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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE.
Mittelsmänner es zulässt, sorgfältig und rechtschaffen; der Senat
litt keinen Unterschleif in Hinsicht auf die öffentlichen Gelder.
Mit Bewunderung hebt es Polybios hervor, dass man in Grie-
chenland kaum einzelne Beamte finde, die nicht in die Kasse
eingriffen, in Rom dagegen Unterschleif sehr selten sei und
dass der römische Beamte und Commissar auf sein einfaches
Treuwort ungeheure Summen redlich verwalte, während in
Hellas für die kleinste Summe zehn besiegelte Briefe und
zwanzig Zeugen aufgeboten würden und dennoch jeder be-
trüge. -- Dass die Einnahmen einen ungeheuren Ueberschuss
über die Ausgaben herausstellten, liegt in den Verhältnissen.
Es war möglich theils auf die wichtigsten Einnahmequellen
zu verzichten, so zum Beispiel auf den Ertrag der makedo-
nischen Bergwerke und auf die Nutzung des grössten Theils
der italischen und vieler ausseritalischen Domänen, die man
zur Occupation hingab, theils die übrigen Einnahmen durch
Mittelsmänner, also mit starkem Verlust zu erheben und den-
noch nicht bloss allen laufenden Ausgaben gerecht zu werden,
sondern auch sowohl die öffentlichen Bauten im grossem Mass-
stab zu betreiben als auch einen beträchtlichen Sparpfennig
in der Kasse aufzuhäufen. Für die Bauten und Reparaturen
finden wir in Friedenszeiten ein Fünftel, in Kriegszeiten ein
Zehntel der öffentlichen Einkünfte verwandt; so ward zum
Beispiel für Reinigung und Herstellung der Kloaken der Haupt-
stadt auf einmal eine Summe von 11/2 Mill. Thlr. (1000 Ta-
lente) bestimmt. Als man im Jahre 545 die letzte Reserve
des Staatsschatzes angriff, betrug diese etwas über eine Mil-
lion Thaler (4000 Pfund Gold); kurze Zeit nach dem Schluss
dieser Periode (597) befand sich in der Staatskasse ein todtes
Kapital von nahe an 6 Mill. Thlr., wovon etwa fünf Sechstel
in Goldbarren, der Rest zur Hälfte in ungeprägtem, zur Hälfte
in geprägtem Silber vorhanden war. * Man erkennt zugleich
hieraus, was ja auch bei den Beziehungen Roms zum Aus-
lande nicht wohl anders sein konnte, dass in den Kassen der
grösseren Kapitalisten und vor allem des Staats selbst mehr
Gold als Silber sich fand; von der Münze indess blieb jenes
so gut wie ganz ausgeschlossen und auf den Barrenverkehr
beschränkt, während im Kleinverkehr das Silber allein umlief.

Aber der blühende Zustand der Staatsfinanzen ward mehr

* Es lagen in der Kasse 17410 römische Pfund Gold, 22070 Pfund un-
geprägten, 18230 Pfund geprägten Silbers; das Legalverhältniss des Goldes
zum Silber war 1 Pfund Gold = 4000 Sesterzen oder 1 : 11. 91.

VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE.
Mittelsmänner es zuläſst, sorgfältig und rechtschaffen; der Senat
litt keinen Unterschleif in Hinsicht auf die öffentlichen Gelder.
Mit Bewunderung hebt es Polybios hervor, daſs man in Grie-
chenland kaum einzelne Beamte finde, die nicht in die Kasse
eingriffen, in Rom dagegen Unterschleif sehr selten sei und
daſs der römische Beamte und Commissar auf sein einfaches
Treuwort ungeheure Summen redlich verwalte, während in
Hellas für die kleinste Summe zehn besiegelte Briefe und
zwanzig Zeugen aufgeboten würden und dennoch jeder be-
trüge. — Daſs die Einnahmen einen ungeheuren Ueberschuſs
über die Ausgaben herausstellten, liegt in den Verhältnissen.
Es war möglich theils auf die wichtigsten Einnahmequellen
zu verzichten, so zum Beispiel auf den Ertrag der makedo-
nischen Bergwerke und auf die Nutzung des gröſsten Theils
der italischen und vieler auſseritalischen Domänen, die man
zur Occupation hingab, theils die übrigen Einnahmen durch
Mittelsmänner, also mit starkem Verlust zu erheben und den-
noch nicht bloſs allen laufenden Ausgaben gerecht zu werden,
sondern auch sowohl die öffentlichen Bauten im groſsem Maſs-
stab zu betreiben als auch einen beträchtlichen Sparpfennig
in der Kasse aufzuhäufen. Für die Bauten und Reparaturen
finden wir in Friedenszeiten ein Fünftel, in Kriegszeiten ein
Zehntel der öffentlichen Einkünfte verwandt; so ward zum
Beispiel für Reinigung und Herstellung der Kloaken der Haupt-
stadt auf einmal eine Summe von 1½ Mill. Thlr. (1000 Ta-
lente) bestimmt. Als man im Jahre 545 die letzte Reserve
des Staatsschatzes angriff, betrug diese etwas über eine Mil-
lion Thaler (4000 Pfund Gold); kurze Zeit nach dem Schluſs
dieser Periode (597) befand sich in der Staatskasse ein todtes
Kapital von nahe an 6 Mill. Thlr., wovon etwa fünf Sechstel
in Goldbarren, der Rest zur Hälfte in ungeprägtem, zur Hälfte
in geprägtem Silber vorhanden war. * Man erkennt zugleich
hieraus, was ja auch bei den Beziehungen Roms zum Aus-
lande nicht wohl anders sein konnte, daſs in den Kassen der
gröſseren Kapitalisten und vor allem des Staats selbst mehr
Gold als Silber sich fand; von der Münze indeſs blieb jenes
so gut wie ganz ausgeschlossen und auf den Barrenverkehr
beschränkt, während im Kleinverkehr das Silber allein umlief.

Aber der blühende Zustand der Staatsfinanzen ward mehr

* Es lagen in der Kasse 17410 römische Pfund Gold, 22070 Pfund un-
geprägten, 18230 Pfund geprägten Silbers; das Legalverhältniſs des Goldes
zum Silber war 1 Pfund Gold = 4000 Sesterzen oder 1 : 11. 91.
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[617/0631] VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE. Mittelsmänner es zuläſst, sorgfältig und rechtschaffen; der Senat litt keinen Unterschleif in Hinsicht auf die öffentlichen Gelder. Mit Bewunderung hebt es Polybios hervor, daſs man in Grie- chenland kaum einzelne Beamte finde, die nicht in die Kasse eingriffen, in Rom dagegen Unterschleif sehr selten sei und daſs der römische Beamte und Commissar auf sein einfaches Treuwort ungeheure Summen redlich verwalte, während in Hellas für die kleinste Summe zehn besiegelte Briefe und zwanzig Zeugen aufgeboten würden und dennoch jeder be- trüge. — Daſs die Einnahmen einen ungeheuren Ueberschuſs über die Ausgaben herausstellten, liegt in den Verhältnissen. Es war möglich theils auf die wichtigsten Einnahmequellen zu verzichten, so zum Beispiel auf den Ertrag der makedo- nischen Bergwerke und auf die Nutzung des gröſsten Theils der italischen und vieler auſseritalischen Domänen, die man zur Occupation hingab, theils die übrigen Einnahmen durch Mittelsmänner, also mit starkem Verlust zu erheben und den- noch nicht bloſs allen laufenden Ausgaben gerecht zu werden, sondern auch sowohl die öffentlichen Bauten im groſsem Maſs- stab zu betreiben als auch einen beträchtlichen Sparpfennig in der Kasse aufzuhäufen. Für die Bauten und Reparaturen finden wir in Friedenszeiten ein Fünftel, in Kriegszeiten ein Zehntel der öffentlichen Einkünfte verwandt; so ward zum Beispiel für Reinigung und Herstellung der Kloaken der Haupt- stadt auf einmal eine Summe von 1½ Mill. Thlr. (1000 Ta- lente) bestimmt. Als man im Jahre 545 die letzte Reserve des Staatsschatzes angriff, betrug diese etwas über eine Mil- lion Thaler (4000 Pfund Gold); kurze Zeit nach dem Schluſs dieser Periode (597) befand sich in der Staatskasse ein todtes Kapital von nahe an 6 Mill. Thlr., wovon etwa fünf Sechstel in Goldbarren, der Rest zur Hälfte in ungeprägtem, zur Hälfte in geprägtem Silber vorhanden war. * Man erkennt zugleich hieraus, was ja auch bei den Beziehungen Roms zum Aus- lande nicht wohl anders sein konnte, daſs in den Kassen der gröſseren Kapitalisten und vor allem des Staats selbst mehr Gold als Silber sich fand; von der Münze indeſs blieb jenes so gut wie ganz ausgeschlossen und auf den Barrenverkehr beschränkt, während im Kleinverkehr das Silber allein umlief. Aber der blühende Zustand der Staatsfinanzen ward mehr * Es lagen in der Kasse 17410 römische Pfund Gold, 22070 Pfund un- geprägten, 18230 Pfund geprägten Silbers; das Legalverhältniſs des Goldes zum Silber war 1 Pfund Gold = 4000 Sesterzen oder 1 : 11. 91.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/631>, abgerufen am 22.11.2024.