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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE.
begründete System der Nutzbauten bei der günstigen finan-
ziellen Lage des Staats immer grossartiger aufblühte, ward
schon bemerkt. Das Ende dieser Periode ist bezeichnet durch
die Anlage der sogenannten Basiliken, die etwa unsern heuti-
gen Bazaren entsprechen: grossartige für Prachtläden wie für
öffentliche Zwecke geeignete Säulenhallen, die längs des Marktes
angelegt wurden und die bisherigen Privatläden verdrängten.
Der Urheber dieser für das hauptstädtische Leben wichtigen
Institution ist wiederum Marcus Cato, der in seiner Censur
(570) die erste dieser Hallen, die porcische oder die der
Silberschmiede, dem Rathhause zur Seite anlegen liess; neben
welcher bald andere sich erhoben. -- Indess wenn von römi-
scher Kunstübung aus dieser Epoche wenig berichtet werden
kann, so fingen dagegen die Kunstliebe und die Kunstkenner-
schaft an nothwendige Erfordernisse des gebildeten Mannes
zu werden. Selbst ein Mann wie Lucius Paullus, der keines-
wegs unbedingt einstimmte in die moderne Weise, betrachtete
und beurtheilte den Zeus des Pheidias mit Kennerblick. Da-
mit hing denn zusammen das Wegführen der Kunstschätze
aus den eroberten griechischen Städten, zuerst in grösserem
Umfang aus Syrakus nach der Einnahme durch Marcus Mar-
cellus 542, dann aus dem eigentlichen Griechenland na-
mentlich durch Titus Flamininus 560 und durch Marcus
Fulvius Nobilior 567, zwei Hauptvertreter des römischen Hel-
lenismus, endlich durch Lucius Paullus 587. Die nationale
Partei begnügte sich auf dies Dilettiren mit fremder Litteratur
und Kunst verächtlich herabzusehen, ohne geradezu sich da-
gegen aufzulehnen. Quintus Ennius, der seine poetischen
Erfolge der Verherrlichung der vornehmen Römer und ihrer
Ahnen wesentlich mit verdankte und recht im Gegensatz zu
Naevius als dienstwilliger Client der Scipionen, der Flaminine,
der Fulvier lebte und schrieb, lobte zwar als vorsichtiger
Mann, der es mit keinem verdarb, auch Catos spanische Tha-
ten in seiner Chronik nach oder über Gebühr; darum aber be-
kam Marcus Fulvius Nobilior nicht minder von Cato zu hören,
dass es sich für den römischen Beamten nicht schicke einen
solchen Menschen wie den messapischen Poeten in seinem
Gefolg in die Provinz mitzunehmen. Das Wegschleppen der
Kunstwerke ward laut missbilligt; wie der alte Quintus Ma-
ximus, Catos Ideal des ächten Römers, als nach der Eroberung
Tarents wegen der Bildsäulen bei ihm angefragt ward, zur
Antwort gegeben hatte, dass man den Tarentinern ihre er-

VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE.
begründete System der Nutzbauten bei der günstigen finan-
ziellen Lage des Staats immer groſsartiger aufblühte, ward
schon bemerkt. Das Ende dieser Periode ist bezeichnet durch
die Anlage der sogenannten Basiliken, die etwa unsern heuti-
gen Bazaren entsprechen: groſsartige für Prachtläden wie für
öffentliche Zwecke geeignete Säulenhallen, die längs des Marktes
angelegt wurden und die bisherigen Privatläden verdrängten.
Der Urheber dieser für das hauptstädtische Leben wichtigen
Institution ist wiederum Marcus Cato, der in seiner Censur
(570) die erste dieser Hallen, die porcische oder die der
Silberschmiede, dem Rathhause zur Seite anlegen lieſs; neben
welcher bald andere sich erhoben. — Indeſs wenn von römi-
scher Kunstübung aus dieser Epoche wenig berichtet werden
kann, so fingen dagegen die Kunstliebe und die Kunstkenner-
schaft an nothwendige Erfordernisse des gebildeten Mannes
zu werden. Selbst ein Mann wie Lucius Paullus, der keines-
wegs unbedingt einstimmte in die moderne Weise, betrachtete
und beurtheilte den Zeus des Pheidias mit Kennerblick. Da-
mit hing denn zusammen das Wegführen der Kunstschätze
aus den eroberten griechischen Städten, zuerst in gröſserem
Umfang aus Syrakus nach der Einnahme durch Marcus Mar-
cellus 542, dann aus dem eigentlichen Griechenland na-
mentlich durch Titus Flamininus 560 und durch Marcus
Fulvius Nobilior 567, zwei Hauptvertreter des römischen Hel-
lenismus, endlich durch Lucius Paullus 587. Die nationale
Partei begnügte sich auf dies Dilettiren mit fremder Litteratur
und Kunst verächtlich herabzusehen, ohne geradezu sich da-
gegen aufzulehnen. Quintus Ennius, der seine poetischen
Erfolge der Verherrlichung der vornehmen Römer und ihrer
Ahnen wesentlich mit verdankte und recht im Gegensatz zu
Naevius als dienstwilliger Client der Scipionen, der Flaminine,
der Fulvier lebte und schrieb, lobte zwar als vorsichtiger
Mann, der es mit keinem verdarb, auch Catos spanische Tha-
ten in seiner Chronik nach oder über Gebühr; darum aber be-
kam Marcus Fulvius Nobilior nicht minder von Cato zu hören,
daſs es sich für den römischen Beamten nicht schicke einen
solchen Menschen wie den messapischen Poeten in seinem
Gefolg in die Provinz mitzunehmen. Das Wegschleppen der
Kunstwerke ward laut miſsbilligt; wie der alte Quintus Ma-
ximus, Catos Ideal des ächten Römers, als nach der Eroberung
Tarents wegen der Bildsäulen bei ihm angefragt ward, zur
Antwort gegeben hatte, daſs man den Tarentinern ihre er-

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[633/0647] VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE. begründete System der Nutzbauten bei der günstigen finan- ziellen Lage des Staats immer groſsartiger aufblühte, ward schon bemerkt. Das Ende dieser Periode ist bezeichnet durch die Anlage der sogenannten Basiliken, die etwa unsern heuti- gen Bazaren entsprechen: groſsartige für Prachtläden wie für öffentliche Zwecke geeignete Säulenhallen, die längs des Marktes angelegt wurden und die bisherigen Privatläden verdrängten. Der Urheber dieser für das hauptstädtische Leben wichtigen Institution ist wiederum Marcus Cato, der in seiner Censur (570) die erste dieser Hallen, die porcische oder die der Silberschmiede, dem Rathhause zur Seite anlegen lieſs; neben welcher bald andere sich erhoben. — Indeſs wenn von römi- scher Kunstübung aus dieser Epoche wenig berichtet werden kann, so fingen dagegen die Kunstliebe und die Kunstkenner- schaft an nothwendige Erfordernisse des gebildeten Mannes zu werden. Selbst ein Mann wie Lucius Paullus, der keines- wegs unbedingt einstimmte in die moderne Weise, betrachtete und beurtheilte den Zeus des Pheidias mit Kennerblick. Da- mit hing denn zusammen das Wegführen der Kunstschätze aus den eroberten griechischen Städten, zuerst in gröſserem Umfang aus Syrakus nach der Einnahme durch Marcus Mar- cellus 542, dann aus dem eigentlichen Griechenland na- mentlich durch Titus Flamininus 560 und durch Marcus Fulvius Nobilior 567, zwei Hauptvertreter des römischen Hel- lenismus, endlich durch Lucius Paullus 587. Die nationale Partei begnügte sich auf dies Dilettiren mit fremder Litteratur und Kunst verächtlich herabzusehen, ohne geradezu sich da- gegen aufzulehnen. Quintus Ennius, der seine poetischen Erfolge der Verherrlichung der vornehmen Römer und ihrer Ahnen wesentlich mit verdankte und recht im Gegensatz zu Naevius als dienstwilliger Client der Scipionen, der Flaminine, der Fulvier lebte und schrieb, lobte zwar als vorsichtiger Mann, der es mit keinem verdarb, auch Catos spanische Tha- ten in seiner Chronik nach oder über Gebühr; darum aber be- kam Marcus Fulvius Nobilior nicht minder von Cato zu hören, daſs es sich für den römischen Beamten nicht schicke einen solchen Menschen wie den messapischen Poeten in seinem Gefolg in die Provinz mitzunehmen. Das Wegschleppen der Kunstwerke ward laut miſsbilligt; wie der alte Quintus Ma- ximus, Catos Ideal des ächten Römers, als nach der Eroberung Tarents wegen der Bildsäulen bei ihm angefragt ward, zur Antwort gegeben hatte, daſs man den Tarentinern ihre er-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/647>, abgerufen am 22.11.2024.