sches Heer, und statt der offenen Arme, die sämmtliche Hel- lenen ihrem Befreier vom römischen Joch entgegenstreckten, trugen ein paar Klephtenhaufen und einige verliederlichte Bür- gerschaften dem König Brüderschaft an.
Für den Augenblick freilich war Antiochos den Römern im eigentlichen Griechenland zuvorgekommen. Chalkis hatte zwar Besatzung von den griechischen Verbündeten der Römer und wies die erste Aufforderung zurück; allein die Festung ergab sich, als Antiochos mit seiner ganzen Macht davor rückte und eine römische Abtheilung, die zu spät kam um sie zu be- setzen, wurde bei Delion von Antiochos vernichtet. Euboea war für die Römer verloren. Noch ward schon im Winter von Antiochos in Verbindung mit den Aetolern und Athamanen ein Versuch gemacht Thessalien zu gewinnen; die Thermopy- len wurden besetzt, Pherae und andere Städte genommen, aber Appius Claudius kam mit 2000 Mann von Apollonia heran und entsetzte Larissa, wo er den Winter über blieb. Antiochos, des Winterfeldzugs müde, zog es vor in seine lu- stigen Quartiere in Chalkis zurückzugehen, wo es hoch her- ging und der König sogar trotz seiner funfzig Jahre und seiner kriegerischen Pläne mit einer hübschen Chalkidierin Hochzeit machte. So verstrich der Winter 562/3, ohne dass Antiochos viel mehr gethan hätte als in Griechenland hin und herschreiben -- er führe den Krieg mit Dinte und Feder, sagte ein römischer Offizier. Mit dem ersten Frühjahr 563 traf der römische Stab bei Apollonia ein, der Oberfeldherr Manius Acilius Glabrio, ein Mann von geringer Herkunft, aber ein tüchtiger von den Feinden wie von seinen Soldaten ge- fürchteter Feldherr, der Admiral Gaius Livius, unter den Kriegstribunen die gewesenen Consuln Marcus Porcius Cato, der Ueberwinder Spaniens und Lucius Valerius Flaccus, die nach altrömischer Weise es nicht verschmähten jetzt wieder als einfache Legionscommandanten in das Heer einzutreten. Sie brachten mit sich Verstärkungen an Schiffen und Mann- schaft, darunter numidische Reiter und libysche Elephanten, von Massinissa gesendet, und die Erlaubniss des Senats von den ausseritalischen Verbündeten bis zu 5000 Mann Hülfs- truppen anzunehmen, so dass dadurch die Gesammtzahl der römischen Streitkräfte auf etwa 40000 Mann stieg. Der König, der im Anfang des Frühjahrs sich zu den Aetolern begeben und von da aus eine zwecklose Expedition nach Akarnanien gemacht hatte, kehrte auf die Nachricht von Glabrios Landung
DRITTES BUCH. KAPITEL IX.
sches Heer, und statt der offenen Arme, die sämmtliche Hel- lenen ihrem Befreier vom römischen Joch entgegenstreckten, trugen ein paar Klephtenhaufen und einige verliederlichte Bür- gerschaften dem König Brüderschaft an.
Für den Augenblick freilich war Antiochos den Römern im eigentlichen Griechenland zuvorgekommen. Chalkis hatte zwar Besatzung von den griechischen Verbündeten der Römer und wies die erste Aufforderung zurück; allein die Festung ergab sich, als Antiochos mit seiner ganzen Macht davor rückte und eine römische Abtheilung, die zu spät kam um sie zu be- setzen, wurde bei Delion von Antiochos vernichtet. Euboea war für die Römer verloren. Noch ward schon im Winter von Antiochos in Verbindung mit den Aetolern und Athamanen ein Versuch gemacht Thessalien zu gewinnen; die Thermopy- len wurden besetzt, Pherae und andere Städte genommen, aber Appius Claudius kam mit 2000 Mann von Apollonia heran und entsetzte Larissa, wo er den Winter über blieb. Antiochos, des Winterfeldzugs müde, zog es vor in seine lu- stigen Quartiere in Chalkis zurückzugehen, wo es hoch her- ging und der König sogar trotz seiner funfzig Jahre und seiner kriegerischen Pläne mit einer hübschen Chalkidierin Hochzeit machte. So verstrich der Winter 562/3, ohne daſs Antiochos viel mehr gethan hätte als in Griechenland hin und herschreiben — er führe den Krieg mit Dinte und Feder, sagte ein römischer Offizier. Mit dem ersten Frühjahr 563 traf der römische Stab bei Apollonia ein, der Oberfeldherr Manius Acilius Glabrio, ein Mann von geringer Herkunft, aber ein tüchtiger von den Feinden wie von seinen Soldaten ge- fürchteter Feldherr, der Admiral Gaius Livius, unter den Kriegstribunen die gewesenen Consuln Marcus Porcius Cato, der Ueberwinder Spaniens und Lucius Valerius Flaccus, die nach altrömischer Weise es nicht verschmähten jetzt wieder als einfache Legionscommandanten in das Heer einzutreten. Sie brachten mit sich Verstärkungen an Schiffen und Mann- schaft, darunter numidische Reiter und libysche Elephanten, von Massinissa gesendet, und die Erlaubniſs des Senats von den auſseritalischen Verbündeten bis zu 5000 Mann Hülfs- truppen anzunehmen, so daſs dadurch die Gesammtzahl der römischen Streitkräfte auf etwa 40000 Mann stieg. Der König, der im Anfang des Frühjahrs sich zu den Aetolern begeben und von da aus eine zwecklose Expedition nach Akarnanien gemacht hatte, kehrte auf die Nachricht von Glabrios Landung
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DRITTES BUCH. KAPITEL IX.
sches Heer, und statt der offenen Arme, die sämmtliche Hel-
lenen ihrem Befreier vom römischen Joch entgegenstreckten,
trugen ein paar Klephtenhaufen und einige verliederlichte Bür-
gerschaften dem König Brüderschaft an.
Für den Augenblick freilich war Antiochos den Römern
im eigentlichen Griechenland zuvorgekommen. Chalkis hatte
zwar Besatzung von den griechischen Verbündeten der Römer
und wies die erste Aufforderung zurück; allein die Festung ergab
sich, als Antiochos mit seiner ganzen Macht davor rückte und
eine römische Abtheilung, die zu spät kam um sie zu be-
setzen, wurde bei Delion von Antiochos vernichtet. Euboea
war für die Römer verloren. Noch ward schon im Winter
von Antiochos in Verbindung mit den Aetolern und Athamanen
ein Versuch gemacht Thessalien zu gewinnen; die Thermopy-
len wurden besetzt, Pherae und andere Städte genommen,
aber Appius Claudius kam mit 2000 Mann von Apollonia
heran und entsetzte Larissa, wo er den Winter über blieb.
Antiochos, des Winterfeldzugs müde, zog es vor in seine lu-
stigen Quartiere in Chalkis zurückzugehen, wo es hoch her-
ging und der König sogar trotz seiner funfzig Jahre und
seiner kriegerischen Pläne mit einer hübschen Chalkidierin
Hochzeit machte. So verstrich der Winter 562/3, ohne daſs
Antiochos viel mehr gethan hätte als in Griechenland hin und
herschreiben — er führe den Krieg mit Dinte und Feder,
sagte ein römischer Offizier. Mit dem ersten Frühjahr 563
traf der römische Stab bei Apollonia ein, der Oberfeldherr
Manius Acilius Glabrio, ein Mann von geringer Herkunft, aber
ein tüchtiger von den Feinden wie von seinen Soldaten ge-
fürchteter Feldherr, der Admiral Gaius Livius, unter den
Kriegstribunen die gewesenen Consuln Marcus Porcius Cato,
der Ueberwinder Spaniens und Lucius Valerius Flaccus, die
nach altrömischer Weise es nicht verschmähten jetzt wieder
als einfache Legionscommandanten in das Heer einzutreten.
Sie brachten mit sich Verstärkungen an Schiffen und Mann-
schaft, darunter numidische Reiter und libysche Elephanten,
von Massinissa gesendet, und die Erlaubniſs des Senats von
den auſseritalischen Verbündeten bis zu 5000 Mann Hülfs-
truppen anzunehmen, so daſs dadurch die Gesammtzahl der
römischen Streitkräfte auf etwa 40000 Mann stieg. Der König,
der im Anfang des Frühjahrs sich zu den Aetolern begeben
und von da aus eine zwecklose Expedition nach Akarnanien
gemacht hatte, kehrte auf die Nachricht von Glabrios Landung
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/564>, abgerufen am 22.11.2024.
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