Aehnlich erging es den Rhodiern, deren Einverständniss mit Rom schon seit einiger Zeit getrübt war. Ihre Stellung war ungemein bevorzugt; sie standen mit Rom nicht in eigentlicher Symmachie, sondern in einem gleichen Freund- schaftsverhältniss, das sie nicht hinderte Bündnisse jeder Art einzugehen und nicht nöthigte den Römern auf Verlangen Zuzug zu leisten. Dass in Rom der Wunsch bestand sie zu demüthigen, hatte sich während des Aufstandes der nach An- tiochos Ueberwindung ihnen zugetheilten Lykier gezeigt (576). Die Rhodier hatten sie als abtrünnige Unterthanen behandelt und in grausamer Weise geknechtet; sie aber behaupteten rhodische Bundesgenossen zu sein und drangen mit dieser Behauptung im römischen Senat durch, als derselbe aufge- fordert ward den zweifelhaften Sinn des Friedensinstruments festzustellen. Hiebei hatte indess ein gerechtfertigtes Mitleid mit den arg gedrückten Leuten wohl das Meiste gethan; wenigstens geschah von Rom nichts weiter, als dass man diesen wie andern hellenischen Hader gehen liess, bis die Hadernden in irgend einer Art zu Ende kamen. Als der Krieg mit Perseus ausbrach, sahen ihn die Rhodier zwar wie alle übrigen Grie- chen ungern und namentlich Eumenes als Anstifter desselben war übel berufen, so dass die Rhodier sogar seine Festgesandt- schaft bei der Heliosfeier abwiesen. Allein dies hinderte sie nicht fest an Rom zu halten und die makedonische Partei, die es wie allerorts so auch in Rhodos gab, nicht an das Ruder zu lassen; die noch 585 ihnen ertheilte Erlaubniss der Getreideausfuhr aus Sicilien beweist die Fortdauer des guten Vernehmens mit Rom. Plötzlich erschienen kurz vor der Schlacht bei Pydna rhodi- sche Gesandte im römischen Hauptquartier und im römischen Senat mit der Erklärung, dass die Rhodier nicht länger diesen Krieg dulden würden, der auf ihren makedonischen Handel und auf die Hafeneinnahme drücke, und dass sie der Partei, die sich weigere Frieden zu schliessen, selbst den Krieg er- klären würden; zu welchem Ende bereits mit Kreta, mit den asiatischen Städten ein Bündniss abgeschlossen sei. In einer Republik mit Urversammlungen ist vieles möglich; aber diese wahnsinnige Intervention einer Handelsstadt, die in Rhodos erst beschlossen sein kann als man dort den Fall des Tempe- passes kannte, verlangt eine nähere Erklärung. Den Schlüssel giebt die wohl beglaubigte Nachricht, dass der Consul Quin- tus Marcius, jener Meister der ,neumodischen Diplomatie', im Lager bei Herakleion, also nach Besetzung des Tempe-
Röm. Gesch. I. 38
DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG.
Aehnlich erging es den Rhodiern, deren Einverständniſs mit Rom schon seit einiger Zeit getrübt war. Ihre Stellung war ungemein bevorzugt; sie standen mit Rom nicht in eigentlicher Symmachie, sondern in einem gleichen Freund- schaftsverhältniſs, das sie nicht hinderte Bündnisse jeder Art einzugehen und nicht nöthigte den Römern auf Verlangen Zuzug zu leisten. Daſs in Rom der Wunsch bestand sie zu demüthigen, hatte sich während des Aufstandes der nach An- tiochos Ueberwindung ihnen zugetheilten Lykier gezeigt (576). Die Rhodier hatten sie als abtrünnige Unterthanen behandelt und in grausamer Weise geknechtet; sie aber behaupteten rhodische Bundesgenossen zu sein und drangen mit dieser Behauptung im römischen Senat durch, als derselbe aufge- fordert ward den zweifelhaften Sinn des Friedensinstruments festzustellen. Hiebei hatte indeſs ein gerechtfertigtes Mitleid mit den arg gedrückten Leuten wohl das Meiste gethan; wenigstens geschah von Rom nichts weiter, als daſs man diesen wie andern hellenischen Hader gehen lieſs, bis die Hadernden in irgend einer Art zu Ende kamen. Als der Krieg mit Perseus ausbrach, sahen ihn die Rhodier zwar wie alle übrigen Grie- chen ungern und namentlich Eumenes als Anstifter desselben war übel berufen, so daſs die Rhodier sogar seine Festgesandt- schaft bei der Heliosfeier abwiesen. Allein dies hinderte sie nicht fest an Rom zu halten und die makedonische Partei, die es wie allerorts so auch in Rhodos gab, nicht an das Ruder zu lassen; die noch 585 ihnen ertheilte Erlaubniſs der Getreideausfuhr aus Sicilien beweist die Fortdauer des guten Vernehmens mit Rom. Plötzlich erschienen kurz vor der Schlacht bei Pydna rhodi- sche Gesandte im römischen Hauptquartier und im römischen Senat mit der Erklärung, daſs die Rhodier nicht länger diesen Krieg dulden würden, der auf ihren makedonischen Handel und auf die Hafeneinnahme drücke, und daſs sie der Partei, die sich weigere Frieden zu schlieſsen, selbst den Krieg er- klären würden; zu welchem Ende bereits mit Kreta, mit den asiatischen Städten ein Bündniſs abgeschlossen sei. In einer Republik mit Urversammlungen ist vieles möglich; aber diese wahnsinnige Intervention einer Handelsstadt, die in Rhodos erst beschlossen sein kann als man dort den Fall des Tempe- passes kannte, verlangt eine nähere Erklärung. Den Schlüssel giebt die wohl beglaubigte Nachricht, daſs der Consul Quin- tus Marcius, jener Meister der ‚neumodischen Diplomatie‘, im Lager bei Herakleion, also nach Besetzung des Tempe-
Röm. Gesch. I. 38
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DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG.
Aehnlich erging es den Rhodiern, deren Einverständniſs
mit Rom schon seit einiger Zeit getrübt war. Ihre Stellung
war ungemein bevorzugt; sie standen mit Rom nicht in
eigentlicher Symmachie, sondern in einem gleichen Freund-
schaftsverhältniſs, das sie nicht hinderte Bündnisse jeder Art
einzugehen und nicht nöthigte den Römern auf Verlangen
Zuzug zu leisten. Daſs in Rom der Wunsch bestand sie zu
demüthigen, hatte sich während des Aufstandes der nach An-
tiochos Ueberwindung ihnen zugetheilten Lykier gezeigt (576).
Die Rhodier hatten sie als abtrünnige Unterthanen behandelt
und in grausamer Weise geknechtet; sie aber behaupteten
rhodische Bundesgenossen zu sein und drangen mit dieser
Behauptung im römischen Senat durch, als derselbe aufge-
fordert ward den zweifelhaften Sinn des Friedensinstruments
festzustellen. Hiebei hatte indeſs ein gerechtfertigtes Mitleid mit
den arg gedrückten Leuten wohl das Meiste gethan; wenigstens
geschah von Rom nichts weiter, als daſs man diesen wie
andern hellenischen Hader gehen lieſs, bis die Hadernden in
irgend einer Art zu Ende kamen. Als der Krieg mit Perseus
ausbrach, sahen ihn die Rhodier zwar wie alle übrigen Grie-
chen ungern und namentlich Eumenes als Anstifter desselben
war übel berufen, so daſs die Rhodier sogar seine Festgesandt-
schaft bei der Heliosfeier abwiesen. Allein dies hinderte sie nicht
fest an Rom zu halten und die makedonische Partei, die es wie
allerorts so auch in Rhodos gab, nicht an das Ruder zu lassen;
die noch 585 ihnen ertheilte Erlaubniſs der Getreideausfuhr aus
Sicilien beweist die Fortdauer des guten Vernehmens mit Rom.
Plötzlich erschienen kurz vor der Schlacht bei Pydna rhodi-
sche Gesandte im römischen Hauptquartier und im römischen
Senat mit der Erklärung, daſs die Rhodier nicht länger diesen
Krieg dulden würden, der auf ihren makedonischen Handel
und auf die Hafeneinnahme drücke, und daſs sie der Partei,
die sich weigere Frieden zu schlieſsen, selbst den Krieg er-
klären würden; zu welchem Ende bereits mit Kreta, mit den
asiatischen Städten ein Bündniſs abgeschlossen sei. In einer
Republik mit Urversammlungen ist vieles möglich; aber diese
wahnsinnige Intervention einer Handelsstadt, die in Rhodos erst
beschlossen sein kann als man dort den Fall des Tempe-
passes kannte, verlangt eine nähere Erklärung. Den Schlüssel
giebt die wohl beglaubigte Nachricht, daſs der Consul Quin-
tus Marcius, jener Meister der ‚neumodischen Diplomatie‘,
im Lager bei Herakleion, also nach Besetzung des Tempe-
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/607>, abgerufen am 25.11.2024.
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