auch nicht förmlich zu Italien gezogen ward, erhielt doch italische Organisation und städtische Ordnung; jenseit des Padus begann die Gauverfassung nach keltischer Art, der Clans mit festen Gebieten, aber ohne eigentliche Hauptstädte. -- Nachdem die Römer also sich reinen Boden geschaffen hatten, wurden die Festungen Placentia und Cremona, deren Colonisten während der letzten unruhigen Jahre grossentheils hingerafft worden waren oder sich verlaufen hatten, wieder organisirt und neue Ansiedler dorthin gesandt; neu gegründet wurden in und bei dem ehemaligen senonischen Gebiet Po- tentia (bei Recanati unweit Ancona; 570) und Pisaurum (Pe- saro; 570), ferner in der neu gewonnenen boischen Land- schaft die Festungen Bononia (565), Mutina (571) und Parma (571), von denen die Colonie Mutina schon vor dem hanni- balischen Krieg angelegt und nur der Abschluss der Gründung durch diesen unterbrochen worden war. Wie immer verband sich mit der Anlage der Festungen auch die von Militär- chausseen; es wurde die flaminische Strasse von ihrem nörd- lichen Endpunct Ariminum unter dem Namen der aemilischen bis Placentia verlängert (567) und eine kürzere Verbindung zwischen Rom und den Pofestungen durch eine zweite Strasse hergestellt, die die ältere Strasse von Rom nach Arretium über den Apennin bis nach Bononia fortführte und dort in die aemilische Strasse mündete.
In dem nordwestlichen italischen Gebirgsland, dessen Thäler und Hügel hauptsächlich von dem vielgetheilten ligu- rischen Stamm eingenommen waren, verfuhren die Römer in ähnlicher Weise. Was südlich von der Magra wohnte, ward vertilgt. Es traf dies hauptsächlich die Apuaner, die auf dem Apennin zwischen dem Arno und der Magra wohnend einer- seits das Gebiet von Pisa, andrerseits das von Bononia und Mutina unaufhörlich plünderten. Was hier nicht dem Schwert der Römer erlag, ward nach Unteritalien in die Gegend von Benevent übergesiedelt (574) und durch energische Massregeln die ligurische Nation, welcher man noch im Jahre 578 die von ihr eroberte Colonie Mutina wieder abnehmen musste, in den Bergen, die das Pothal von dem des Arno scheiden, voll- ständig unterdrückt. Die 577 auf dem ehemals apuanischen Gebiet angelegte Festung Luna unweit Spezzia deckte die Grenze gegen die Ligurer ähnlich wie Aquileia gegen die Transalpiner und gab zugleich den Römern einen vortrefflichen Hafen, der seitdem für die Ueberfahrt nach Massalia und nach
DRITTES BUCH. KAPITEL VII.
auch nicht förmlich zu Italien gezogen ward, erhielt doch italische Organisation und städtische Ordnung; jenseit des Padus begann die Gauverfassung nach keltischer Art, der Clans mit festen Gebieten, aber ohne eigentliche Hauptstädte. — Nachdem die Römer also sich reinen Boden geschaffen hatten, wurden die Festungen Placentia und Cremona, deren Colonisten während der letzten unruhigen Jahre groſsentheils hingerafft worden waren oder sich verlaufen hatten, wieder organisirt und neue Ansiedler dorthin gesandt; neu gegründet wurden in und bei dem ehemaligen senonischen Gebiet Po- tentia (bei Recanati unweit Ancona; 570) und Pisaurum (Pe- saro; 570), ferner in der neu gewonnenen boischen Land- schaft die Festungen Bononia (565), Mutina (571) und Parma (571), von denen die Colonie Mutina schon vor dem hanni- balischen Krieg angelegt und nur der Abschluſs der Gründung durch diesen unterbrochen worden war. Wie immer verband sich mit der Anlage der Festungen auch die von Militär- chausseen; es wurde die flaminische Straſse von ihrem nörd- lichen Endpunct Ariminum unter dem Namen der aemilischen bis Placentia verlängert (567) und eine kürzere Verbindung zwischen Rom und den Pofestungen durch eine zweite Straſse hergestellt, die die ältere Straſse von Rom nach Arretium über den Apennin bis nach Bononia fortführte und dort in die aemilische Straſse mündete.
In dem nordwestlichen italischen Gebirgsland, dessen Thäler und Hügel hauptsächlich von dem vielgetheilten ligu- rischen Stamm eingenommen waren, verfuhren die Römer in ähnlicher Weise. Was südlich von der Magra wohnte, ward vertilgt. Es traf dies hauptsächlich die Apuaner, die auf dem Apennin zwischen dem Arno und der Magra wohnend einer- seits das Gebiet von Pisa, andrerseits das von Bononia und Mutina unaufhörlich plünderten. Was hier nicht dem Schwert der Römer erlag, ward nach Unteritalien in die Gegend von Benevent übergesiedelt (574) und durch energische Maſsregeln die ligurische Nation, welcher man noch im Jahre 578 die von ihr eroberte Colonie Mutina wieder abnehmen muſste, in den Bergen, die das Pothal von dem des Arno scheiden, voll- ständig unterdrückt. Die 577 auf dem ehemals apuanischen Gebiet angelegte Festung Luna unweit Spezzia deckte die Grenze gegen die Ligurer ähnlich wie Aquileia gegen die Transalpiner und gab zugleich den Römern einen vortrefflichen Hafen, der seitdem für die Ueberfahrt nach Massalia und nach
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[488/0502]
DRITTES BUCH. KAPITEL VII.
auch nicht förmlich zu Italien gezogen ward, erhielt doch
italische Organisation und städtische Ordnung; jenseit des
Padus begann die Gauverfassung nach keltischer Art, der
Clans mit festen Gebieten, aber ohne eigentliche Hauptstädte.
— Nachdem die Römer also sich reinen Boden geschaffen
hatten, wurden die Festungen Placentia und Cremona, deren
Colonisten während der letzten unruhigen Jahre groſsentheils
hingerafft worden waren oder sich verlaufen hatten, wieder
organisirt und neue Ansiedler dorthin gesandt; neu gegründet
wurden in und bei dem ehemaligen senonischen Gebiet Po-
tentia (bei Recanati unweit Ancona; 570) und Pisaurum (Pe-
saro; 570), ferner in der neu gewonnenen boischen Land-
schaft die Festungen Bononia (565), Mutina (571) und Parma
(571), von denen die Colonie Mutina schon vor dem hanni-
balischen Krieg angelegt und nur der Abschluſs der Gründung
durch diesen unterbrochen worden war. Wie immer verband
sich mit der Anlage der Festungen auch die von Militär-
chausseen; es wurde die flaminische Straſse von ihrem nörd-
lichen Endpunct Ariminum unter dem Namen der aemilischen
bis Placentia verlängert (567) und eine kürzere Verbindung
zwischen Rom und den Pofestungen durch eine zweite Straſse
hergestellt, die die ältere Straſse von Rom nach Arretium
über den Apennin bis nach Bononia fortführte und dort in
die aemilische Straſse mündete.
In dem nordwestlichen italischen Gebirgsland, dessen
Thäler und Hügel hauptsächlich von dem vielgetheilten ligu-
rischen Stamm eingenommen waren, verfuhren die Römer in
ähnlicher Weise. Was südlich von der Magra wohnte, ward
vertilgt. Es traf dies hauptsächlich die Apuaner, die auf dem
Apennin zwischen dem Arno und der Magra wohnend einer-
seits das Gebiet von Pisa, andrerseits das von Bononia und
Mutina unaufhörlich plünderten. Was hier nicht dem Schwert
der Römer erlag, ward nach Unteritalien in die Gegend von
Benevent übergesiedelt (574) und durch energische Maſsregeln
die ligurische Nation, welcher man noch im Jahre 578 die
von ihr eroberte Colonie Mutina wieder abnehmen muſste, in
den Bergen, die das Pothal von dem des Arno scheiden, voll-
ständig unterdrückt. Die 577 auf dem ehemals apuanischen
Gebiet angelegte Festung Luna unweit Spezzia deckte die
Grenze gegen die Ligurer ähnlich wie Aquileia gegen die
Transalpiner und gab zugleich den Römern einen vortrefflichen
Hafen, der seitdem für die Ueberfahrt nach Massalia und nach
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/502>, abgerufen am 16.07.2024.
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