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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DER ZWEITE MAKEDONISCHE KRIEG.
misslang und auch der Sturm war vergeblich, so sehr der König
sein Leben preisgab; da Gaius Claudius vom Peiraeeus, Attalos
von Aegina nahten, musste der Versuch aufgegeben werden. Phi-
lippos verweilte indess noch einige Zeit in Griechenland; aber
politisch und militärisch waren seine Erfolge gleich gering.
Umsonst versuchte er die Achaeer für sich in Waffen zu brin-
gen; und ebenso vergeblich waren seine Angriffe auf Eleusis
und den Peiraeeus so wie ein zweiter auf Athen selbst. Es
blieb ihm nichts übrig als seine begreifliche Erbitterung in
unwürdiger Weise durch Verwüstung der Landschaft und Zer-
störung der Bäume des Akademos zu befriedigen und nach
dem Norden zurückzukehren. So verging der Winter. Mit
dem Frühjahr 555 brach der Proconsul Publius Sulpicius aus
seinem Winterlager auf, entschlossen seine Legionen von Apol-
lonia auf der kürzesten Linie in das eigentliche Makedonien
zu führen. Diesen Hauptangriff von Westen her sollten drei
Nebenangriffe unterstützen: in nördlicher Richtung der Einfall
der Dardaner und Illyrier, in östlicher ein Angriff der combi-
nirten Flotte der Römer und der Bundesgenossen, die bei Aegina
sich sammelte; endlich von Süden her sollten die Athamanen
vordringen und, wenn es gelang sie zur Theilnahme am
Kampfe zu bestimmen, zugleich die Aetoler. Nachdem Galba
die Berge, die der Apsos (jetzt Beratino) durchschneidet, über-
schritten hatte und in die fruchtbare dassaretische Ebene hin-
abgestiegen war, gelangte er an die Gebirgskette, die Illyrien
und Makedonien scheidet und betrat, diese übersteigend, das
eigentliche makedonische Gebiet. Philippos war ihm entgegen-
gegangen; allein in den ausgedehnten und schwach bevölker-
ten Landschaften Makedoniens suchten sich die Gegner einige
Zeit vergeblich, bis sie endlich in der lynkestischen Provinz,
einer fruchtbaren aber sumpfigen Ebene, unweit der nordwest-
lichen Landesgrenze auf einander trafen und auf 200 Schritt
von einander lagerten. Philippos Heer zählte, nachdem er das
zur Besetzung der nördlichen Pässe detachirte Corps an sich
gezogen hatte, etwa 20000 Mann zu Fuss und 2000 Reiter; das
römische war ungefähr ebenso stark. Indess die Makedonier
hatten den grossen Vortheil, dass sie, in der Heimath fechtend
und mit Weg und Steg bekannt, mit leichter Mühe den Pro-
viant zugeführt erhielten, während sie sich so dicht an die Rö-
mer gelagert hatten, dass diese es nicht wagen konnten zu aus-
gedehnter Fouragirung sich zu zerstreuen. Galba bot die Schlacht
wiederholt an, allein der König versagte sie beharrlich und

DER ZWEITE MAKEDONISCHE KRIEG.
miſslang und auch der Sturm war vergeblich, so sehr der König
sein Leben preisgab; da Gaius Claudius vom Peiraeeus, Attalos
von Aegina nahten, muſste der Versuch aufgegeben werden. Phi-
lippos verweilte indeſs noch einige Zeit in Griechenland; aber
politisch und militärisch waren seine Erfolge gleich gering.
Umsonst versuchte er die Achaeer für sich in Waffen zu brin-
gen; und ebenso vergeblich waren seine Angriffe auf Eleusis
und den Peiraeeus so wie ein zweiter auf Athen selbst. Es
blieb ihm nichts übrig als seine begreifliche Erbitterung in
unwürdiger Weise durch Verwüstung der Landschaft und Zer-
störung der Bäume des Akademos zu befriedigen und nach
dem Norden zurückzukehren. So verging der Winter. Mit
dem Frühjahr 555 brach der Proconsul Publius Sulpicius aus
seinem Winterlager auf, entschlossen seine Legionen von Apol-
lonia auf der kürzesten Linie in das eigentliche Makedonien
zu führen. Diesen Hauptangriff von Westen her sollten drei
Nebenangriffe unterstützen: in nördlicher Richtung der Einfall
der Dardaner und Illyrier, in östlicher ein Angriff der combi-
nirten Flotte der Römer und der Bundesgenossen, die bei Aegina
sich sammelte; endlich von Süden her sollten die Athamanen
vordringen und, wenn es gelang sie zur Theilnahme am
Kampfe zu bestimmen, zugleich die Aetoler. Nachdem Galba
die Berge, die der Apsos (jetzt Beratinó) durchschneidet, über-
schritten hatte und in die fruchtbare dassaretische Ebene hin-
abgestiegen war, gelangte er an die Gebirgskette, die Illyrien
und Makedonien scheidet und betrat, diese übersteigend, das
eigentliche makedonische Gebiet. Philippos war ihm entgegen-
gegangen; allein in den ausgedehnten und schwach bevölker-
ten Landschaften Makedoniens suchten sich die Gegner einige
Zeit vergeblich, bis sie endlich in der lynkestischen Provinz,
einer fruchtbaren aber sumpfigen Ebene, unweit der nordwest-
lichen Landesgrenze auf einander trafen und auf 200 Schritt
von einander lagerten. Philippos Heer zählte, nachdem er das
zur Besetzung der nördlichen Pässe detachirte Corps an sich
gezogen hatte, etwa 20000 Mann zu Fuſs und 2000 Reiter; das
römische war ungefähr ebenso stark. Indeſs die Makedonier
hatten den groſsen Vortheil, daſs sie, in der Heimath fechtend
und mit Weg und Steg bekannt, mit leichter Mühe den Pro-
viant zugeführt erhielten, während sie sich so dicht an die Rö-
mer gelagert hatten, daſs diese es nicht wagen konnten zu aus-
gedehnter Fouragirung sich zu zerstreuen. Galba bot die Schlacht
wiederholt an, allein der König versagte sie beharrlich und

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[523/0537] DER ZWEITE MAKEDONISCHE KRIEG. miſslang und auch der Sturm war vergeblich, so sehr der König sein Leben preisgab; da Gaius Claudius vom Peiraeeus, Attalos von Aegina nahten, muſste der Versuch aufgegeben werden. Phi- lippos verweilte indeſs noch einige Zeit in Griechenland; aber politisch und militärisch waren seine Erfolge gleich gering. Umsonst versuchte er die Achaeer für sich in Waffen zu brin- gen; und ebenso vergeblich waren seine Angriffe auf Eleusis und den Peiraeeus so wie ein zweiter auf Athen selbst. Es blieb ihm nichts übrig als seine begreifliche Erbitterung in unwürdiger Weise durch Verwüstung der Landschaft und Zer- störung der Bäume des Akademos zu befriedigen und nach dem Norden zurückzukehren. So verging der Winter. Mit dem Frühjahr 555 brach der Proconsul Publius Sulpicius aus seinem Winterlager auf, entschlossen seine Legionen von Apol- lonia auf der kürzesten Linie in das eigentliche Makedonien zu führen. Diesen Hauptangriff von Westen her sollten drei Nebenangriffe unterstützen: in nördlicher Richtung der Einfall der Dardaner und Illyrier, in östlicher ein Angriff der combi- nirten Flotte der Römer und der Bundesgenossen, die bei Aegina sich sammelte; endlich von Süden her sollten die Athamanen vordringen und, wenn es gelang sie zur Theilnahme am Kampfe zu bestimmen, zugleich die Aetoler. Nachdem Galba die Berge, die der Apsos (jetzt Beratinó) durchschneidet, über- schritten hatte und in die fruchtbare dassaretische Ebene hin- abgestiegen war, gelangte er an die Gebirgskette, die Illyrien und Makedonien scheidet und betrat, diese übersteigend, das eigentliche makedonische Gebiet. Philippos war ihm entgegen- gegangen; allein in den ausgedehnten und schwach bevölker- ten Landschaften Makedoniens suchten sich die Gegner einige Zeit vergeblich, bis sie endlich in der lynkestischen Provinz, einer fruchtbaren aber sumpfigen Ebene, unweit der nordwest- lichen Landesgrenze auf einander trafen und auf 200 Schritt von einander lagerten. Philippos Heer zählte, nachdem er das zur Besetzung der nördlichen Pässe detachirte Corps an sich gezogen hatte, etwa 20000 Mann zu Fuſs und 2000 Reiter; das römische war ungefähr ebenso stark. Indeſs die Makedonier hatten den groſsen Vortheil, daſs sie, in der Heimath fechtend und mit Weg und Steg bekannt, mit leichter Mühe den Pro- viant zugeführt erhielten, während sie sich so dicht an die Rö- mer gelagert hatten, daſs diese es nicht wagen konnten zu aus- gedehnter Fouragirung sich zu zerstreuen. Galba bot die Schlacht wiederholt an, allein der König versagte sie beharrlich und

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/537>, abgerufen am 22.11.2024.