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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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DIE RESTAURATIONSHERRSCHAFT.
pflichtet nicht über 5000 Arbeiter darin anzustellen und sodann
der Betrieb durch Senatsbeschluss gänzlich eingestellt. Unter
einem Regiment, wie das gegenwärtige, war in der That alles zu
fürchten, wenn wie sehr möglich das Heer der Transalpiner in
Italien eindrang und die grossentheils ihnen stammverwandten
Sclaven zu den Waffen rief. -- Verhältnissmässig mehr noch lit-
ten die Provinzen. Man versuche sich vorzustellen, wie es in
Ostindien aussehen würde, wenn die englische Aristokratie wäre,
was in jener Zeit die römische war, und man wird eine Vorstel-
lung der Lage von Sicilien und Asia haben. Die Gesetzgebung,
indem sie der Kaufmannschaft die Controle der Beamten über-
trug, nöthigte diese gewissermassen gemeinschaftliche Sache mit
jener zu machen und durch unbedingte Nachgiebigkeit gegen die
Capitalisten in den Provinzen sich unbeschränkte Plünderungs-
freiheit und Schutz vor der Anklage zu erkaufen. Neben diesen
officiell und halbofficiell angestellten Räubern plünderten Land-
und Seepiraten die sämmtlichen Landschaften des Mittelmeers.
Vor allem in den asiatischen Gewässern trieben die Flibustier es
so arg, dass selbst die römische Regierung sich genöthigt sah im
J. 652 eine wesentlich aus den Schiffen der abhängigen Kaufstädte
gebildete Flotte unter dem mit proconsularischer Gewalt beklei-
deten Praetor Marcus Antonius nach Kilikien zu entsenden. Sie
brachte nicht bloss eine Anzahl Corsarenschiffe auf und nahm einige
Felsennester aus, sondern die Römer richteten hier sich sogar für
die Dauer ein und besetzten zur Unterdrückung des Seeraubs in
dem Hauptsitz desselben, dem rauhen oder westlichen Kilikien,
feste militärische Positionen, was der Anfang war zur Einrichtung
der seitdem unter den römischen Aemtern erscheinenden Provinz
Kilikien*. Die Absicht war löblich und der Plan zweckmässig

* Vielfältig wird angenommen, dass die Einrichtung der Provinz Kili-
kien erst erfolgte nach der kilikischen Expedition des Publius Servilius
676 fg., allein mit Unrecht; denn schon 662 finden wir Sulla (Appian Mithr.
57; Cic. I, 77; Victor 75), schon 674. 675 Gnaeus Dolabella (Cic. Verr.
I. I, 16, 44) als Statthalter von Kilikien, wonach nichts übrig bleibt als die
Einrichtung der Provinz in das J. 652 zu setzen. Hiefür spricht ferner,
dass die römischen Expeditionen dieser Zeit gegen die Corsaren, wie z. B.
die balearischen, ligurischen, dalmatischen Feldzüge, regelmässig gerichtet
erscheinen auf Besetzung der Küstenpuncte, von wo der Seeraub ausging;
natürlich, denn da die Römer keine stehende Flotte hatten, war das einzige
Mittel dem Seeraub wirksam zu steuern die Besetzung der Küsten. Uebri-
gens ist daran zu erinnern, dass der Begriff der provincia nicht unbedingt
Besitz der Landschaft in sich schliesst, sondern an sich nichts ist als ein
selbstständiges militärisches Commando; es ist sehr möglich, dass die Rö-

DIE RESTAURATIONSHERRSCHAFT.
pflichtet nicht über 5000 Arbeiter darin anzustellen und sodann
der Betrieb durch Senatsbeschluſs gänzlich eingestellt. Unter
einem Regiment, wie das gegenwärtige, war in der That alles zu
fürchten, wenn wie sehr möglich das Heer der Transalpiner in
Italien eindrang und die groſsentheils ihnen stammverwandten
Sclaven zu den Waffen rief. — Verhältniſsmäſsig mehr noch lit-
ten die Provinzen. Man versuche sich vorzustellen, wie es in
Ostindien aussehen würde, wenn die englische Aristokratie wäre,
was in jener Zeit die römische war, und man wird eine Vorstel-
lung der Lage von Sicilien und Asia haben. Die Gesetzgebung,
indem sie der Kaufmannschaft die Controle der Beamten über-
trug, nöthigte diese gewissermaſsen gemeinschaftliche Sache mit
jener zu machen und durch unbedingte Nachgiebigkeit gegen die
Capitalisten in den Provinzen sich unbeschränkte Plünderungs-
freiheit und Schutz vor der Anklage zu erkaufen. Neben diesen
officiell und halbofficiell angestellten Räubern plünderten Land-
und Seepiraten die sämmtlichen Landschaften des Mittelmeers.
Vor allem in den asiatischen Gewässern trieben die Flibustier es
so arg, daſs selbst die römische Regierung sich genöthigt sah im
J. 652 eine wesentlich aus den Schiffen der abhängigen Kaufstädte
gebildete Flotte unter dem mit proconsularischer Gewalt beklei-
deten Praetor Marcus Antonius nach Kilikien zu entsenden. Sie
brachte nicht bloſs eine Anzahl Corsarenschiffe auf und nahm einige
Felsennester aus, sondern die Römer richteten hier sich sogar für
die Dauer ein und besetzten zur Unterdrückung des Seeraubs in
dem Hauptsitz desselben, dem rauhen oder westlichen Kilikien,
feste militärische Positionen, was der Anfang war zur Einrichtung
der seitdem unter den römischen Aemtern erscheinenden Provinz
Kilikien*. Die Absicht war löblich und der Plan zweckmäſsig

* Vielfältig wird angenommen, daſs die Einrichtung der Provinz Kili-
kien erst erfolgte nach der kilikischen Expedition des Publius Servilius
676 fg., allein mit Unrecht; denn schon 662 finden wir Sulla (Appian Mithr.
57; Cic. I, 77; Victor 75), schon 674. 675 Gnaeus Dolabella (Cic. Verr.
I. I, 16, 44) als Statthalter von Kilikien, wonach nichts übrig bleibt als die
Einrichtung der Provinz in das J. 652 zu setzen. Hiefür spricht ferner,
daſs die römischen Expeditionen dieser Zeit gegen die Corsaren, wie z. B.
die balearischen, ligurischen, dalmatischen Feldzüge, regelmäſsig gerichtet
erscheinen auf Besetzung der Küstenpuncte, von wo der Seeraub ausging;
natürlich, denn da die Römer keine stehende Flotte hatten, war das einzige
Mittel dem Seeraub wirksam zu steuern die Besetzung der Küsten. Uebri-
gens ist daran zu erinnern, daſs der Begriff der provincia nicht unbedingt
Besitz der Landschaft in sich schlieſst, sondern an sich nichts ist als ein
selbstständiges militärisches Commando; es ist sehr möglich, daſs die Rö-
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[127/0137] DIE RESTAURATIONSHERRSCHAFT. pflichtet nicht über 5000 Arbeiter darin anzustellen und sodann der Betrieb durch Senatsbeschluſs gänzlich eingestellt. Unter einem Regiment, wie das gegenwärtige, war in der That alles zu fürchten, wenn wie sehr möglich das Heer der Transalpiner in Italien eindrang und die groſsentheils ihnen stammverwandten Sclaven zu den Waffen rief. — Verhältniſsmäſsig mehr noch lit- ten die Provinzen. Man versuche sich vorzustellen, wie es in Ostindien aussehen würde, wenn die englische Aristokratie wäre, was in jener Zeit die römische war, und man wird eine Vorstel- lung der Lage von Sicilien und Asia haben. Die Gesetzgebung, indem sie der Kaufmannschaft die Controle der Beamten über- trug, nöthigte diese gewissermaſsen gemeinschaftliche Sache mit jener zu machen und durch unbedingte Nachgiebigkeit gegen die Capitalisten in den Provinzen sich unbeschränkte Plünderungs- freiheit und Schutz vor der Anklage zu erkaufen. Neben diesen officiell und halbofficiell angestellten Räubern plünderten Land- und Seepiraten die sämmtlichen Landschaften des Mittelmeers. Vor allem in den asiatischen Gewässern trieben die Flibustier es so arg, daſs selbst die römische Regierung sich genöthigt sah im J. 652 eine wesentlich aus den Schiffen der abhängigen Kaufstädte gebildete Flotte unter dem mit proconsularischer Gewalt beklei- deten Praetor Marcus Antonius nach Kilikien zu entsenden. Sie brachte nicht bloſs eine Anzahl Corsarenschiffe auf und nahm einige Felsennester aus, sondern die Römer richteten hier sich sogar für die Dauer ein und besetzten zur Unterdrückung des Seeraubs in dem Hauptsitz desselben, dem rauhen oder westlichen Kilikien, feste militärische Positionen, was der Anfang war zur Einrichtung der seitdem unter den römischen Aemtern erscheinenden Provinz Kilikien *. Die Absicht war löblich und der Plan zweckmäſsig * Vielfältig wird angenommen, daſs die Einrichtung der Provinz Kili- kien erst erfolgte nach der kilikischen Expedition des Publius Servilius 676 fg., allein mit Unrecht; denn schon 662 finden wir Sulla (Appian Mithr. 57; Cic. I, 77; Victor 75), schon 674. 675 Gnaeus Dolabella (Cic. Verr. I. I, 16, 44) als Statthalter von Kilikien, wonach nichts übrig bleibt als die Einrichtung der Provinz in das J. 652 zu setzen. Hiefür spricht ferner, daſs die römischen Expeditionen dieser Zeit gegen die Corsaren, wie z. B. die balearischen, ligurischen, dalmatischen Feldzüge, regelmäſsig gerichtet erscheinen auf Besetzung der Küstenpuncte, von wo der Seeraub ausging; natürlich, denn da die Römer keine stehende Flotte hatten, war das einzige Mittel dem Seeraub wirksam zu steuern die Besetzung der Küsten. Uebri- gens ist daran zu erinnern, daſs der Begriff der provincia nicht unbedingt Besitz der Landschaft in sich schlieſst, sondern an sich nichts ist als ein selbstständiges militärisches Commando; es ist sehr möglich, daſs die Rö-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/137>, abgerufen am 26.11.2024.