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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL XI.
Statuen römischer Frauen; ja in der römischen Volksversamm-
lung selbst setzte trotz Catos eifrigem Schelten ihr Einfluss
es durch, dass die alten Verbote des Goldschmuckes, der
bunten Kleider, der Wagen gesetzlich aufgehoben wurden. --
Die Ueppigkeit stieg in Schmuck und Speisen, in der Ver-
zierung der Villen wie in der einreissenden Mätressen- und
Knabenwirthschaft; namentlich seit das Heer aus Kleinasien
zurückgekehrt war, fand eine Masse neuer und frivoler Luxus-
artikel ihren Weg nach Rom und es begann die wissenschaft-
liche Kochkunst. Gesetze dagegen werden wohl erlassen; der
ausländische Wein ward untersagt und als Maximum der Kosten
einer Festmahlzeit 100 schwere Asse (51/2 Thlr.), einer gewöhn-
lichen 10 (16 Gr.) festgesetzt durch ein Gesetz vom Jahre 593;
allein gleichzeitig bezahlte man nach Catos Bemerkung für
einen Topf Sardellen aus dem schwarzen Meer mehr als für
einen Ackerknecht und einen hübschen Knaben theurer als
ein Bauerngut. Das Leben ward unverhältnissmässig theuer
in Rom und namentlich stiegen die Miethen; und doch stieg
in gleichem Mass die Arbeitsscheu und das Bedürfniss zu
lottern und zu gaffen. Die Zahl der Festtage wurde vermehrt;
die Floralien kamen 516, die Megalesien 560 hinzu; seit
dem Ende des zweiten punischen Krieges wurde es häufig,
dass man das eben beendigte Fest noch einmal wieder von
vorn beginnen liess; die Gelegenheitsfeste bei Leichenfeiern
vornehmer Männer und sonst wurden immer zahlreicher und
ihre Ausstattung immer verschwenderischer. Die Pracht der
Spiele wurde allmählig der Massstab, nach dem das Volk die
Tüchtigkeit der Candidaten zu den Staatsämtern bemass. Man
war ganz nah an dem idealen Zustand, dass jeder Tagedieb
wusste, wo er jeden Tag verderben konnte. Schon 534 war
ein zweiter Rennplatz angelegt worden, bezeichnend genug
von Gaius Flaminius, dem ersten Demagogen von Profession,
den Rom hervorgebracht hat; er mag sich mit dieser Verdop-
pelung der Spielplätze die Erlaubniss erkauft haben die Schlacht
am trasimenischen See zu liefern. Die Spiele selbst wurden
andere. Die unschuldigen Pferde- und Wagenrennen nach
grossgriechischer Weise, die etruskischen Flötentänze genügten
nicht mehr. Mit 490 beginnen die Fechterspiele nach cam-
panischer, mit 514 die scenischen nach tarentiner Weise, mit
568 die Thierhetzen und in diesem Jahre traten auch zuerst
griechische Athleten auf; die bedeutenden Kosten wurden
überall grossentheils auf die Provinzialen gewälzt. Was von

DRITTES BUCH. KAPITEL XI.
Statuen römischer Frauen; ja in der römischen Volksversamm-
lung selbst setzte trotz Catos eifrigem Schelten ihr Einfluſs
es durch, daſs die alten Verbote des Goldschmuckes, der
bunten Kleider, der Wagen gesetzlich aufgehoben wurden. —
Die Ueppigkeit stieg in Schmuck und Speisen, in der Ver-
zierung der Villen wie in der einreiſsenden Mätressen- und
Knabenwirthschaft; namentlich seit das Heer aus Kleinasien
zurückgekehrt war, fand eine Masse neuer und frivoler Luxus-
artikel ihren Weg nach Rom und es begann die wissenschaft-
liche Kochkunst. Gesetze dagegen werden wohl erlassen; der
ausländische Wein ward untersagt und als Maximum der Kosten
einer Festmahlzeit 100 schwere Asse (5½ Thlr.), einer gewöhn-
lichen 10 (16 Gr.) festgesetzt durch ein Gesetz vom Jahre 593;
allein gleichzeitig bezahlte man nach Catos Bemerkung für
einen Topf Sardellen aus dem schwarzen Meer mehr als für
einen Ackerknecht und einen hübschen Knaben theurer als
ein Bauerngut. Das Leben ward unverhältniſsmäſsig theuer
in Rom und namentlich stiegen die Miethen; und doch stieg
in gleichem Maſs die Arbeitsscheu und das Bedürfniſs zu
lottern und zu gaffen. Die Zahl der Festtage wurde vermehrt;
die Floralien kamen 516, die Megalesien 560 hinzu; seit
dem Ende des zweiten punischen Krieges wurde es häufig,
daſs man das eben beendigte Fest noch einmal wieder von
vorn beginnen lieſs; die Gelegenheitsfeste bei Leichenfeiern
vornehmer Männer und sonst wurden immer zahlreicher und
ihre Ausstattung immer verschwenderischer. Die Pracht der
Spiele wurde allmählig der Maſsstab, nach dem das Volk die
Tüchtigkeit der Candidaten zu den Staatsämtern bemaſs. Man
war ganz nah an dem idealen Zustand, daſs jeder Tagedieb
wuſste, wo er jeden Tag verderben konnte. Schon 534 war
ein zweiter Rennplatz angelegt worden, bezeichnend genug
von Gaius Flaminius, dem ersten Demagogen von Profession,
den Rom hervorgebracht hat; er mag sich mit dieser Verdop-
pelung der Spielplätze die Erlaubniſs erkauft haben die Schlacht
am trasimenischen See zu liefern. Die Spiele selbst wurden
andere. Die unschuldigen Pferde- und Wagenrennen nach
groſsgriechischer Weise, die etruskischen Flötentänze genügten
nicht mehr. Mit 490 beginnen die Fechterspiele nach cam-
panischer, mit 514 die scenischen nach tarentiner Weise, mit
568 die Thierhetzen und in diesem Jahre traten auch zuerst
griechische Athleten auf; die bedeutenden Kosten wurden
überall groſsentheils auf die Provinzialen gewälzt. Was von

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[642/0656] DRITTES BUCH. KAPITEL XI. Statuen römischer Frauen; ja in der römischen Volksversamm- lung selbst setzte trotz Catos eifrigem Schelten ihr Einfluſs es durch, daſs die alten Verbote des Goldschmuckes, der bunten Kleider, der Wagen gesetzlich aufgehoben wurden. — Die Ueppigkeit stieg in Schmuck und Speisen, in der Ver- zierung der Villen wie in der einreiſsenden Mätressen- und Knabenwirthschaft; namentlich seit das Heer aus Kleinasien zurückgekehrt war, fand eine Masse neuer und frivoler Luxus- artikel ihren Weg nach Rom und es begann die wissenschaft- liche Kochkunst. Gesetze dagegen werden wohl erlassen; der ausländische Wein ward untersagt und als Maximum der Kosten einer Festmahlzeit 100 schwere Asse (5½ Thlr.), einer gewöhn- lichen 10 (16 Gr.) festgesetzt durch ein Gesetz vom Jahre 593; allein gleichzeitig bezahlte man nach Catos Bemerkung für einen Topf Sardellen aus dem schwarzen Meer mehr als für einen Ackerknecht und einen hübschen Knaben theurer als ein Bauerngut. Das Leben ward unverhältniſsmäſsig theuer in Rom und namentlich stiegen die Miethen; und doch stieg in gleichem Maſs die Arbeitsscheu und das Bedürfniſs zu lottern und zu gaffen. Die Zahl der Festtage wurde vermehrt; die Floralien kamen 516, die Megalesien 560 hinzu; seit dem Ende des zweiten punischen Krieges wurde es häufig, daſs man das eben beendigte Fest noch einmal wieder von vorn beginnen lieſs; die Gelegenheitsfeste bei Leichenfeiern vornehmer Männer und sonst wurden immer zahlreicher und ihre Ausstattung immer verschwenderischer. Die Pracht der Spiele wurde allmählig der Maſsstab, nach dem das Volk die Tüchtigkeit der Candidaten zu den Staatsämtern bemaſs. Man war ganz nah an dem idealen Zustand, daſs jeder Tagedieb wuſste, wo er jeden Tag verderben konnte. Schon 534 war ein zweiter Rennplatz angelegt worden, bezeichnend genug von Gaius Flaminius, dem ersten Demagogen von Profession, den Rom hervorgebracht hat; er mag sich mit dieser Verdop- pelung der Spielplätze die Erlaubniſs erkauft haben die Schlacht am trasimenischen See zu liefern. Die Spiele selbst wurden andere. Die unschuldigen Pferde- und Wagenrennen nach groſsgriechischer Weise, die etruskischen Flötentänze genügten nicht mehr. Mit 490 beginnen die Fechterspiele nach cam- panischer, mit 514 die scenischen nach tarentiner Weise, mit 568 die Thierhetzen und in diesem Jahre traten auch zuerst griechische Athleten auf; die bedeutenden Kosten wurden überall groſsentheils auf die Provinzialen gewälzt. Was von

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/656>, abgerufen am 25.11.2024.