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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
pua offen und nöthigte durch sein unvermuthetes Erscheinen
die beiden Consuln die kaum begonnene Einschliessung wieder
aufzuheben, nachdem ihre Reiterei noch vor Hannibals Ein-
treffen von der punischen, die unter Hanno und Bostar als
Besatzung in Capua lag, und der ebenso vorzüglichen cam-
panischen nachdrücklich geschlagen worden war. Die totale
Vernichtung der von Marcus Centenius, einem vom Unter-
offizier zum Feldherrn unvorsichtig beförderten Mann, ange-
führten regulären Truppen und Freischaaren in Lucanien, und
die nicht viel weniger vollständige Niederlage des nachlässigen
und übermuthigen Prätors Gnaeus Fulvius Flaccus in Apulien
beschlossen die lange Reihe der Calamitäten dieses Jahres.
Indess trotz aller Unfälle hatten in Campanien die Römer, so
wie Hannibal den Rücken wandte um sich nach Apulien zu
begeben, sich wieder um Capua zusammengezogen, Appius
Claudius bei Puteoli und Volturnum, Quintus Fulvius bei Ca-
silinum, der Prätor Gaius Claudius Nero auf der nolani-
schen Strasse, jedes der drei Heere in verschanzten Lagern,
die durch befestigte Linien mit einander verbunden waren;
und die grosse ungenügend verproviantirte Stadt musste durch
blosse Umstellung in nicht entfernter Zeit sich zur Capitula-
tion gezwungen sehen, wenn kein Entsatz kam. Wie der
Winter 542/3 zu Ende ging, waren auch die Vorräthe fast
erschöpft und dringende Boten, die kaum im Stande waren
durch die wohlbewachten römischen Linien sich durchzu-
schleichen, begehrten schleunige Hülfe von Hannibal, der in
Tarent stand beschäftigt mit der Belagerung der Burg. In
Eilmärschen brach er mit 33 Elephanten und seinen besten
Truppen von Tarent nach Campanien auf, hob den römischen
Posten in Calatia auf und nahm sein Lager am Berge Tifata
unmittelbar bei Capua, in der sichern Erwartung, dass die
römischen Feldherrn eben wie im vorigen Jahre darauf hin
die Belagerung aufheben würden. Allein die Römer, die Zeit
gehabt hatten ihre Lager und ihre Linien festungsartig zu
verschanzen, rührten sich nicht und sahen unbeweglich von
den Wällen aus zu, wie auf der einen Seite die campanischen
Reiter, auf der andern die numidischen Schwärme an ihre
Linien anprallten. An einen ernstlichen Sturm war nicht zu
denken und es war vorauszusehen, dass Hannibals Anrücken
bald die andern römischen Heere nach Campanien nachziehen
würde, wenn nicht schon früher der Mangel an Futter in dem
systematisch ausfouragirten Lande Hannibals Heer aus Cam-

DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
pua offen und nöthigte durch sein unvermuthetes Erscheinen
die beiden Consuln die kaum begonnene Einschlieſsung wieder
aufzuheben, nachdem ihre Reiterei noch vor Hannibals Ein-
treffen von der punischen, die unter Hanno und Bostar als
Besatzung in Capua lag, und der ebenso vorzüglichen cam-
panischen nachdrücklich geschlagen worden war. Die totale
Vernichtung der von Marcus Centenius, einem vom Unter-
offizier zum Feldherrn unvorsichtig beförderten Mann, ange-
führten regulären Truppen und Freischaaren in Lucanien, und
die nicht viel weniger vollständige Niederlage des nachlässigen
und übermuthigen Prätors Gnaeus Fulvius Flaccus in Apulien
beschlossen die lange Reihe der Calamitäten dieses Jahres.
Indeſs trotz aller Unfälle hatten in Campanien die Römer, so
wie Hannibal den Rücken wandte um sich nach Apulien zu
begeben, sich wieder um Capua zusammengezogen, Appius
Claudius bei Puteoli und Volturnum, Quintus Fulvius bei Ca-
silinum, der Prätor Gaius Claudius Nero auf der nolani-
schen Straſse, jedes der drei Heere in verschanzten Lagern,
die durch befestigte Linien mit einander verbunden waren;
und die groſse ungenügend verproviantirte Stadt muſste durch
bloſse Umstellung in nicht entfernter Zeit sich zur Capitula-
tion gezwungen sehen, wenn kein Entsatz kam. Wie der
Winter 542/3 zu Ende ging, waren auch die Vorräthe fast
erschöpft und dringende Boten, die kaum im Stande waren
durch die wohlbewachten römischen Linien sich durchzu-
schleichen, begehrten schleunige Hülfe von Hannibal, der in
Tarent stand beschäftigt mit der Belagerung der Burg. In
Eilmärschen brach er mit 33 Elephanten und seinen besten
Truppen von Tarent nach Campanien auf, hob den römischen
Posten in Calatia auf und nahm sein Lager am Berge Tifata
unmittelbar bei Capua, in der sichern Erwartung, daſs die
römischen Feldherrn eben wie im vorigen Jahre darauf hin
die Belagerung aufheben würden. Allein die Römer, die Zeit
gehabt hatten ihre Lager und ihre Linien festungsartig zu
verschanzen, rührten sich nicht und sahen unbeweglich von
den Wällen aus zu, wie auf der einen Seite die campanischen
Reiter, auf der andern die numidischen Schwärme an ihre
Linien anprallten. An einen ernstlichen Sturm war nicht zu
denken und es war vorauszusehen, daſs Hannibals Anrücken
bald die andern römischen Heere nach Campanien nachziehen
würde, wenn nicht schon früher der Mangel an Futter in dem
systematisch ausfouragirten Lande Hannibals Heer aus Cam-

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[460/0474] DRITTES BUCH. KAPITEL VI. pua offen und nöthigte durch sein unvermuthetes Erscheinen die beiden Consuln die kaum begonnene Einschlieſsung wieder aufzuheben, nachdem ihre Reiterei noch vor Hannibals Ein- treffen von der punischen, die unter Hanno und Bostar als Besatzung in Capua lag, und der ebenso vorzüglichen cam- panischen nachdrücklich geschlagen worden war. Die totale Vernichtung der von Marcus Centenius, einem vom Unter- offizier zum Feldherrn unvorsichtig beförderten Mann, ange- führten regulären Truppen und Freischaaren in Lucanien, und die nicht viel weniger vollständige Niederlage des nachlässigen und übermuthigen Prätors Gnaeus Fulvius Flaccus in Apulien beschlossen die lange Reihe der Calamitäten dieses Jahres. Indeſs trotz aller Unfälle hatten in Campanien die Römer, so wie Hannibal den Rücken wandte um sich nach Apulien zu begeben, sich wieder um Capua zusammengezogen, Appius Claudius bei Puteoli und Volturnum, Quintus Fulvius bei Ca- silinum, der Prätor Gaius Claudius Nero auf der nolani- schen Straſse, jedes der drei Heere in verschanzten Lagern, die durch befestigte Linien mit einander verbunden waren; und die groſse ungenügend verproviantirte Stadt muſste durch bloſse Umstellung in nicht entfernter Zeit sich zur Capitula- tion gezwungen sehen, wenn kein Entsatz kam. Wie der Winter 542/3 zu Ende ging, waren auch die Vorräthe fast erschöpft und dringende Boten, die kaum im Stande waren durch die wohlbewachten römischen Linien sich durchzu- schleichen, begehrten schleunige Hülfe von Hannibal, der in Tarent stand beschäftigt mit der Belagerung der Burg. In Eilmärschen brach er mit 33 Elephanten und seinen besten Truppen von Tarent nach Campanien auf, hob den römischen Posten in Calatia auf und nahm sein Lager am Berge Tifata unmittelbar bei Capua, in der sichern Erwartung, daſs die römischen Feldherrn eben wie im vorigen Jahre darauf hin die Belagerung aufheben würden. Allein die Römer, die Zeit gehabt hatten ihre Lager und ihre Linien festungsartig zu verschanzen, rührten sich nicht und sahen unbeweglich von den Wällen aus zu, wie auf der einen Seite die campanischen Reiter, auf der andern die numidischen Schwärme an ihre Linien anprallten. An einen ernstlichen Sturm war nicht zu denken und es war vorauszusehen, daſs Hannibals Anrücken bald die andern römischen Heere nach Campanien nachziehen würde, wenn nicht schon früher der Mangel an Futter in dem systematisch ausfouragirten Lande Hannibals Heer aus Cam-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/474>, abgerufen am 24.11.2024.