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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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und Werbsystem, für die Reiterei und die leichten Truppen
wesentlich sich stützte auf die Contingente der Unterthanen, wie
denn für den kimbrischen Feldzug schon bis nach Bithynien Zu-
zug angesagt ward, für die Linieninfanterie aber zwar die bis-
herige Dienstpflichtordnung nicht aufhob, allein daneben je-
dem freigeborenen Bürger den freiwilligen Eintritt in das Heer
gestattete, wie es Marius 647 that. -- Hiezu kam die Nivellirung
innerhalb der Linieninfanterie, die gleichfalls auf Marius zurück-
geht. Die römische Weise aristokratischer Gliederung hatte bis
dahin auch geherrscht innerhalb der Legion. Die vier Treffen
der Leichten, der Hastaten, der Principes, der Triarier, oder, wie
man auch sagen kann, der Vorhut, der ersten, zweiten und drit-
ten Linie hatten bis dahin jedes seine besondere Qualification
nach Vermögen oder Dienstalter und grossentheils auch verschie-
dene Bewaffnung, jedes seinen ein für allemal bestimmten Platz
in der Schlachtordnung, jedes seinen bestimmten militärischen
Rang und sein eigenes Feldzeichen gehabt. Alle diese Unter-
schiede fielen jetzt über den Haufen. Wer überhaupt qualificirt
war zum Eintritt als Legionar, bedurfte keiner weiteren Quali-
fication, um in jeder Abtheilung zu dienen; über die Einordnung
entschied einzig das Ermessen des Feldherrn. Alle Unterschiede
der Bewaffnung fielen weg und somit wurden auch alle Recruten
gleichmässig geschult. Ohne Zweifel in Verbindung damit stehen
die vielfachen Verbesserungen, die in der Bewaffnung, dem Tragen
des Gepäcks und ähnlichen Dingen von Marius herrühren und
ein rühmliches Zeugniss ablegen von der Einsicht desselben in
das praktische Detail des Kriegshandwerks und seiner Fürsorge
für die Soldaten; vor allem aber das neue von dem Kameraden
des Marius im africanischen Krieg Publius Rutilius Rufus (Con-
sul 649) entworfene Exercierreglement; es ist bezeichnend, dass
dasselbe die militärische Ausbildung des einzelnen Mannes be-
trächtlich steigerte und wesentlich sich anlehnte an die in den
damaligen Fechterschulen übliche Ausbildung der künftigen Gla-
diatoren. Die Gliederung der Legion ward eine gänzlich andere.
An die Stelle der 30 Fähnlein (manipuli) schwerer Infanterie, die
-- jedes zu zwei Zügen (centuriae) von je 60 Mann in den bei-
den ersten und je 30 Mann im dritten Treffen -- bisher die tak-
tische Einheit gebildet hatten, traten 10 Haufen (cohortes) jeder
zu 6, oft auch nur zu 5 Zügen von je 100 Mann; so dass, ob-
gleich gleichzeitig durch Einziehung der leichten Infanterie der
Legion 1200 Mann erspart wurden, dennoch die Gesammtzahl
der Legion statt auf 4200 sich auf 6000 Mann stellte. Die Sitte

MARIUS UND DRUSUS.
und Werbsystem, für die Reiterei und die leichten Truppen
wesentlich sich stützte auf die Contingente der Unterthanen, wie
denn für den kimbrischen Feldzug schon bis nach Bithynien Zu-
zug angesagt ward, für die Linieninfanterie aber zwar die bis-
herige Dienstpflichtordnung nicht aufhob, allein daneben je-
dem freigeborenen Bürger den freiwilligen Eintritt in das Heer
gestattete, wie es Marius 647 that. — Hiezu kam die Nivellirung
innerhalb der Linieninfanterie, die gleichfalls auf Marius zurück-
geht. Die römische Weise aristokratischer Gliederung hatte bis
dahin auch geherrscht innerhalb der Legion. Die vier Treffen
der Leichten, der Hastaten, der Principes, der Triarier, oder, wie
man auch sagen kann, der Vorhut, der ersten, zweiten und drit-
ten Linie hatten bis dahin jedes seine besondere Qualification
nach Vermögen oder Dienstalter und groſsentheils auch verschie-
dene Bewaffnung, jedes seinen ein für allemal bestimmten Platz
in der Schlachtordnung, jedes seinen bestimmten militärischen
Rang und sein eigenes Feldzeichen gehabt. Alle diese Unter-
schiede fielen jetzt über den Haufen. Wer überhaupt qualificirt
war zum Eintritt als Legionar, bedurfte keiner weiteren Quali-
fication, um in jeder Abtheilung zu dienen; über die Einordnung
entschied einzig das Ermessen des Feldherrn. Alle Unterschiede
der Bewaffnung fielen weg und somit wurden auch alle Recruten
gleichmäſsig geschult. Ohne Zweifel in Verbindung damit stehen
die vielfachen Verbesserungen, die in der Bewaffnung, dem Tragen
des Gepäcks und ähnlichen Dingen von Marius herrühren und
ein rühmliches Zeugniſs ablegen von der Einsicht desselben in
das praktische Detail des Kriegshandwerks und seiner Fürsorge
für die Soldaten; vor allem aber das neue von dem Kameraden
des Marius im africanischen Krieg Publius Rutilius Rufus (Con-
sul 649) entworfene Exercierreglement; es ist bezeichnend, daſs
dasselbe die militärische Ausbildung des einzelnen Mannes be-
trächtlich steigerte und wesentlich sich anlehnte an die in den
damaligen Fechterschulen übliche Ausbildung der künftigen Gla-
diatoren. Die Gliederung der Legion ward eine gänzlich andere.
An die Stelle der 30 Fähnlein (manipuli) schwerer Infanterie, die
— jedes zu zwei Zügen (centuriae) von je 60 Mann in den bei-
den ersten und je 30 Mann im dritten Treffen — bisher die tak-
tische Einheit gebildet hatten, traten 10 Haufen (cohortes) jeder
zu 6, oft auch nur zu 5 Zügen von je 100 Mann; so daſs, ob-
gleich gleichzeitig durch Einziehung der leichten Infanterie der
Legion 1200 Mann erspart wurden, dennoch die Gesammtzahl
der Legion statt auf 4200 sich auf 6000 Mann stellte. Die Sitte

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[185/0195] MARIUS UND DRUSUS. und Werbsystem, für die Reiterei und die leichten Truppen wesentlich sich stützte auf die Contingente der Unterthanen, wie denn für den kimbrischen Feldzug schon bis nach Bithynien Zu- zug angesagt ward, für die Linieninfanterie aber zwar die bis- herige Dienstpflichtordnung nicht aufhob, allein daneben je- dem freigeborenen Bürger den freiwilligen Eintritt in das Heer gestattete, wie es Marius 647 that. — Hiezu kam die Nivellirung innerhalb der Linieninfanterie, die gleichfalls auf Marius zurück- geht. Die römische Weise aristokratischer Gliederung hatte bis dahin auch geherrscht innerhalb der Legion. Die vier Treffen der Leichten, der Hastaten, der Principes, der Triarier, oder, wie man auch sagen kann, der Vorhut, der ersten, zweiten und drit- ten Linie hatten bis dahin jedes seine besondere Qualification nach Vermögen oder Dienstalter und groſsentheils auch verschie- dene Bewaffnung, jedes seinen ein für allemal bestimmten Platz in der Schlachtordnung, jedes seinen bestimmten militärischen Rang und sein eigenes Feldzeichen gehabt. Alle diese Unter- schiede fielen jetzt über den Haufen. Wer überhaupt qualificirt war zum Eintritt als Legionar, bedurfte keiner weiteren Quali- fication, um in jeder Abtheilung zu dienen; über die Einordnung entschied einzig das Ermessen des Feldherrn. Alle Unterschiede der Bewaffnung fielen weg und somit wurden auch alle Recruten gleichmäſsig geschult. Ohne Zweifel in Verbindung damit stehen die vielfachen Verbesserungen, die in der Bewaffnung, dem Tragen des Gepäcks und ähnlichen Dingen von Marius herrühren und ein rühmliches Zeugniſs ablegen von der Einsicht desselben in das praktische Detail des Kriegshandwerks und seiner Fürsorge für die Soldaten; vor allem aber das neue von dem Kameraden des Marius im africanischen Krieg Publius Rutilius Rufus (Con- sul 649) entworfene Exercierreglement; es ist bezeichnend, daſs dasselbe die militärische Ausbildung des einzelnen Mannes be- trächtlich steigerte und wesentlich sich anlehnte an die in den damaligen Fechterschulen übliche Ausbildung der künftigen Gla- diatoren. Die Gliederung der Legion ward eine gänzlich andere. An die Stelle der 30 Fähnlein (manipuli) schwerer Infanterie, die — jedes zu zwei Zügen (centuriae) von je 60 Mann in den bei- den ersten und je 30 Mann im dritten Treffen — bisher die tak- tische Einheit gebildet hatten, traten 10 Haufen (cohortes) jeder zu 6, oft auch nur zu 5 Zügen von je 100 Mann; so daſs, ob- gleich gleichzeitig durch Einziehung der leichten Infanterie der Legion 1200 Mann erspart wurden, dennoch die Gesammtzahl der Legion statt auf 4200 sich auf 6000 Mann stellte. Die Sitte

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/195>, abgerufen am 24.11.2024.