Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.DAS GEMEINWESEN UND SEINE OEKONOMIE. Schlacht von Pydna nicht wieder erhoben, so dass die unbedingteGrundsteuerfreiheit als ein verfassungsmässiges Vorrecht des rö- mischen Grundbesitzes betrachtet zu werden anfing. Die Rega- lien des Staats, wie das Salzmonopol und das Münzrecht, wur- den, wenn überhaupt je, so wenigstens jetzt nicht als Einnahme- quellen behandelt. Auch die neue Erbschaftssteuer (I, 624) liess man wieder schwinden oder schaffte sie vielleicht geradezu ab. Demnach zog die römische Staatskasse aus Italien einschliesslich des diesseitigen Galliens nichts als theils die Domanialgefälle, na- mentlich von dem campanischen Gebiet und den Goldgruben im Lande der Kelten, theils die Abgabe von den Freilassungen und den nicht zu eigenem Verbrauch des Einführers in das römische Stadtgebiet zur See eingehenden Waaren, welche beide wesent- lich als Luxussteuern betrachtet werden können und durch die Ausdehnung des römischen Stadt- und zugleich Zollgebiets auf ganz Italien, wahrscheinlich mit Einschluss des diesseitigen Gal- lien, ansehnlich gesteigert werden mussten. -- In den Provinzen nahm der römische Staat zunächst als Privateigenthum in An- spruch theils in den nach Kriegsrecht vernichteten Staaten die gesammte Mark, theils in denjenigen Staaten, wo die römische Regierung an die Stelle der ehemaligen Herrscher getreten war, den von diesen innegehabten Grundbesitz, kraft welches Rechts die Feldmarken von Leontinoi, Karthago, Korinth, das Doma- nialgut der Könige von Makedonien, Pergamon und Kyrene, die Gruben in Spanien und Makedonien als römische Domänen gal- ten und ähnlich wie das Gebiet von Capua von den römischen Censoren an Privatunternehmer gegen Abgabe einer Ertragsquote oder einer bestimmten Geldsumme verpachtet wurden. Dass Gaius Gracchus noch weiter ging, das gesammte Provinzialland als Domäne ansprach und zunächst für die Provinz Asia diesen Satz insofern praktisch durchführte, als er den Bodenzehnten, die Hut- und Hafengelder daselbst rechtlich motivirte durch das Eigenthumsrecht des römischen Staats an Acker, Wiese und Küste der Provinz, mochten diese nun früher dem König oder Privaten gehört haben, ward bereits früher (S. 105. 111) ausge- führt. -- Nutzbare Staatsregalien scheint es in dieser Zeit auch den Provinzen gegenüber noch nicht gegeben zu haben; die Un- tersagung des Wein- und Oelbaues im transalpinischen Gallien kam der Staatskasse als solcher nicht zu Gute. Dagegen wurden directe und indirecte Steuern in grossem Umfang erhoben. Steuerfrei waren natürlich die als vollständig souverän anerkann- ten Clientelstaaten, also zum Beispiel die Königreiche Numidien DAS GEMEINWESEN UND SEINE OEKONOMIE. Schlacht von Pydna nicht wieder erhoben, so daſs die unbedingteGrundsteuerfreiheit als ein verfassungsmäſsiges Vorrecht des rö- mischen Grundbesitzes betrachtet zu werden anfing. Die Rega- lien des Staats, wie das Salzmonopol und das Münzrecht, wur- den, wenn überhaupt je, so wenigstens jetzt nicht als Einnahme- quellen behandelt. Auch die neue Erbschaftssteuer (I, 624) lieſs man wieder schwinden oder schaffte sie vielleicht geradezu ab. Demnach zog die römische Staatskasse aus Italien einschlieſslich des diesseitigen Galliens nichts als theils die Domanialgefälle, na- mentlich von dem campanischen Gebiet und den Goldgruben im Lande der Kelten, theils die Abgabe von den Freilassungen und den nicht zu eigenem Verbrauch des Einführers in das römische Stadtgebiet zur See eingehenden Waaren, welche beide wesent- lich als Luxussteuern betrachtet werden können und durch die Ausdehnung des römischen Stadt- und zugleich Zollgebiets auf ganz Italien, wahrscheinlich mit Einschluſs des diesseitigen Gal- lien, ansehnlich gesteigert werden muſsten. — In den Provinzen nahm der römische Staat zunächst als Privateigenthum in An- spruch theils in den nach Kriegsrecht vernichteten Staaten die gesammte Mark, theils in denjenigen Staaten, wo die römische Regierung an die Stelle der ehemaligen Herrscher getreten war, den von diesen innegehabten Grundbesitz, kraft welches Rechts die Feldmarken von Leontinoi, Karthago, Korinth, das Doma- nialgut der Könige von Makedonien, Pergamon und Kyrene, die Gruben in Spanien und Makedonien als römische Domänen gal- ten und ähnlich wie das Gebiet von Capua von den römischen Censoren an Privatunternehmer gegen Abgabe einer Ertragsquote oder einer bestimmten Geldsumme verpachtet wurden. Daſs Gaius Gracchus noch weiter ging, das gesammte Provinzialland als Domäne ansprach und zunächst für die Provinz Asia diesen Satz insofern praktisch durchführte, als er den Bodenzehnten, die Hut- und Hafengelder daselbst rechtlich motivirte durch das Eigenthumsrecht des römischen Staats an Acker, Wiese und Küste der Provinz, mochten diese nun früher dem König oder Privaten gehört haben, ward bereits früher (S. 105. 111) ausge- führt. — Nutzbare Staatsregalien scheint es in dieser Zeit auch den Provinzen gegenüber noch nicht gegeben zu haben; die Un- tersagung des Wein- und Oelbaues im transalpinischen Gallien kam der Staatskasse als solcher nicht zu Gute. Dagegen wurden directe und indirecte Steuern in groſsem Umfang erhoben. 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DAS GEMEINWESEN UND SEINE OEKONOMIE.
Schlacht von Pydna nicht wieder erhoben, so daſs die unbedingte
Grundsteuerfreiheit als ein verfassungsmäſsiges Vorrecht des rö-
mischen Grundbesitzes betrachtet zu werden anfing. Die Rega-
lien des Staats, wie das Salzmonopol und das Münzrecht, wur-
den, wenn überhaupt je, so wenigstens jetzt nicht als Einnahme-
quellen behandelt. Auch die neue Erbschaftssteuer (I, 624) lieſs
man wieder schwinden oder schaffte sie vielleicht geradezu ab.
Demnach zog die römische Staatskasse aus Italien einschlieſslich
des diesseitigen Galliens nichts als theils die Domanialgefälle, na-
mentlich von dem campanischen Gebiet und den Goldgruben im
Lande der Kelten, theils die Abgabe von den Freilassungen und
den nicht zu eigenem Verbrauch des Einführers in das römische
Stadtgebiet zur See eingehenden Waaren, welche beide wesent-
lich als Luxussteuern betrachtet werden können und durch die
Ausdehnung des römischen Stadt- und zugleich Zollgebiets auf
ganz Italien, wahrscheinlich mit Einschluſs des diesseitigen Gal-
lien, ansehnlich gesteigert werden muſsten. — In den Provinzen
nahm der römische Staat zunächst als Privateigenthum in An-
spruch theils in den nach Kriegsrecht vernichteten Staaten die
gesammte Mark, theils in denjenigen Staaten, wo die römische
Regierung an die Stelle der ehemaligen Herrscher getreten war,
den von diesen innegehabten Grundbesitz, kraft welches Rechts
die Feldmarken von Leontinoi, Karthago, Korinth, das Doma-
nialgut der Könige von Makedonien, Pergamon und Kyrene, die
Gruben in Spanien und Makedonien als römische Domänen gal-
ten und ähnlich wie das Gebiet von Capua von den römischen
Censoren an Privatunternehmer gegen Abgabe einer Ertragsquote
oder einer bestimmten Geldsumme verpachtet wurden. Daſs
Gaius Gracchus noch weiter ging, das gesammte Provinzialland
als Domäne ansprach und zunächst für die Provinz Asia diesen
Satz insofern praktisch durchführte, als er den Bodenzehnten,
die Hut- und Hafengelder daselbst rechtlich motivirte durch das
Eigenthumsrecht des römischen Staats an Acker, Wiese und
Küste der Provinz, mochten diese nun früher dem König oder
Privaten gehört haben, ward bereits früher (S. 105. 111) ausge-
führt. — Nutzbare Staatsregalien scheint es in dieser Zeit auch
den Provinzen gegenüber noch nicht gegeben zu haben; die Un-
tersagung des Wein- und Oelbaues im transalpinischen Gallien
kam der Staatskasse als solcher nicht zu Gute. Dagegen wurden
directe und indirecte Steuern in groſsem Umfang erhoben.
Steuerfrei waren natürlich die als vollständig souverän anerkann-
ten Clientelstaaten, also zum Beispiel die Königreiche Numidien
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