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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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VIERTES BUCH. KAPITEL I.
lencia) dem römischen Heere ihre Thore. Die Habsucht hatte in
ihren eigenen Netzen sich gefangen; keine Gemeinde fand sich,
die mit dem treubrüchigen Feldherrn eine Capitulation abzu-
schliessen gewagt hätte und die allgemeine Flucht der Bewohner
machte nicht bloss die Beute karg, sondern auch das längere
Verweilen in diesen unwirthlichen Gegenden fast unmöglich.
Vor Intercatia gelang es einem angesehenen Kriegstribun, dem
leiblichen Sohn des Siegers von Pydna und Adoptivenkel des
Siegers von Zama, Scipio Aemilianus durch sein Ehrenwort, da
das des Feldherrn nichts mehr galt, die Bewohner zum Abschluss
eines Vertrages zu bestimmen, in Folge dessen das römische
Heer gegen Lieferung von Vieh und Kleidungsstücken abzog.
Aber die Belagerung von Pallantia musste wegen Mangel an Le-
bensmitteln aufgehoben werden und das römische Heer ward auf
dem Rückmarsch von den Vaccaeern bis zum Duero verfolgt.
Lucullus begab sich darauf nach der südlichen Provinz, wo der
Praetor Servius Sulpicius Galba in demselben Jahr von den Lu-
sitanern sich hatte schlagen lassen; beide überwinterten nicht
fern von einander, Lucullus im turdetanischen Gebiet, Galba bei
Conistorgis, und griffen im folgenden Jahr (604) gemeinschaft-
lich die Lusitaner an. Lucullus errang an der gaditanischen
Meerenge einige Vortheile über sie. Galba richtete mehr aus, in-
dem er mit drei lusitanischen Stämmen am rechten Ufer des
Tajo einen Vertrag abschloss und sie in bessere Wohnsitze über-
zusiedeln verhiess; worauf die Barbaren, die 7000 an der Zahl
sich der gehofften Aecker wegen bei ihm einfanden, in drei Ab-
theilungen getheilt, entwaffnet und theils als Sclaven weggeführt,
theils niedergehauen wurden. Kaum ist je mit gleicher Treulo-
sigkeit, Grausamkeit und Habgier Krieg geführt worden wie von
diesen beiden Feldherrn, die dennoch durch ihre verbrecherisch
erworbenen Schätze der eine der Verurtheilung, der andere sogar
der Anklage entging. Den Galba versuchte der alte Cato noch in
seinem fünfundachtzigsten Jahr, wenige Monate vor seinem Tode,
vor der Bürgerschaft zur Verantwortung zu ziehen; aber die
jammernden Kinder des Generals und sein heimgebrachtes Gold
erwiesen dem römischen Volke seine Unschuld.

Nicht so sehr die ehrlosen Erfolge, die Lucullus und Galba
in Spanien erreicht hatten, als der Ausbruch des vierten make-
donischen und des dritten karthagischen Krieges im J. 605 be-
wirkte, dass man die spanischen Angelegenheiten zunächst wie-
der den gewöhnlichen Statthaltern überliess. So überschwemm-
ten denn die Lusitaner, durch Galbas Treulosigkeit mehr erbit-

VIERTES BUCH. KAPITEL I.
lencia) dem römischen Heere ihre Thore. Die Habsucht hatte in
ihren eigenen Netzen sich gefangen; keine Gemeinde fand sich,
die mit dem treubrüchigen Feldherrn eine Capitulation abzu-
schlieſsen gewagt hätte und die allgemeine Flucht der Bewohner
machte nicht bloſs die Beute karg, sondern auch das längere
Verweilen in diesen unwirthlichen Gegenden fast unmöglich.
Vor Intercatia gelang es einem angesehenen Kriegstribun, dem
leiblichen Sohn des Siegers von Pydna und Adoptivenkel des
Siegers von Zama, Scipio Aemilianus durch sein Ehrenwort, da
das des Feldherrn nichts mehr galt, die Bewohner zum Abschluſs
eines Vertrages zu bestimmen, in Folge dessen das römische
Heer gegen Lieferung von Vieh und Kleidungsstücken abzog.
Aber die Belagerung von Pallantia muſste wegen Mangel an Le-
bensmitteln aufgehoben werden und das römische Heer ward auf
dem Rückmarsch von den Vaccaeern bis zum Duero verfolgt.
Lucullus begab sich darauf nach der südlichen Provinz, wo der
Praetor Servius Sulpicius Galba in demselben Jahr von den Lu-
sitanern sich hatte schlagen lassen; beide überwinterten nicht
fern von einander, Lucullus im turdetanischen Gebiet, Galba bei
Conistorgis, und griffen im folgenden Jahr (604) gemeinschaft-
lich die Lusitaner an. Lucullus errang an der gaditanischen
Meerenge einige Vortheile über sie. Galba richtete mehr aus, in-
dem er mit drei lusitanischen Stämmen am rechten Ufer des
Tajo einen Vertrag abschloſs und sie in bessere Wohnsitze über-
zusiedeln verhieſs; worauf die Barbaren, die 7000 an der Zahl
sich der gehofften Aecker wegen bei ihm einfanden, in drei Ab-
theilungen getheilt, entwaffnet und theils als Sclaven weggeführt,
theils niedergehauen wurden. Kaum ist je mit gleicher Treulo-
sigkeit, Grausamkeit und Habgier Krieg geführt worden wie von
diesen beiden Feldherrn, die dennoch durch ihre verbrecherisch
erworbenen Schätze der eine der Verurtheilung, der andere sogar
der Anklage entging. Den Galba versuchte der alte Cato noch in
seinem fünfundachtzigsten Jahr, wenige Monate vor seinem Tode,
vor der Bürgerschaft zur Verantwortung zu ziehen; aber die
jammernden Kinder des Generals und sein heimgebrachtes Gold
erwiesen dem römischen Volke seine Unschuld.

Nicht so sehr die ehrlosen Erfolge, die Lucullus und Galba
in Spanien erreicht hatten, als der Ausbruch des vierten make-
donischen und des dritten karthagischen Krieges im J. 605 be-
wirkte, daſs man die spanischen Angelegenheiten zunächst wie-
der den gewöhnlichen Statthaltern überlieſs. So überschwemm-
ten denn die Lusitaner, durch Galbas Treulosigkeit mehr erbit-

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[8/0018] VIERTES BUCH. KAPITEL I. lencia) dem römischen Heere ihre Thore. Die Habsucht hatte in ihren eigenen Netzen sich gefangen; keine Gemeinde fand sich, die mit dem treubrüchigen Feldherrn eine Capitulation abzu- schlieſsen gewagt hätte und die allgemeine Flucht der Bewohner machte nicht bloſs die Beute karg, sondern auch das längere Verweilen in diesen unwirthlichen Gegenden fast unmöglich. Vor Intercatia gelang es einem angesehenen Kriegstribun, dem leiblichen Sohn des Siegers von Pydna und Adoptivenkel des Siegers von Zama, Scipio Aemilianus durch sein Ehrenwort, da das des Feldherrn nichts mehr galt, die Bewohner zum Abschluſs eines Vertrages zu bestimmen, in Folge dessen das römische Heer gegen Lieferung von Vieh und Kleidungsstücken abzog. Aber die Belagerung von Pallantia muſste wegen Mangel an Le- bensmitteln aufgehoben werden und das römische Heer ward auf dem Rückmarsch von den Vaccaeern bis zum Duero verfolgt. Lucullus begab sich darauf nach der südlichen Provinz, wo der Praetor Servius Sulpicius Galba in demselben Jahr von den Lu- sitanern sich hatte schlagen lassen; beide überwinterten nicht fern von einander, Lucullus im turdetanischen Gebiet, Galba bei Conistorgis, und griffen im folgenden Jahr (604) gemeinschaft- lich die Lusitaner an. Lucullus errang an der gaditanischen Meerenge einige Vortheile über sie. Galba richtete mehr aus, in- dem er mit drei lusitanischen Stämmen am rechten Ufer des Tajo einen Vertrag abschloſs und sie in bessere Wohnsitze über- zusiedeln verhieſs; worauf die Barbaren, die 7000 an der Zahl sich der gehofften Aecker wegen bei ihm einfanden, in drei Ab- theilungen getheilt, entwaffnet und theils als Sclaven weggeführt, theils niedergehauen wurden. Kaum ist je mit gleicher Treulo- sigkeit, Grausamkeit und Habgier Krieg geführt worden wie von diesen beiden Feldherrn, die dennoch durch ihre verbrecherisch erworbenen Schätze der eine der Verurtheilung, der andere sogar der Anklage entging. Den Galba versuchte der alte Cato noch in seinem fünfundachtzigsten Jahr, wenige Monate vor seinem Tode, vor der Bürgerschaft zur Verantwortung zu ziehen; aber die jammernden Kinder des Generals und sein heimgebrachtes Gold erwiesen dem römischen Volke seine Unschuld. Nicht so sehr die ehrlosen Erfolge, die Lucullus und Galba in Spanien erreicht hatten, als der Ausbruch des vierten make- donischen und des dritten karthagischen Krieges im J. 605 be- wirkte, daſs man die spanischen Angelegenheiten zunächst wie- der den gewöhnlichen Statthaltern überlieſs. So überschwemm- ten denn die Lusitaner, durch Galbas Treulosigkeit mehr erbit-

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/18>, abgerufen am 24.11.2024.