ist bezeichnend, dass die Münzen dieser Epoche im Vergleich mit denen der vorigen zwar eine grössere Mannigfaltigkeit der Typen, aber im Stempelschnitt eher einen Rück- als einen Fort- schritt zeigen. -- Endlich Musik und Tanz siedelten in gleicher Weise von Hellas über nach Rom, einzig um daselbst zur Erhöhung des decorativen Luxus verwandt zu werden. Solche fremdländische Künste waren allerdings nicht neu in Rom; der Staat hatte seit alter Zeit bei seinen Festen etruskische Flöten- bläser und Tänzer auftreten lassen und die Freigelassenen und die niedrigste Klasse des römischen Volkes auch bisher schon LITTERATUR UND KUNST. Um den Anfang dieser Epoche fing man an nicht bloſs Geräthund Bildsäulen, sondern auch griechische Gemälde zu schätzen. Das erste in Rom öffentlich aufgestellte Bild war der Bakchos des Aristeides, den Lucius Mummius aus der Versteigerung der korinthischen Beute zurücknahm, weil König Attalos bis zu 6000 Denaren (1716 Thlr.) darauf bot. Die Bauten wurden glänzender und namentlich kam der überseeische, besonders der hymettische Marmor (Cipollin) dabei in Gebrauch — die itali- schen Marmorbrüche waren noch nicht in Betrieb. Der pracht- volle noch in der Kaiserzeit bewunderte Säulengang, den der Be- sieger Makedoniens Quintus Metellus (Consul 611) auf dem Marsfelde anlegte, schloſs den ersten Marmortempel ein, den die Hauptstadt sah; bald folgten ähnliche Anlagen auf dem Ca- pitol durch Scipio Nasica (Consul 616), auf dem Rennplatz durch Gnaeus Octavius (Consul 626). Das erste mit Marmor- säulen geschmückte Privathaus war das des Redners Lucius Cras- sus († 663) auf dem Palatin (S. 382). Aber wo man plündern oder kaufen konnte, statt selber zu schaffen, da geschah es; es ist ein schlimmes Armuthszeugniſs für die römische Architektur, daſs sie schon anfing die Säulen der alten griechischen Tempel zu verwenden, wie zum Beispiel mit denen des Zeustempels in Athen das römische Capitol durch Sulla geschmückt ward. Was dennoch in Rom gearbeitet ward, geschah durch die Hände von Fremden; die wenigen römischen Künstler dieser Zeit, die na- mentlich erwähnt werden, sind ohne Ausnahme eingewanderte italische oder überseeische Griechen: so der Architekt Hermo- doros aus dem kyprischen Salamis, der für Decimus Brutus Con- sul 616 den Marstempel im flaminischen Circus baute; der Bild- hauer Pasiteles (um 665) aus Groſsgriechenland, der für römi- sche Tempel Götterbilder von Elfenbein lieferte; der Maler und Philosoph Metrodoros von Athen, der verschrieben ward, um die Bilder für den Triumph des Lucius Paullus (587) zu malen. Es ist bezeichnend, daſs die Münzen dieser Epoche im Vergleich mit denen der vorigen zwar eine gröſsere Mannigfaltigkeit der Typen, aber im Stempelschnitt eher einen Rück- als einen Fort- schritt zeigen. — Endlich Musik und Tanz siedelten in gleicher Weise von Hellas über nach Rom, einzig um daselbst zur Erhöhung des decorativen Luxus verwandt zu werden. Solche fremdländische Künste waren allerdings nicht neu in Rom; der Staat hatte seit alter Zeit bei seinen Festen etruskische Flöten- bläser und Tänzer auftreten lassen und die Freigelassenen und die niedrigste Klasse des römischen Volkes auch bisher schon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0447" n="437"/><fw place="top" type="header">LITTERATUR UND KUNST.</fw><lb/> Um den Anfang dieser Epoche fing man an nicht bloſs Geräth<lb/> und Bildsäulen, sondern auch griechische Gemälde zu schätzen.<lb/> Das erste in Rom öffentlich aufgestellte Bild war der Bakchos<lb/> des Aristeides, den Lucius Mummius aus der Versteigerung der<lb/> korinthischen Beute zurücknahm, weil König Attalos bis zu<lb/> 6000 Denaren (1716 Thlr.) darauf bot. Die Bauten wurden<lb/> glänzender und namentlich kam der überseeische, besonders der<lb/> hymettische Marmor (Cipollin) dabei in Gebrauch — die itali-<lb/> schen Marmorbrüche waren noch nicht in Betrieb. 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LITTERATUR UND KUNST.
Um den Anfang dieser Epoche fing man an nicht bloſs Geräth
und Bildsäulen, sondern auch griechische Gemälde zu schätzen.
Das erste in Rom öffentlich aufgestellte Bild war der Bakchos
des Aristeides, den Lucius Mummius aus der Versteigerung der
korinthischen Beute zurücknahm, weil König Attalos bis zu
6000 Denaren (1716 Thlr.) darauf bot. Die Bauten wurden
glänzender und namentlich kam der überseeische, besonders der
hymettische Marmor (Cipollin) dabei in Gebrauch — die itali-
schen Marmorbrüche waren noch nicht in Betrieb. Der pracht-
volle noch in der Kaiserzeit bewunderte Säulengang, den der Be-
sieger Makedoniens Quintus Metellus (Consul 611) auf dem
Marsfelde anlegte, schloſs den ersten Marmortempel ein, den
die Hauptstadt sah; bald folgten ähnliche Anlagen auf dem Ca-
pitol durch Scipio Nasica (Consul 616), auf dem Rennplatz
durch Gnaeus Octavius (Consul 626). Das erste mit Marmor-
säulen geschmückte Privathaus war das des Redners Lucius Cras-
sus († 663) auf dem Palatin (S. 382). Aber wo man plündern
oder kaufen konnte, statt selber zu schaffen, da geschah es; es ist
ein schlimmes Armuthszeugniſs für die römische Architektur,
daſs sie schon anfing die Säulen der alten griechischen Tempel
zu verwenden, wie zum Beispiel mit denen des Zeustempels in
Athen das römische Capitol durch Sulla geschmückt ward. Was
dennoch in Rom gearbeitet ward, geschah durch die Hände von
Fremden; die wenigen römischen Künstler dieser Zeit, die na-
mentlich erwähnt werden, sind ohne Ausnahme eingewanderte
italische oder überseeische Griechen: so der Architekt Hermo-
doros aus dem kyprischen Salamis, der für Decimus Brutus Con-
sul 616 den Marstempel im flaminischen Circus baute; der Bild-
hauer Pasiteles (um 665) aus Groſsgriechenland, der für römi-
sche Tempel Götterbilder von Elfenbein lieferte; der Maler und
Philosoph Metrodoros von Athen, der verschrieben ward, um die
Bilder für den Triumph des Lucius Paullus (587) zu malen.
Es ist bezeichnend, daſs die Münzen dieser Epoche im Vergleich
mit denen der vorigen zwar eine gröſsere Mannigfaltigkeit der
Typen, aber im Stempelschnitt eher einen Rück- als einen Fort-
schritt zeigen. — Endlich Musik und Tanz siedelten in gleicher
Weise von Hellas über nach Rom, einzig um daselbst zur
Erhöhung des decorativen Luxus verwandt zu werden. Solche
fremdländische Künste waren allerdings nicht neu in Rom; der
Staat hatte seit alter Zeit bei seinen Festen etruskische Flöten-
bläser und Tänzer auftreten lassen und die Freigelassenen und
die niedrigste Klasse des römischen Volkes auch bisher schon
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